Wille zur Macht
Gesellschafter der besagten Baumwollfirma war, setzte sich Haschner aufrecht hin und rückte näher an den Tisch heran. Konspirativ beugte er sich zu Mechthild herüber. Aber sie wollte ihn noch nicht zu Wort kommen lassen. Schnell setzte sie ihn darüber in Kenntnis, dass sie selbst nun vom Verfassungsschutz beobachtet werden würde. Und als sie das ominöse Treffen zwischen Verfassungsschutz, Wirtschaftssenator, politischer Polizei und dem Spitzenkandidaten der populistischen Partei „Bremen nach vorn“ schilderte, war Klaus Haschner doch sehr überrascht und überaus interessiert.
„Und was schließen Sie daraus, Frau Kayser?“
„Ich komme nicht mehr klar, Herr Haschner. Mein Mitarbeiter, Herr Heller, wollte sich verdeckt in der Neonaziszene umhorchen und wurde gleich beim ersten Versuch brutal zusammengeschlagen. Das war schrecklich und führte dazu, dass wir uns in unserem Ermittlungsansatz bestätigt fühlten. Heute kann ich mir vorstellen, dass damit nur meine Ermittlungen dirigiert werden sollten. Als mir erste Zweifel kamen, nach diesem obskuren Treffen mit dem Wirtschaftsenator und den anderen, habe ich eine Mitarbeiterin damit betraut, im Umfeld dieser Personen zu recherchieren. Dabei sind wir auf die besagte Firma gestoßen. Am Abend des Tages, an dem meine Mitarbeiterin die Spur nach Riga aufnahm, wurde der Ihnen bekannte Mordanschlag auf meine Kollegin verübt. Wir sind irgendwo auf einen Zusammenhang all dieser Vorfälle gestoßen und wissen nicht wo. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass die Dinge zusammengehören.“ Dann wiederholte Mechthild noch einmal ihre Bitte an Haschner, ihr bei den Recherchen im Umfeld Christian Dunkers behilflich zu sein. Sie glaubte, dort könnte der Schlüssel verborgen liegen. Zumindest wollte sie nichts unversucht lassen, diese grausame Tat wirklich aufzuklären.
Haschner überlegte lange. Es könnte eine interessante Story werden. Er hatte einen ausgeprägten Spürsinn für Korruption und Vetternwirtschaft. Auch wenn die Sache vielleicht doch nichts mit dem Mord an Dunker zu tun haben würde, gab es einige bemerkenswerte Details. Aber er brauchte Belege, Beweise. Er kam zu einem Schluss. „Gut, Frau Kayser. Auf der Basis dieser Informationen versuche ich, etwas für Sie zu tun. Ich kann Ihnen nichts versprechen. Aber ich erwarte eine Gegenleistung.“
Mechthild schaute ihn erstaunt an.
„Wenn an der Sache etwas dran ist“, fuhr Haschner fort, „will ich Belege haben. Mehr, als Sie sonst bereit sind auf Ihren Pressekonferenzen herauszugeben.“
„Ich will hier einen Mord aufklären, Herr Haschner!“ Mechthild war entrüstet. „Den Mord an einem Mann, von dem ich annehme, dass er Ihnen politisch nahestand!“
„Das muss der Deal sein, Frau Kayser“, entgegnete Haschner kühl. „Wenn Sie richtig liegen und jetzt schon so viel vertuscht werden soll, sogar mit kriminellen Methoden, dann werden Sie am Ende Ihrer Ermittlungen so unter Druck geraten, dass für die Öffentlichkeit nichts bleibt.“
Mechthild senkte den Kopf. Zum ersten Mal wurde ihr ernsthaft klar, dass der Mordanschlag auf Ayse ebenso bedeutete, dass auch sie selbst nicht unantastbar, ja vielleicht in Gefahr war.
„Gut, Herr Haschner. Ich bin einverstanden. Was haben Sie vor?“
Klaus Haschner trank den letzten Schluck seines Bieres und stand auf. „Ich rufe Sie an.“ Dann verschwand er.
Mechthild wurde nervös, sehr unruhig. Hatte sie sich richtig entschieden? Der direkte Kontakt mit der Presse außerhalb der Richtlinien des Polizeipräsidiums war nicht gestattet. Darauf standen Disziplinarstrafen bis hin zu Anklagen wegen Verrats von Dienstgeheimnissen. Mechthild wusste, dass sie sich auf sehr dünnes Eis begeben hatte. Sie konnte nicht damit rechnen, dass Haschner im Fall der Fälle auf sie Rücksicht nehmen würde. Sie brauchte jetzt Geborgenheit, Sicherheit. Jemand, auf den sie sich verlassen konnte, der sie ablenken konnte. Sie zahlte, und vor der Kneipe zog sie ihr Handy hervor und wählte Fritz Behrmanns Nummer. Beruhigt und glücklich hörte sie seine geliebte Stimme.
„Wo bist du? Ich komm zu dir.“ Fritz Behrmann war froh, dass sie sich bei ihm gemeldet hatte. Seit geraumer Zeit hatte sie kein persönliches Wort mehr für ihn gehabt. Er dachte schon, er hätte etwas falsch gemacht. Oder dass die Liebe einfach vorbei sein könnte. Er war von unbegründeten Verlustängsten geplagt.
„Ich bin ...“ Mechthild unterbrach sich. Ihr fiel der Hinweis von Paul ein, dass
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