Willenlos
ohne Gefühle preiszugeben.
»Nanana, nicht so bescheiden, Trempe.«
Für eine Sekunde hatte Bornmeier das Lachen unterbrochen, hielt inne.
»Wir sollten Geständnis und Motiv liefern, beides fehlt nach wie vor.«
Bornmeier beugte sich vornüber, wurde nun ernst.
»Nun gut, das fehlt. Ihr Ehrgeiz in allen Ehren, deshalb habe ich Sie mit dem Fall beauftragt, aber was wir haben, reicht. Der Fall ist wasserdicht. Auch Indizienprozesse können von Erfolg gekrönt werden. Ich werde mich jedenfalls ab sofort mit der Mordanklage beschäftigen.«
Joshua konnte sein Misstrauen nicht einfach so abschalten. Ausführlich erklärte er dem Staatsanwalt die Gründe für seine Zweifel. Bornmeier wich keinen Zentimeter von seinem Standpunkt ab. Er würde Udo Hornbach unter Mordanklage stellen, sein Part war somit beendet. Zweifel oder nicht, das interessierte niemanden mehr.
Daniel zuckte die Schultern, während er den Krawattenknoten eine Nuance nach links verschob und sich vom korrekten Sitz des Binders überzeugte.
»Wenn der Herr Staatsanwalt das so sieht, bitte. Mal ehrlich, die besseren Argumente hat er ja.«
Joshua schüttelte nur den Kopf. Sein Blick traf Karin. Er wunderte sich über das Verhalten der Kollegin. Seit gestern war sie merkwürdig still, als ob sie der Fall nicht mehr interessierte.
12
ier Wochen später …
Joshua hatte lange benötigt, Bornmeiers Entscheidung zu akzeptieren. Zwei Wochen hatten seine Ermittlungen nach Feierabend und während jeder Minute, die er sich davonstehlen konnte, noch angedauert. Er konnte einfach nicht daran glauben, dass Udo Hornbach einen skrupellosen Mord begangen haben sollte. Drei Gespräche hatte der Ermittler während dieser Zeit mit Udo Hornbach geführt. Die Überzeugung der Unschuld war immer spärlicher aus seinen Gesten gekrochen, zunehmender Resignation gewichen. Hornbachs Vertrauen in die Justiz tendierte gegen null. Vor einer Woche hatte sich der Familienvater mit einer Scherbe die Pulsadern aufgeschnitten. Ein Wärter hatte ihn gerade noch rechtzeitig entdeckt.
Joshua mochte nicht glauben, dass Hornbach ihm etwas vorspielte, er hatte die Zeugin noch einmal befragt. Die Bankkauffrau hatte absolut überzeugend geklungen. Schließlich war es Hornbach selbst, der im letzten Gespräch dafür gesorgt hatte, dass Joshua seine Meinung revidierte. Er hatte angegeben, am Mordtag seinen Sohn nach dem Dienst vom Nachhilfeunterricht abholen zu wollen. Hornbach war eine halbe Stunde früher dort gewesen, noch in ein Café gegangen. Er ließ sich einen Milchkaffee servieren, trank diesen in Ruhe aus. Von da an klaffte eine einstündige Lücke in seinem Gedächtnis. Hornbachs Erinnerung setzte angeblich erst wieder ein, als er im Auto sitzend auf seinen Sohn wartete. Diesen hatte seine Frau aber in der Zwischenzeit abgeholt. Das war der Punkt, an dem Joshua aufgegeben hatte.
Joshua fühlte sich nicht sehr wohl in seiner Haut, was hauptsächlich an den Textilien lag, die sie bedeckte. In einem schwachen Augenblick hatte er Janine nachgegeben. Auf gar keinen Fall wollte sie ihn ins ›Villa Medici‹ begleiten, sollte er nicht auf die Lederjacke verzichten.
»Max Drescher kennt mich nicht anders«, war sein letztes, wenig überzeugendes Argument gewesen. Kurze Zeit später befand er sich in der Umkleidekabine eines Herrenausstatters. Beim Anblick des Nadelstreifenanzugs auf der Theke spielte er sogar mit dem Gedanken, dem 50. Geburtstag des Kriminaltechnikers fernzubleiben.
Wenige Meter vor der Eingangstür stellte Janine sich vor ihn. Sie sah verführerisch aus in dem dunkelblauen Cocktailkleid. Mit geschickten Handgriffen fingerte sie an Kragen und Krawattenknoten. Joshua wurde ungeduldig.
»Was hast du denn für einen Knoten gebunden? Möchtest du zur See fahren?«
Janine rupfte den Knoten kurzerhand auseinander und band die Krawatte neu. Joshua fluchte leise. Einige Gäste gingen schmunzelnd an ihnen vorüber.
Das ›Medici‹ war bis zum letzten Platz gefüllt. Tischgedecke in tiefem Rot, gedämpfte Deckenbeleuchtung und Kerzen auf den Tischen verliehen dem Raum festliches Flair. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis die ersten Gäste sich erstaunt umdrehten. Gespräche verstummten, spöttische Pfiffe ertönten. Joshua schloss die Augen. Aus der Menge der Gratulanten, die um Max Drescher standen, löste sich Daniel und trat auf sie zu. Anerkennend nickend musterte er Joshua. Mit Kennerblick deutete Daniel auf das obere Ende der Krawatte.
»Ein
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