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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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    Der bloße Gedanke, Thalbach wurde unschuldig zu lebenslanger Haft verurteilt und Hornbach würde dasselbe Schicksal bevorstehen, trieb Joshuas Puls hoch. Fabiola bemerkte seine Unruhe.
    »Noch ist nicht alles verloren. Thalbachs Verteidiger kündigte an, in Berufung zu gehen.«
    »Ihr müsst die Ermittlungen wieder aufnehmen!«
    Fabiola wog den Kopf hin und her.
    »Joshua, unsere Leute haben bereits gründlich ermittelt. Die Beweislage ist eindeutig. Auch wenn mich die Parallelen nachdenklich machen, wir können die Indizien nicht vom Tisch wischen wie lästige Krümel.«
    Die Musik war noch lauter geworden, Tische wurden beiseitegeschoben. Joshua wollte antworten, als Janine hinter ihm stand.
    »Erlauben deine Ermittlungen ein Tänzchen zwischendurch?«
    Joshua fiel es schwer, sich abzulenken, beim Anblick Janines verfluchte er sich dafür. Am liebsten würde er sein Handy vom Tisch holen und Bornmeier anrufen. Janine drückte sich näher an ihn. Ihre Hand glitt zärtlich über Joshuas Rücken. Seine Augen verfingen sich in ihren, Bornmeier musste noch warten.
     

13
    Das Schild mit der Aufschrift ›Atelier Trempe‹ war schon von Weitem erkennbar. Frau Trempe hatte es extra von einem Schreiner anfertigen lassen. Auf dem kleinen Dach befand sich eine Solareinheit, die dafür sorgte, dass es nachts beleuchtet wurde. Auf dem Hof sprang Jagger ihnen freudestrahlend entgegen. Sie hatten Britt, David und den Boxerrüden über Nacht bei Joshuas Eltern einquartiert. Neben ihnen auf den eigens hergerichteten Besucherparkplätzen parkten zwei Fahrzeuge mit Düsseldorfer Kennzeichen. Das Atelier in der umgebauten Scheune war am Sonntagnachmittag für einige Stunden geöffnet. Joshua warf einen Blick hinein. Seine Mutter befand sich in einem intensiven Gespräch mit einem älteren Paar. Sie warf ihm einen flüchtigen Gruß entgegen. Hinter dem Wohnhaus saß Gunther Trempe in einem klobigen Eichenstuhl im Garten und beobachtete das Treiben der Kinder. Joshua und Janine begrüßten ihn freundlich, die Kinder winkten nur lässig, sie testeten die neu angeschaffte Tischtennisplatte.
    »Setzt euch ruhig schon mal hin«, bot Gunther Trempe leicht mürrisch an, »vielleicht gibt es nach Ladenschluss auch noch Kaffee und Kuchen.«
    Sein Vater konnte sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, den Herbst des Lebens an der Seite einer aktiven Geschäftsfrau und Künstlerin zu verbringen. Joshuas Mutter hatte sich ihr halbes Leben um Kinder, Haushalt und ihn gekümmert. Mittlerweile war für sie der Zeitpunkt erreicht, ihrem Leben mehr Sinn zu geben. GuntherTrempe nannte dies verächtlich einen Selbstverwirklichungstrip. Kaum war Janine in die Küche gegangen, wollte Gunther Trempe auch schon aufgeklärt werden. Der pensionierte Kriminalrat hatte natürlich von dem Polizistenmord gehört, wusste auch längst, dass die Dienststelle seines Sohnes mit dem Fall betraut worden war. Bislang hatte sich noch keine Gelegenheit ergeben, am Telefon hatte ihm sein Sohn lediglich Stichpunkte serviert. Joshua grinste. Einmal Bulle, immer Bulle, hatte er ihm mal gesagt. Auf Gunther Trempe traf das zu, er hatte sich nie wirklich lösen können. Allerdings sah er die Dinge aus neutralem Blickwinkel, hatte seinem Sohn in der Vergangenheit manch guten Rat geben können. Joshua, der seit dem Aufwachen grübelte, erzählte ihm die Geschichte. Nicht so, wie er sie sah, sondern nach Aktenlage. Er verzichtete ebenso darauf, die Persönlichkeit Udo Hornbach und dessen soziales Umfeld darzustellen, er nannte ihn schlicht Tatverdächtigen. Den Fall Thalbach erwähnte er vorerst mit keinem Wort. Gunther Trempe zündete sich eine Zigarre an, lehnte sich entspannt zurück.
    »Hm, die Lage scheint eindeutig. Zwei Dinge machen mich nachdenklich. Erstens: Du hast mit keinem Wort das Motiv erwähnt.«
    »Weil es keins gibt.«
    »Unsinn. Ihr habt es nur nicht entdeckt.«
    »Meinetwegen. Was noch?«
    Gunther Trempe sog genüsslich an der Zigarre. Der bläuliche Qualm stieg in einer großen Wolke hoch.
    »Deine Zweifel. Ich sehe sie dir an.«
    Joshua nahm einen tiefen Zug der süßlichen Frühsommerluft. David riss jubelnd die Arme hoch.
    »Gewonnen. Papa, du bist dran. Du musst gegen den Sieger spielen.«
    »Später, ich unterhalte mich gerade mit Opa«, David zog eine Schnute. Joshua drehte sich um und erzählte Gunther Trempe die ganze Geschichte, immer noch, ohne seine persönliche Wertschätzung abzugeben. Sein Vater rieb nachdenklich das Kinn,

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