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Willenlos

Willenlos

Titel: Willenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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das triste, einfarbige Gefängnisleben, in dem das Wort ›Zukunft‹ so schlecht schmeckte wie die fade Einheitskost.
    Karin spürte sie durchströmende Energie. Hier, in dieser Tristesse, beim Anblick des gebrochenen Mannes gegenüber, schöpfte sie Kraft. In Udo Hornbach erkannte sie den personifizierten Grund dafür, weswegen sie damals diesen Beruf gewählt hatte. Ihr Leben in den Dienst der Gerechtigkeit stellen, vor 30 Jahren nicht mehr als ein pathetischer Schwur, jetzt konnte sie ihn mit Leben füllen.
    »Herr Hornbach, die Ermittlungen in Ihrem Fall werden neu aufgenommen. Es gibt Anhaltspunkte für eine Serientat.«
    »Was wollen Sie mir denn noch anhängen?«
    Karin stockte. Vor wenigen Wochen wäre Hornbach nach diesem Satz vor Freude auf den Tisch gesprungen. Gehörte es zur Strafe, den Insassen jegliche Zuversicht zu nehmen? Der Glaube an die Justiz schien aufgebraucht. Sonnenlicht drang durch die Fenster unterhalb der Decke und belegte die Falten um sein Kinn mit dünnen Schatten.
    »Gar nichts. Im Gegenteil, vor wenigen Tagen hat sich in Duisburg ein ähnlicher Fall ereignet. Für den Tatzeitpunkt haben Sie das denkbar beste Alibi.«
    Hornbach stieß ein zynisch klingendes Lachen hervor, immer noch vermochte keine Hoffnung in die vernarbte Seele vordringen. Karin gewährte ihm Zeit. Langsam wie zähfließender Honig verbreitete sich eine natürliche Farbe über das Gesicht, die Pupillen veränderten sich, der leere, deprimierte Ausdruck verschwand aus den Augen. Da Karin der Ausgang der Ermittlungen unklar war, musste sie nun einschreiten.
    »Ich will Ihnen nicht zu viel Hoffnung machen, es ist nicht mehr als eine kleine Chance. Wir werden alles daran setzen, den Fall aufzuklären, aber dazu benötigen wir Ihre Hilfe.«
    »Ja. Ich werde alles tun. Wissen Sie, hier im Knast kann ein Streichholz heller erscheinen als draußen die Sonne.«
    Hornbach blieb verblüffend sachlich, mit dem Unterschied, dass Wille und Zuversicht wieder auf seiner Seite standen. Ein Auszubildender hatte am Morgen alle die Ermittlungen betreffenden Unterlagen dutzendfach kopiert. Karin entnahm der Mappe das Foto des ominösen Unbekannten aus der Meerbuscher Tankstelle und reichte es Hornbach.
    »Kennen Sie diesen Mann? Bitte überlegen Sie genau, es ist sehr wichtig.«
    Hornbach stützte sich mit beiden Armen auf die Tischplatte und betrachtete konzentriert das Foto. Es handelte sich um den vergrößerten Ausschnitt der KT, die Umgebung war nicht darauf erkennbar.
    »Hm … der kommt mir bekannt vor«, murmelte er zwischendurch.
    »Sind Sie ihm vielleicht in der Tankstelle in Meerbusch begegnet?«
    Karin erkannte den Unsinn der Frage. Plötzlich wurde sie nervös. Sollte Hornbach die Frage bejahen, würde alles in sich zusammenfallen. Er hob den Kopf und sah die Ermittlerin über den Rand des Fotos verunsichert an.
    »Sie haben mir zwar nachgewiesen, dass ich in dieser Tankstelle war, ich weiß aber trotzdem nichts davon. War er dort?« Hornbach deutete auf das Bild, Karin nickte. Hornbach führte das Foto dichter an seine Augen.
    »Den habe ich irgendwo schon einmal gesehen. Ja, ganz sicher.«
    »Lassen Sie sich Zeit.«
    Hornbach legte das Bild vor sich ab. Mit Zeige- und Mittelfingern massierte er seine Schläfen. Er tat Karin leid, sie hätte ihm gern geholfen. Ein Leben abhängig von der Erinnerung. Eine Kleinigkeit, eine winzige flüchtige Begegnung, die nun alles entscheiden konnte. Hornbach war sich dessen bewusst, er ballte krampfhaft die Fäuste, wollte die Antwort aus seinem Verstand pressen wie den Saft aus einer reifen Apfelsine. Irgendwann schloss er die Augen, zwei Tränen krochen unter den Lidern hervor.
    »Es … es tut mir leid. Ich komme nicht drauf.«
    »Nehmen Sie das Bild an sich. Vielleicht fällt es Ihnen später ein, wenn sich die Anspannung gelöst hat.«
    Hornbach faltete die Kopie, lehnte sich zurück, nestelte nervös am Kragen der verwaschenen Jacke.
    »Wer könnte Ihnen das antun wollen?«
    Hornbach zuckte nur die Schultern. Es war die Frage, die ihm vor dem Einschlafen und nach dem Aufwachen durch den Kopf ging, Tag für Tag.
    »Herr Hornbach, da hat sich jemand verdammt viel Mühe gegeben. Die Tat war akribisch geplant. Ein unschuldiger Mensch ist ermordet worden, einzig mit dem Ziel, Sie fertig zu machen …«, bei dem letzten Satz stoppte Karin abrupt. Hornbach ahnte, was sie sagen wollte.
    »Wenn das stimmt, warum hat er dann nicht gleich mich umgebracht?«
    Hornbachs Einwand war

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