Willenlos
Opfer.
»Ja, ich glaube, den habe ich schon mal im Gerichtssaal gesehen. Aber sicher bin ich mir nicht.«
Natürlich, dachte Karin. Wie von Geisterhand fügte sich alles zusammen. Sie wollte ihr Glück nun auf die Probe stellen.
»Kennen Sie auch die Herren Falko Rieger und Gregor Danzer?«
»Der Schorsch, ja klar. Das war ein ganz Lieber. Wir hatten uns sogar angefreundet, aber das ist dann irgendwann zerlaufen. War damals auch Schöffe, genau wie der Rieger. Woher kennen Sie die beiden denn?«
Karin senkte den Blick. Hornbach verstand.
»Was? Nein! Wer macht so was? Das ist ja furchtbar.«
Hornbach zitterte am ganzen Körper, die Lippen bebten. Er realisierte nicht die makabren Umstände. Ohne den Tod der beiden Schöffen wären die Chancen einer Neuaufnahme der Ermittlungen gleich null gewesen. Hornbach würde nicht die geringste Chance bleiben, das Gefängnis vor Ablauf der lebenslänglichen Haftstrafe zu verlassen. Karin spürte einen Kloß im Hals.
Ein Wärter stand bereits im Türrahmen neben ihm, als Hornbach sich noch einmal umdrehte.
»Frau Seitz«, schüchtern wie ein Schuljunge, das Gesicht demütig nach vorn gebeugt, sah er in ihre Augen, »darf ich mir Hoffnung machen? Nicht viel, gerade so, dass das Leben hier erträglicher wird?«
»Ich glaube Ihnen.«
»Ja!«
Hornbach riss jubelnd den linken Arm hoch, unglücklicherweise traf er die Schulter des Justizbeamten. Reflexartig riss dieser Hornbach an der Schulter herum, drehte dessen Arm auf den Rücken und ließ die Handschellen einrasten. Hornbach entschuldigte sich immer wieder. Der Wärter beruhigte sich, legte eine Hand auf Hornbachs Schulter.
»Schon gut, Schisser.«
Karin warf ihm einen empörten Blick zu. Der Schließer hob entschuldigend die Schultern.
»Herr Hornbach natürlich. Die Mitgefangenen nennen ihn so, ist mir rausgerutscht.«
28
Der Seminarraum war bis auf den letzten Platz gefüllt. Zwei Kollegen aus Bochum gehörten ebenso zur Mordkommission wie die Duisburger Kollegen Zimmer und Wachmann. Jack hatte vor dem Treffen Kopien der Ermittlungsakten auf jeden Platz gelegt. Nachdem er das Meeting eröffnet hatte, fragte Jack zunächst die Düsseldorfer Kollegen nach dem Stand der Ermittlungen. Daniel begann und überraschte alle mit seinem Ergebnis.
»Man muss nur die richtigen Fragen stellen. Thalbach konnte sich erinnern, woher er Falko Rieger kannte. Herr Rieger war von 1989 bis 1993 als Schöffe am Düsseldorfer Landgericht tätig.«
Die Bochumer Kollegen sahen sich verwundert an. Die Peinlichkeit dieser Aussage war ihnen anzusehen. Als Karin von dem Gespräch mit Udo Hornbach berichtete, zog ein Raunen durch den Raum. Oskar Zimmers Augen wanderten scheinbar gelangweilt über die Köpfe der Anwesenden. Er kaute verbissen auf seiner Unterlippe.
»Bravo«, skandierte Jack, »damit sind wir schon weiter, als wir hoffen konnten. Wir benötigen nun die Unterlagen des Landgerichts betreffend aller Verfahren, woran diese Herren beteiligt gewesen waren, wer übernimmt das?«
KHK Gamerschlag hob müde den rechten Arm.
»Gut«, fuhr Jack fort, »kümmern wir uns um die Details. Was wissen wir über die Tatwaffen?«
Der dunkelhäutige Kollege aus Bochum meldete sich.
»Es handelte sich um ein handelsübliches Fleischmesser der Firma WMF mit dem Fabrikatsnamen ›Grand Gourmet‹, Material Cromargan, Preis um die 70 Euro. Das Messer wird von jedem größeren Kaufhaus und auch im Einzelhandel vertrieben. Interessant in dem Zusammenhang: Das Messer wies keinerlei Gebrauchsspuren auf, war allem Anschein nach zur Ausübung der Tat angeschafft worden.«
Oskar Zimmer nickte zustimmend. Die Angaben des Bochumer Kollegen deckten sich vollständig mit den Ergebnissen der Duisburger Kriminaltechnik. Ebenso verhielt es sich im Mordfall Dahlmann.
»Damit dürfte der Zusammenhang der Taten endgültig sichergestellt sein«, übernahm Joshua. Reflexartig wanderten seine Augen auf Oskar Zimmer, der teilnahmslos erschien. »Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass der Täter alle drei Messer zusammen gekauft hat, wodurch er eventuell auffällig wurde.«
»Das glaube ich nicht«, antwortete Karin, »die Ausübung der Taten sowie die Planung waren sehr akribisch. Dies spricht für eine gewisse Intelligenz des Täters. Außerdem …«, sie zögerte, »wer sagt uns denn, dass es nur drei Messer waren?«
Unruhe breitete sich aus, einige führten die Köpfe aneinander, flüsterten. Der Druck, den Karins letzter Satz ausgelöst
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