Willenlos
der Polizisten verloren gegangen war, kehrte zurück.
»Sagen Sie, Herr Zimmer, überschreiten Sie nicht Ihre Kompetenzen? Seit wann fällt Unfallflucht in den Zuständigkeitsbereich eines KK 11?«
»Die Schuhe!«
Die forsche Art Zimmers verwunderte List. Aufgrund des mangelhaften Alibis beschloss der Richter, zunächst defensiv zu agieren. Mit einem Griff holte er ein Paar Schuhe aus der Garderobe im Flur. Zimmer drehte sie herum und inspizierte die Sohle. Wachmann nickte.
»Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, dass wir die Schuhe mitnehmen. In welchem Lokal waren Sie vorgestern?«
»Im ›Piccolino‹ am Kaiserswerther Markt.«
»In Ordnung, Herr List, wir überprüfen das.«
Die Polizisten hatten das Haus verlassen, befanden sich auf dem breiten Gehweg aus dunkelgrauem Schiefer, als List ihnen hinterherrief. Er zog die Haustür bis auf einen Spalt zu und trat einen Schritt vor.
»Ich war nicht die gesamte Zeit dort. Ich weiß, es klingt unglaublich, aber ich weiß nicht, wo ich in der Zwischenzeit gewesen bin.«
Die Polizisten tauschten einen kurzen Blick und sahen darauf List in die Augen.
»Herr Zimmer, sehen Sie sich doch um. Sieht das hier so aus, als ob ich es nötig hätte, Unfallflucht zu begehen? Ich bin sicher, die Sache wird sich aufklären. Sollte mich die geringste Schuld treffen, werde ich selbstverständlich für den Schaden aufkommen.«
Florenz List zwang sich zu einem kollegial anmutenden Lächeln. Oskar Zimmer verzog keine Miene.
»Für diesen Fall muss ich Sie bitten, uns zu begleiten, Herr List. Sie stehen in dringendem Verdacht, Gregor Danzer ermordet zu haben.«
»Was sagen Sie?«
Florenz List war sichtlich empört. Eine Ader auf der Stirn des Richters schwoll dunkel an. Er holte tief Luft, bevor er den Polizisten mit lauter Stimme anfuhr.
»Das ist doch völlig absurd. Ich kenne keinen Gregor Danzer!«
»Sie waren ja auch nicht in Duisburg. Herr List, ersparen Sie mir die Handschellen.«
26
Joshua hatte nicht sehr viel geschlafen. Die Suche nach den möglichen Hintergründen für die Verbrechen hatte ihn bis 2 Uhr wachgehalten. Dafür schlief er um halb sechs so tief, dass er den Wecker vermutlich im Halbschlaf abgestellt hatte. Jaggers Jaulen und Kratzen hinter der abgeschlossenen Schlafzimmertür hatte die Kinder und Janine geweckt. Die unbedingt einzuhaltende Reihenfolge der Badbenutzung zwang ihn zu einer längeren Joggingrunde als gewöhnlich.
Nach einem undeutlichen Gruß Richtung Karin und Daniel schmiss er die Lederjacke an den Haken. Karin stand sofort auf und umarmte ihn wortlos. Daniel sah die beiden sprachlos an.
»Der Herr Staatsanwalt hat schon nach dir gefragt«, bemerkte Daniel. Joshua zog es vor, diesem Satz keine gesonderte Hoffnung beizumessen, während er Bornmeiers Nummer ins Telefon tippte.
»Hallo Trempe, auch noch mal im Dienst? Ich habe in 20 Minuten einen Gerichtstermin, können Sie vorher bei mir sein?«
Der Staatsanwalt reichte ihm freundlich die Hand. Für Joshua ein untrügliches Zeichen. Bornmeier setzte sich schwerfällig hinter den Schreibtisch, wählte nachdenkliches Schweigen als Ouvertüre. Seine Finger fanden einen dünnen Stapel Papier und nestelten nervös daran. Um die angemessene Bedeutung darzustellen, sah er Joshua stumm in die Augen, räusperte sich kurz und begann schließlich.
»Mein Duisburger Kollege hat mich vorhin angerufen. Allem Anschein nach lagen Sie gar nicht so verkehrt.«
Joshua beugte sich vor, die Konzentration war ihm anzusehen. Sollte Bornmeier tatsächlich die Zusammenhänge erkannt haben?
»Der Duisburger Mordfall, speziell die Ausübung der Tat, weist Zusammenhänge zu den Fällen Thalbach und Hornbach auf. Ich habe schon mit dem Innenministerium telefoniert, wir leiten ab sofort die Ermittlungen. Ihr Kollege Holsten stellt bereits eine Mordkommission zusammen.«
Bornmeiers Anspannung wich, er wirkte geradezu erleichtert. Joshua fand keine Erklärung für die ungewohnte Verkrampftheit des Staatsanwaltes. Für ihn gab es keine grundlegend neuen Erkenntnisse. Bornmeier begründete die Ermittlung mit Joshuas Argumenten vom Vortag. Er spürte, dass etwas Außergewöhnliches vorgefallen sein musste, das den Staatsanwalt hatte umschwenken lassen.
»In Ordnung, Herr Bornmeier. Mich würde aber interessieren, was zu Ihrem Sinneswandel geführt hat. Oder liegt es einfach nur daran, dass Sie einem Duisburger Staatsanwalt mehr Glauben schenken als mir?«
Joshuas Frage trug einen
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