Willenlos
hatte.«
»Und Leon will sich an seinem Bruder für 15 Jahre Knast rächen. Zwei Brüder, die zu erbitterten Feinden geworden sind.«
Joshua parkte den Wagen auf einem kleinen Schotterplatz neben Ulrich Bartrams Haus. Joshua klingelte erneut erfolglos. Wie am Vortag schien das Haus verlassen, alle Fenster waren verdunkelt. Joshua versuchte, das Türschloss zu öffnen, nach wenigen Sekunden konnte er den Schließzylinder beiseite drücken. Vergeblich, die Tür war zusätzlich durch mehrere Riegel gesichert. Frustriert zückte er das Handy.
»Personenfahndung, Name Bartram, Vorname Ulrich, 48 Jahre alt. Als Beschreibung könnt ihr das Phantombild von Leon Bartram nehmen, malt ihm einfach ein Muttermal rechts neben die Nase.«
»Wie bitte?«
»Du hast richtig gehört. Und schick die Spusi nach Linning, sollen den Schlüsseldienst mitbringen.«
Joshua gab die genaue Adresse durch, beendete anschließend das Gespräch. Karin und Joshua nutzten die Wartezeit für einen Spaziergang über das Anwesen. Dies blieb der Haushälterin des Professors nicht lange verborgen.
»Kann ich Ihnen helfen?«
Die Dame im blauweißen Kittel kam auf sie zu.
»Wissen Sie vielleicht, wo Ulrich Bartram sich aufhält?«
»Sie sind das. Hat er was ausgefressen?«
»Das wird sich herausstellen.«
»Der ist heute Morgen mit dem Bus weggefahren. Er hat ja keinen Führerschein mehr. Keine Ahnung, wann der wiederkommt.«
»Frau …«
»Moldenberg, Barbara Moldenberg.«
»Frau Moldenberg, ich glaube, Sie sind eine sehr aufmerksame Frau. Ist Ihnen in der letzten Zeit irgendwas aufgefallen?«
Die Haushälterin schürzte die Lippen.
»Aufgefallen? Nicht, dass ich wüsste.«
»Hat Ulrich Bartram sich irgendwie anders verhalten? Ist er öfter außer Haus?«
»Anders verhalten, hm. Na ja, ich mache mir schon Sorgen um ihn. Er trinkt in letzter Zeit wieder mehr. Vor zwei Wochen war er so betrunken, dass er nicht mehr in sein eigenes Haus kam. Hatte wohl den Schlüssel verloren. Dreimal ist er um das Haus gelaufen auf der Suche nach einem offenen Fenster, um hineinzukommen. Irgendwann hatte er aufgegeben und ist in den Schuppen. Irgendwie muss er von dort ins Haus gekommen sein, jedenfalls kam er am nächsten Morgen aus der Haustür, als ob nichts geschehen wäre. Vielleicht hatte er auch im Schuppen übernachtet und am nächsten Tag in aller Frühe den Hausschlüssel wieder gefunden, ich weiß es nicht. Man hat ja schließlich nicht die Zeit, den ganzen Tag über am Fenster zu hocken, nicht wahr?«
»Selbstverständlich nicht. Haben Sie mit ihm mal über sein Alkoholproblem gesprochen?«
»Nein, wo denken Sie hin, junge Frau? Der Professor würde mich auf der Stelle entlassen, wenn er dahinter kommen sollte, dass ich heimlich was mit dem Ulrich zu tun habe.«
»Sie reden also nicht mit Ulrich Bartram?«
Frau Moldenberg verzog peinlich berührt das Gesicht.
»Wenn ich die Blumen gieße, treffe ich ihn schon mal. Da reden wir auch ein paar Sätze. Ich meine, ich kenne den Jungen doch schon, da war er noch so klein.«
Sie hielt die flache Hand ungefähr einen Meter über den Boden.
»Er hatte mir damals immer leidgetan. Nichts konnte er seinen Stiefeltern recht machen. Der Mutter schon eher, aber dem Herrn Professor, nein, nichts. Dabei wäre es an der Zeit, Frieden zu schließen, schließlich hat er nicht mehr lange zu leben.«
»Ulrich ist krank?«
»Nein, nicht Ulrich. Mein Chef. Der Professor hat doch Krebs. Schlimme Sache. Dass er überhaupt noch jeden Tag zur Arbeit fährt, ich verstehe das nicht.«
»Wie stand Ulrich Bartram damals zu seiner Schwägerin?«
Ein sanfter Ruck durchfuhr die ältere Dame. Sie kaute nervös an ihren Lippen, leichte Röte zog über ihr Gesicht.
»Das … das weiß ich nicht, sie waren halt verschwägert. Ich muss wieder rein, die Arbeit wartet. Das verstehen Sie doch, nicht wahr?«
Karin und Joshua setzten sich auf eine kleine Bank neben Ulrichs Haus.
»Der hatte ein Verhältnis mit seiner Schwägerin.«
»Ja«, Karin zögerte, »sein Bruder war dahinter gekommen, aber wann? Und warum hätte Ulrich seine Geliebte ermorden sollen?«
»Das müssen wir ihn schon selbst fragen. Aber was soll das bringen? Für den Mord an Lydia Bartram ist Leon verurteilt worden. Alles, was auch nur im Entferntesten als Beweis gelten konnte, hat Dahlmann vernichtet. Ich fürchte, wir werden in dem Haus nichts finden. Und dann?«
Joshua wirkte mit einem Mal ungewohnt resigniert.
»Dann
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