Willi von Bellden (German Edition)
konnten. Einige Minuten später kamen wir dort an. Doch wir hatten keine Zeit, uns auszuruhen, denn wir wollten an einer Stelle graben, an der uns der merkwürdige Geruch am intensivsten erschien – was mehr als schwierig war, denn es waren nur Steine im Boden, ohne Erde. Bei dieser Aktion verlor Basko an besagtem Tag den oberen Eckzahn, was seine Chancen bei Hedwig erheblich sinken lassen würden. Immerhin ist dies ein dominantes Merkmal von Kraft und Männlichkeit bei uns Hunden.
Als Moni, Anny, Bernhard und Jörg mit Sammy und Oskar an der Spitze endlich zu uns stießen, hatten wir ein mittelgroßes Loch geschaffen, unsere Schnauzen blutig geschürft und Dornen in den empfindlichen Pfoten stecken. Dazu kam der abhandengekommene Zahn meines Freundes, der trotzdem etwas Gutes mit sich brachte, nämlich Blut, welches in die Ritzen der Steine sickerte, was der Situation an Wichtigkeit verlieh.
»Sie wollen uns was zeigen!«, merkte Jörg an und kniete sich forschend über unser Loch.
»Vielleicht ist hier irgendetwas vergraben ...«, meinte Anny und schaute sich sorgenvoll unsere Schnauzen an.
»Wenn es nicht so abwegig wäre, würde ich sagen, sie wollen uns auf etwas hinweisen. Warum sonst springen zwei Hunde wie vom Teufel besessen aus einem Auto, rasen in beachtlicher Geschwindigkeit hier an diese Stelle und buddeln unter gewaltigen Anstrengungen eine Art Loch?« Moni war so richtig in Fahrt gekommen und versuchte, die anderen von unseren lauteren Absichten zu überzeugen.
»Ich schließe mich Monis Meinung an«, sagte Jörg. »Wenn hier nichts ist außer einem alten vergammelten Knochen, dann fresse ich einen Besen mitsamt der Putzfrau!«
Moni und Jörg waren einmalig; am liebsten hätte ich ihnen als Zeichen meiner Zuneigung mit der Zunge kurz über das Gesicht geschleckt. Wenn man dies als Hund tut, auch im Sinne von Dankbarkeit, stößt dies bisweilen auf heftiges Unverständnis, und ich hatte keine Lust, mir einen Klaps oder eine saftige Rüge einzufangen. Nicht in meiner Position als leitender Ermittler. Aber vielleicht würde sich irgendwann einmal eine Gelegenheit dazu ergeben.
Es folgte eine kleine heftige Diskussion aller menschlichen Anwesenden, die alle dem gleichen Ziel entgegenstrebten. Bevor die anderen jedoch reagieren konnten, zückte Jörg resolut sein Handy aus der Tasche und rief genau bei den Leuten an, die wir als Zwischenwirt ins Auge gefasst hatten: der Polizei.
Zwanzig Minuten später waren die Beamten vor Ort und hörten sich mit ernster Miene die Hypothesen von Anny, Moni, Bernhard und Jörg an. Aber so richtige Euphorie wollte nicht bei ihnen aufkommen.
Immer wieder hielten sie auf Französisch mit Argumenten dagegen, die entweder von Moni oder Bernhard übersetzt wurden, bis Anny schließlich der Geduldsfaden riss. Leider kannten die Polizisten mein Frauchen nicht so gut, sonst hätten sie den emotionalen Taifun in ihr längst kommen sehen. Doch als sie reagierten, war es bereits zu spät. In holprigem Französisch sprach sie schnell und bestimmt, als hätte sie nie etwas anderes getan, als Drohungen in französischer Sprache zu verfassen. Den Rest übernahm Moni für sie, deren Gefühle sich ebenfalls überschlugen. In Sachen Helfen und Kämpfen für eine gute Sache, waren Frauen wirklich unschlagbar, stellte ich wieder einmal fest.
»Wissen Sie was, meine Herren? Sie brauchen nichts zu tun, keinen Finger zu rühren und uns auch nicht zu glauben. Packen Sie Ihre Unverfrorenheit gegenüber soliden Touristen wieder ein, und gehen Sie zurück in die Sicherheit Ihres Büros. Wir werden hier allein graben, und wenn es bis nächste Woche dauern sollte. Falls wir jedoch den vermissten Mann, unseren Freund, hier finden und er bereits tot ist, kriegen Sie von uns eine solch saftige Klage an den Hals, dass ihre Urenkel noch an der Strafe zahlen, die Sie der Familie entrichten müssen. Verlassen Sie sich drauf!«
Annys Gesicht hatte die Farbe einer überreifen Tomate angenommen. Trampelnd stiefelte sie von dannen, kniete sich neben unseren Aushub und machte sich an die Arbeit. Moni übersetzte im gleichen Ton, sogar die Lautstärke stimmte, bevor sie zu Anny eilte und sich neben ihr an die Arbeit machte. Jörg und Bernhard taten es ihr gleich. Basko, Sammy und ich liefen eilig zu ihnen hin und versuchten mit unseren Zähnen auch ein wenig Geröll zur Seite zu räumen. Auch Oskar begann mit dem Buddeln, leider an einer ganz anderen Stelle.
Eine Stunde später trafen die ersten
Weitere Kostenlose Bücher