Willi von Bellden (German Edition)
geliebten Anny in der Küche und warteten auf die vielen kleinen Teigfetzen, die ständig auf den Boden fielen. Bello sei Dank hatte Sammy eine Vorliebe für Zimtwaffelteig, Oskar liebte Spritzgebackenes, und mir hatten es die Mürbeteighörnchen angetan. Die Kinder schmückten mit Tanner den Weihnachtsbaum, der dieses Jahr fast bis zur Wohnzimmerdecke reichte.
Mein Blick fiel auf den neuen Teppich, der jetzt das Esszimmer zierte. Der alte hatte entfernt werden müssen, war er doch mit Blutspritzern übersät gewesen. Gut, dass diese Sache nun auch ausgestanden war, dachte ich beruhigt und sah Sammy an, der schwanzwedelnd ein Häppchen von Anny entgegennahm.
Ihn hatte es am schlimmsten erwischt. Noch in der gleichen Nacht war er von der Polizei in die nahegelegene Tierklinik nach Birkenfeld gebracht worden, wo ihm die Ärzte zuerst die Kugel hatten entfernen müssen, die in der Nähe der Lunge lag, und ihn auch ansonsten wieder zusammengeflickt hatten. Lange war sein Zustand kritisch geblieben, und wir alle hofften Tag für Tag und Stunde um Stunde, dass er es schaffte. Dann endlich kam der ersehnte Anruf, er habe das Schlimmste überstanden.
Tanners Wunde am Kopf, die Manny ihm durch einen Schlag mit der Pistole beigebracht hatte, war zwar mit sechzehn großen Stichen genäht worden, aber Bello sei Dank in keiner Weise bedrohlich gewesen.
Nach einigen Tagen erfuhren wir von Annys Freundin Paula, der Hauptkommissarin aus Idar-Oberstein, dass Manny den Mord an Chloe gestanden hatte. Aber nicht nur das. Auch die Entführung von Toni ging auf sein Konto, denn damit hatte er Chloe an sich binden wollen, da diese nach seinen eigenen Aussagen völlig vernarrt in diesen Kerl gewesen sei. Toni hingegen berichtete, dass er sich immer noch an nichts erinnere, er sich aber mit Manny an diesem Tag verabredet hatte wegen der neuen Funde. Auf jeden Fall versicherte Paula uns, dass Manny so bald nicht wieder auf freien Fuß gelangen würde, wenn überhaupt. Warum Manny gerade in der gleichen Nacht eingebrochen war, als wir das Handy gefunden hatten, blieb ein Geheimnis, doch die Polizei war sich sicher, dass er es schon vorher erfolglos probiert haben könnte. Der Stein, der in das Mobile Home hineingeworfen worden war, ging immerhin auch auf sein Konto; vielleicht hatte er auch gedacht, dass diese Drohung ausreichen würde, um Tanner zum Schweigen zu bringen, falls das Handy in seinem Besitz war, wovon Manny ausgehen musste, obwohl er es nicht direkt wissen konnte.
Später würde ich zu Anka rübergehen, um meiner Tochter und meiner Angebeteten noch ein frohes Fest zu wünschen. Churchill stand vor der Terrassentür, und Tanner ließ ihn herein. Die Kleinen mauzten ihm sofort zu, streckten ihre kleinen Krallen aus, um sofort wieder ihre Köpfe in die weichen Kissen zu vergraben. Tanner hatte beschlossen, zwei von ihnen zu behalten mitsamt Churchill, seinem Lebensretter, der nun endlich ein neues Zuhause sein eigen nennen konnte. Zwei der Kätzchen hatte Tanners Vater mit nach Hause genommen, die sich dort auch schon sehr gut eingelebt hatten. Eine Katze hatten Ute und Daniel bei sich aufgenommen, sehr zur Freude meiner Tochter Goldie, die jetzt eine neue Spielkameradin hatte. Drei Kätzchen würden wir behalten, und schon jetzt zeichnete sich eines ab: Tanner, der angebliche Katzengegner schien eine kleine neue Freundin gefunden zu haben, denn man sah die zwei in jeder Minute zusammen, wie auch jetzt, als mein Herrchen sich an seinen Computer hockte und Rosalie sofort schnurrend auf seinen Schoß sprang. Zärtlich fuhr er mit der Hand über ihr seidenweiches Fell. In dem Moment trafen sich unsere Blicke. Churchill lächelte ein wenig schief. Sein Schwanz wedelte elegant von links nach rechts zum Zeichen seiner vollsten Zufriedenheit. Und als ich in seine Augen sah, wusste ich wieder einmal, wie wunderbar und unvergleichlich das Gefühl von Freundschaft ist.
1. Auflage 2013
© 2013 Verlag Jürgen Wagner
Südwestbuch / SWB-Verlag, Stuttgart
Lektorat: Maria Konstantinidou, Stuttgart
www.lektorat-und-korrektorat.de
Titelfotos: Luis Carlos Torres / www.shutterstock.com
Andy Dean Photography / www.shutterstock.com
Umschlag: Sig Mayhew / mayhew edition
Satz: Julia Karl, Oberrot / www.juka-satzschmie.de
ISBN : 978-3-942661-31-7
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