Willi von Bellden - Wer anderen eine Grube gräbt ... (German Edition)
geht. Diesem Kerl geht es um die Sache selbst. Der lebt zurückgezogen, hat keine Familie, keine besonderen Neigungen oder teure Hobbys. Hast du einmal gehört, dass der seinen Urlaub freiwillig genommen hat? ... Nein, nein, so einer ist nur sehr schwer zu ... überzeugen, und ich gedenke kein Risiko mehr einzugehen. Außerdem mein Freund, haben wir beide eine Schwelle überschritten, von der aus es kein zurück mehr gibt!“
Für eine Weile war es ganz still in dem Büro. Nur der gedämpfte Verkehrslärm, der von Draußen hereinkam, unterbrach die angespannte Stille, bis der Besucher seinem Gegenüber fest in die Augen sah, und erstaunlich gelassen fragte „Soll ich den etwa auch noch für dich aus dem Weg räumen?“
„Nein, du bist zu plump, in dem was du tust. Diesmal kümmere ich mich darum. Es muss wie ein Unfall aussehen!“
Der Andere kam jetzt doch auf das Angebot mit dem Kaffee zurück, und der Mann im grauen Sakko stand auf, um zwei Tassen zu brühen.
Dann schloss er die Fenster, und erzählte er von seinem Plan.
„Ich nehme an, du weißt, dass am Wochenende das Folkfestival am Ringwall steigt ...!“
Die nächsten beiden Tage verliefen wunderbar. In jeglicher Hinsicht. Tanner und ich wurden von Anny bestens versorgt und die Kinder sorgten für gute Laune.
Tanner hatte sich wieder so weit erholt, dass er aufstehen, und kleinere Arbeiten erledigen konnte, doch machten ihm die Prellungen noch zu schaffen.
So passte er am Nachmittag auf die Kinder auf, während Anny sich um alles andere kümmerte.
Es waren Tage der Ruhe, die ich und mein Herrchen in noch größerem Maße zu schätzen wussten, nach allem was wir erlebt hatten.
Es gibt nicht wirklich viel zu berichten aus dieser Zeit.
Doch will ich das wenige nicht aussparen, da ich mich verpflichtet fühle ein glaubwürdiges Bild der Ereignisse dieses Herbstes wiederzugeben.
So brachte Anny die Zeitung und die Post ans Tanners Bett, der den Stapel wie üblich in drei Kategorien sortierte.
Diese hießen: 1. Zum Papiermüll damit!, 2. Kann ruhig noch warten ... , und 3. Mist, sollte ich eigentlich aufmachen, aber ... ! An diesem Tag öffnete er nur einen Brief, der, wie ich aus dem Gespräch mit Anny erfuhr, vom Verein zur Förderung der Archäologie stammte. Es wurde für nächsten Mittwoch zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingeladen.
„Etwas kurzfristig, die Aktion! Wahrscheinlich geht es mal wieder um diesen bescheuerten Archäopark!“ kommentierte mein Herrchen das Schreiben.
Anny beäugte ihn skeptisch an. „Ich weiß, dass du das Projekt nicht magst, aber dann geh doch einfach nicht hin! Du weißt doch selbst, in welcher miesen Laune du immer von diesen Treffen nach Hause kommst.“
„Das stimmt schon, doch diesmal muss ich hingehen, und wenn es das letzte Mal ist!“ erwiderte er etwas kurz angebunden.
Ich hingegen freute mich auf diesen Abend, da ich es zum einen immer höchst amüsant gefunden hatte, wenn Tanner sich mit dem Vorstand und seinen hirnlosen Vasallen stritt. Und zum anderen hatte ich noch in bester Erinnerung, dass die Wirtin des Vereinslokals in Schwarzenbach besonders tierlieb war. Noch jedes Mal, hatte sie mir zur Begrüßung einen schönen, fleischigen Knochen geschenkt.
Grund genug, wie ich fand, diesem Termin mit Freude entgegen zu blicken
Anny begnügte sich mit Tanners Antwort, und wandte sich zum gehen.
„Äh, Schatz warte noch einen Augenblick ... ich möchte dir noch etwas sagen.“
Tanner hatte sich bei diesen Worten im Bett aufgerichtet, um seine Frau etwas verlegen anzuschauen.
„Hör mal, die Sache mit Paula ...“
„Ja ich weiß, und es tut mir leid!“ unterbrach ihn Anny sofort. „Aber ich hielt es für das Beste die Polizei über das Reh zu informieren. Mach jetzt bloß keine große Sache daraus!“
„Nein, das will ich auch gar nicht. Und entschuldigen muss sich hier niemand! ... Eigentlich wollte ich sagen, ... dass du damit absolut recht hattest. Wenn ich nicht so stur gewesen wäre, und deine Besorgnis ernst genommen hätte, würde ich wahrscheinlich jetzt nicht hier liegen.“ Dabei schaute er Anny schuldbewusst an.
Sie sparte sich eine Erwiderung, sondern ging einfach zu ihm hin, und küsste ihn auf den Mund.
Ich traute meinen Ohren kaum! Hatte er das wirklich gesagt? Noch vor einigen Wochen hätte Tanner deswegen einen dicken Streit vom Zaun gebrochen. Ich war verblüfft wie viel er in der Zeit der Trennung dazu gelernt hatte. Oder war es nur sein
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