Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
die Tür erbebte nicht mehr so beunruhigend. Das Haus war solide gebaut, und die Tür hatte offensichtlich den Bemühungen des Putzpersonals, sie einzutreten, widerstanden. Georgie hielt den Atem an, um zu warten, was die Person als nächstes tun würde, und vielleicht auch, damit ihre eigene Existenz weniger bedrohlich und anstößig erschien. Sogar durch die dicke Tür konnte sie sie für sie beide keuchen hören.
»Na gut«, rief die Frau schließlich. »Ich werde die Polizei rufen! Ich werde dich festnehmen lassen!«
Stille. Sie war offenbar weggegangen, um zu telefonieren. Ihre Einwände gegen Nacktheit, auch wenn sie von den Gästen ihrer Arbeitgeber in der Abgeschiedenheit des eigenen Gartens praktiziert wurde, waren erstaunlich heftig. Vielleicht hing sie verschrobenen religiösen Überzeugungen an. Oder sie hatte sich darüber geärgert, dass Georgie sie als »Putzpersonal« bezeichnet hatte. Sie sah griechisch aus, aber sie klang englisch. Vielleicht musste man englische Angestellte hier anders nennen. Sauberkeitsbetreuer. Freizeitdienstdirektor.
Schritte kehrten zurück. Es folgte eine weitere Serie von Schlägen gegen die Tür.
»Mein Telefon!« kreischte die Putz-was-immer-sie-war. »Gib mir mein Telefon. Du hast mein Telefon dadrin!«
Georgie schüttelte unsichtbar, doch unwillkürlich den Kopf. Sie hatte hier drin überhaupt nichts! Die Frau hatte sogar das Kuddelmuddel der Cremes und Lotionen weggeräumt, das Georgie um das Waschbecken angerichtet hatte. Alles lag im Pool.
O nein. Wo die Cremes und Lotionen gewesen waren, lag, ja, ein Telefon.
Georgie nahm es. Ihr erster Impuls war, die Tür aufzuschließen und es der Frau zu geben. Doch sie zögerte. Womöglich reichte die Rückgabe des Telefons nicht aus, um sie zu besänftigen. Die Tür zu öffnen könnte mehr Probleme schaffen als lösen. Und wenn die Frau wirklich die Polizei rufen wollte …
Und außerdem … Ja, warum nicht? Jetzt, da sie ein Telefon hatte, konnte sie selbst jemanden anrufen. Nikki – ja! Aber ohne ihr eigenes Telefon wusste sie die Nummer nicht. Oliver? Sie tippte auf die Anruftaste, dann wurde ihr klar, dass sie auch Olivers Nummer nicht wusste.
Aber da stand, es war nicht zu fassen, sein Name auf dem Display des Telefons des Putzpersonals und wartete auf sie. Sie berührte die Nummer.
Sogar in Griechenland hatten sie von Oliver Fox gehört.
Zum Flughafen, ja. Oliver war klar, dass das ganze Unternehmen vorbei war. Es war zum Scheitern verurteilt. Es hatte so ausgesehen, als ob es funktionieren würde – es hätte vielleicht sogar weiterhin funktioniert –, aber das Schicksal hatte ihn eingeholt. Er hätte sich denken können, dass Annuka es sich anders überlegen würde. Schließlich hatte sie es schon dreimal getan. Dreimal hatte sie ihn hinausgeworfen, und dreimal hatte sie ihn angerufen und aufgefordert, die Verhandlungen wiederaufzunehmen.
Annuka Vos. Allein der Name klang wie das dumpfe Läuten einer großen Glocke. Das Leitmotiv eines schweren Schicksals. Dass es sich auf derselben Insel kundtat, auf der sich zufällig auch er aufhielt, warf ein graues Leichentuch über die hoffnungsvollsten Initiativen. Er brauchte nur an sie zu denken, und schon spürte er, wie unsicher er auf dem Drahtseil stand, wie prekär es war, das Gleichgewicht zu halten.
Er überlegte noch einmal, während Spiros umkehrte und den Berg wieder hinunterfuhr. Der Klang von Annukas Stimme wurde ausgeblendet vom Applaus all dieser Menschen, die von ihren Tischen zu ihm aufschauten, als er zu seinem großen Vortrag ansetzte, was immer der große Vortrag zum Thema hatte. Und dann, während ihm der Applaus noch in den Ohren nachklang, vom Ausdruck in Nikkis klaren blauen Augen und der Frische der beiden knackigen und vertrauensvollen Silben ihres Namens.
»Oder doch …« sagte er zu Spiros.
»Nein?« sagte Spiros. » Nicht Flughafen?«
Aber dann klingelte sein Telefon, und da stand es wieder auf dem Display: »Annuka Vos, mobil«. Er konnte sie nicht weiter wüten hören. Er löschte den Namen, indem er auf eine Taste drückte, doch ein paar Sekunden später war er wieder da. Er steckte das Telefon in die Tasche und ließ den Namen weiter meckern, ohne zu reagieren. Er wusste, wie es weitergehen würde. Sie würde immer wieder anrufen. Sie würde herausfinden, wo er war, und ihn verfolgen. Mittlerweile hätte sie sich mit Georgie zusammengetan, ihre wechselseitige Antipathie wäre übergegangen in einen gemeinsamen Groll gegen ihn
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