Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen auf Skios: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frayn
Vom Netzwerk:
anzuziehen. Die er dann zerfetzte, vielleicht als krankhafte symbolische Ersatzhandlung für eine Defloration.
    Sie schaute sich im Zimmer nach weiteren Beweisen für rituelle Perversion um. Einer Peitsche. Einem Kruzifix.
    Von einer Schiene auf der anderen Seite des Betts hingen weitere Bahnen Netzstoff, sie waren nicht zerrissen. An den Haken auf ihrer Seite hingen zerrissene Fetzen und Reste desselben Materials.
    O ja. Ein Moskitonetz.
    Ihre Empörung legte sich. Er hatte nur eine schlechte Nacht gehabt. Sich im Schlaf herumgewälzt oder wild um sich geschlagen, um eine Plage lästiger Mücken abzuwehren.
    Während sich ihre Empörung legte, kehrte ihre Gereiztheit wieder. Zornig zog sie das Laken glatt, schlug auf die Kissen und riss die auf dem Boden liegende Decke hoch. Wie typisch für ihn, ihr so einen aufregenden neuen Grund zur Unzufriedenheit zu liefern und dann sofort wieder wegzunehmen.
    Aber da war noch die Unterwäsche. Ihre Empörung kehrte zurück.

32
    Während Spiros mit halsbrecherischer Geschwindigkeit, Haarnadelkurve um Haarnadelkurve, Schlagloch um Schlagloch, die Anhöhe hinauffuhr, wurde Oliver hin und her und auf und ab geschleudert wie ein Hemd in der Waschmaschine. Allerdings war er zu sehr mit der bevorstehenden Begegnung beschäftigt, als dass er es gemerkt hätte. Sollte der potentielle Vergewaltiger noch immer die Badezimmertür belagern, müsste er sich mit ihm anlegen. Er glaubte nicht, etwas unerhört Mutiges tun zu können; es war schon mutig genug von ihm, dass er überhaupt hinfuhr. Beruhigende Worte schienen eine plausiblere Lösung. »Vielleicht könnten wir uns hinsetzen und bei einem Drink darüber reden.« Es wäre vielleicht hilfreich, wenn er ein Psychiater wäre. Er war ziemlich gut gewesen als Dr. Norman Wilfred, was immer für ein Doktor der war. Es gab keinen Grund, warum er nicht weitermachen und im Bereich geistige Gesundheit tätig sein sollte.
    Und wenn der Mann die Badezimmertür bereits eingetreten hatte …
    »Noch schneller, wenn möglich«, sagte er zu Spiros. »Es geht um Leben und Tod.«
    Und in beiden Fällen müsste er Georgie erklären, warum er ihre Nachrichten nicht früher abgehört hatte. Daran musste er ein bisschen arbeiten. Das Telefon hatte kein Netz, klar. Akku leer. Wie hatte er die Nachrichten letztlich dann doch abhören können? Plötzlich war das Netz da. Ja, klar. Akku geladen. Das klang alles etwas zu plausibel. Seiner Erfahrung nach musste eine Erklärung einfach ein bisschen etwas Ausgefallenes, ja sogar Unwahrscheinliches haben, wenn irgend jemand sie glauben sollte. Telefon geklaut von einer wilden Ziege. Gestohlen von albanischen Banditen. Ja, es könnte eine der seltenen Gelegenheiten sein, wo es galt, ein Missverständnis aktiv zu befördern.
    Aber es war so unfair. Mit was für einer Erklärung er auch aufwarten würde, es wäre höchst unfein zu enthüllen, was ihn ihre forsche Rettung kostete – die einmalige Chance, einen gelehrten Vortrag über ein Thema zu halten, das klang, als wäre es vielleicht bedeutungsvoll, noch dazu vor einem Publikum, das sich aus ein paar der reichsten und einflussreichsten Leuten der Welt zusammensetzte. Noch weniger konnte er ihr natürlich sagen, dass er damit seine einzige Hoffnung auf eine Nacht mit Nikki aufgegeben hatte. Außer ihm fiele ein guter Grund ein, warum er in die Stiftung zurückkehren musste. Vielleicht weil er seinen Pass vergessen hatte. Er tastete seine Taschen ab. Ja! Es stimmte! Er hatte seinen Pass tatsächlich vergessen!
    Ein anderes Taxi kam ihnen entgegen. Als sie auf gleicher Höhe waren, hielten beide Fahrer an, öffneten die Fenster und wechselten ein paar Worte auf griechisch.
    »Weiterfahren!« sagte Oliver. »Weiterfahren, weiterfahren!«
    »Stavros«, sagte Spiros, als sie weiterfuhren. »Mein Bruder. Danken Sie Gott, dass Sie nicht fahren mit ihm. Sie fahren schnell mit Stavros? Sie sind toter Mann.«
    Drei Haarnadelkurven und neunzehn Schlaglöcher später hielten sie wieder an.
    »Was ist denn jetzt ?« fragte Oliver.
    Spiros deutete auf die Straße vor ihnen. Ein offener Koffer lag im Staub, jenseits davon schien jemand alte Kleidung auf dem Weg verstreut zu haben.
    »Ja, aber nicht anhalten!« sagte Oliver. »Los! Weiterfahren!«
    Spiros steuerte den Wagen an den Überresten des Koffers vorbei.
    »Halt!« sagte Oliver. Er schaute durch das Heckfenster des Taxis. Etwas an dem Koffer …
    »Warten Sie!« sagte er.
    »Warten?« sagte Spiros.
    Oliver stieg aus und

Weitere Kostenlose Bücher