Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
Welt blamieren.
Spüren Sie da nicht auch ein schreckliches, wunderbares Kitzeln auf Ihren Armen?«
Er hatte ihr bereits gesagt, dass sie vielleicht die schönste Frau war, der er je begegnet war. Sie hatte langsam den Kopf gewandt und ihn angesehen, doch ihre Miene war so ausdruckslos geblieben wie zuvor. Und doch hatte diese ihre Reaktion ihn ermutigt, sich ihr vollständig anzuvertrauen. Er hatte ihr gestanden, dass er nicht Dr. Wilfred war. Er hatte ihr von Georgie und Nikki und Annuka Vos erzählt. Er hatte ihr erzählt, wie er den Gipfel erklommen hatte und jetzt nicht mehr hinunterklettern konnte, wie er den Zauber gewirkt hatte und ihn jetzt nicht mehr rückgängig machen konnte. Und immer noch sah sie ihn an, und ihre Augen schienen etwas, was sich fünf Zentimeter unter der Oberfläche seiner Stirn verbarg, zu fixieren. Schwer zu sagen, ob sie es aus dem gleichen Gefühl gesellschaftlicher Verpflichtung tat wie alle anderen, oder ob in dem großen Ozean der Sinnlosigkeit, in den sie geworfen war, schon der Anblick eines bestimmten Mundes, der sich sinnlos bewegte, von bestimmten Augenwinkeln, die sich sinnlos in feine Fältchen legten, und einer bestimmten Hand, die sinnlos das Haar ihres Besitzers zurückstrich, ein Stück Treibgut war, an das zu klammern sich lohnte.
»Na gut«, sagte er. »Unsere Gastgeberin hat mich gebeten, mit Ihnen zu sprechen, und das habe ich getan. Wenn Sie mich also entschuldigen wollen, unterhalte ich mich jetzt wieder mit ihr. Ich glaube, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Mein richtiger Name ist Fox. Oliver Fox.«
Und jetzt veränderte sich ihre Miene endlich ein wenig. Sie schaute ihn noch immer an. Aber ihre Augen waren ein bisschen weiter geöffnet und schienen ihn jetzt tatsächlich wahrzunehmen. Ihr Mund war etwas weicher, als zöge sie ein Lächeln in Betracht. Er erschrak. Sie schien etwas von dem, was er ihr erzählt hatte, verstanden zu haben. Aber was?
»Den Namen?« sagte er. »Sie haben von mir gehört? Oliver Fox?«
Sie zog die Augenbrauen hoch. Sie drückte etwas aus. Ironie vielleicht. Und sie lächelte. Kein Zweifel, sie lächelte.
»Großer Gott«, sagte er. »Sie haben nicht von mir gehört, wenn ich Dr. Norman Wilfred bin? Und Sie haben von mir gehört, wenn ich Oliver Fox bin?«
Sie stützte den Ellbogen auf den Tisch und das Kinn auf die Hand. Sie blickte ihm direkt in die Augen und zog noch einmal die Brauen in die Höhe. Dann fing sie an zu lachen.
Nikki spürte ätzende Säure im Herzen, als sie ihnen zusah. Er brachte Mrs. Skorbatowa zum Lachen, so wie er sie zum Lachen gebracht hatte. Und was für eine hinterhältige manipulierende Kuh die Skorbatowa war! Weigerte sich, eine Silbe Englisch zu verstehen, wenn sie von irgend jemand anders gesprochen wurde. Aber ein paar schmeichelhafte Sätze von Dr. Wilfred – nein, von Mr. Oliver Fox –, und sie verstand jedes Wort. Genau wie Nikki.
Deswegen hatte er es getan, natürlich. Deswegen hatte er Nikki in diese unmögliche Situation gebracht. Für einen Lacher. Er hatte den Namen gesehen, den sie im Flughafen hochhielt, und spontan beschlossen, sich auf ihre Kosten ein bisschen zu amüsieren. Heute nachmittag hatte er es allen erzählt. Er hatte ausnahmsweise einmal die Wahrheit gesagt. Weswegen ihm natürlich niemand geglaubt hatte.
Aber war es wirklich so einfach? Ihr Blick schweifte von Mrs. Skorbatowa und Mr. Fox zu Mrs. Toppler. Sie las schon wieder die Rede, die Nikki für sie geschrieben hatte, blickte noch einmal auf die Uhr und wurde dabei immer nervöser. Nikki schaute zu Mr. Skorbatow, der auf der anderen Seite von Mrs. Toppler saß. Er schnitt mit einer winzigen silbernen Schere ein paar Trauben ab, die vor ihm auf dem Tisch standen. Die Art, wie er die Schere hielt, wie er sie zielstrebig und konzentriert benutzte, war Nikki nicht geheuer.
Sie schaute wieder zu Mrs. Skorbatowa und Oliver Fox. Er redete noch immer auf sie ein. Sie lachte noch immer. Was erzählte er ihr? Etwas, was Mrs. Toppler ihm gerade erzählt hatte? War er deswegen hier? Um sich für Mr. Skorbatow über die Stiftung kundig zu machen? Sie wusste natürlich von Mr. Papadopoulous Geldwäscherei, doch sie achtete darauf, keine Einzelheiten zu erfahren. Aber wo hatte er seine Finger noch drin? Seine Gäste diskutierten heute abend vermutlich nicht über die europäische Zivilisation. Ihr ging der spitzfindige Gedanke durch den Kopf, dass Mr. Papadopoulou und Mr. Skorbatow eine neue Geschäftsidee hatten. Ihr
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