Willkommen auf Skios: Roman (German Edition)
fiel der Swimmingpool ein, den niemand sehen durfte. Oder vielmehr das Loch im Boden, das eines Tages der neue Pool wäre. Ein Loch im Boden könnte während der Dauer seiner Existenz auch zu anderen praktischen Zwecken genutzt werden. Zum Beispiel, um radioaktives Material zu vergraben. Oder eine Leiche. Oder auch mehrere Leichen. Einen regelmäßigen Nachschub an Leichen. Zweifellos hatte Mr. Skorbatow einen geräumigen Kühlraum an Bord seiner Yacht. Vielleicht bot er Mr. Papadopoulou einen richtigen Vertrag für die Bestattung seiner Leichen an. Ihr wurde plötzlich flau im Magen. Schiffsdieselersatzteile! Sie hatte am Morgen die Kiste am Kai gesehen. Nein! Das war nicht möglich! Oder?
Aber wenn es doch so war, wollte er vielleicht etwas mehr über seinen Geschäftspartner erfahren. Etwas, was er in der Hand hatte, wenn es Mr. Papadopoulou jemals in den Sinn kommen sollte, seine Gebühren zu erhöhen.
Sie sah zu, wie sich Mr. Skorbatow eine Traube in den Mund steckte. Seine Kiefer klappten zu und bewegten sich nicht mehr. Die Traube war verschwunden.
Sie blickte zu Mrs. Toppler, die völlig ahnungslos neben ihm saß. Ich könnte jetzt mit ihr sprechen, dachte Nikki, während Dr. Wilfred auf Mrs. Skorbatowa einredet.
Sie wollte sich gerade in Bewegung setzen, als sie sah, dass sich Dr. Wilfred von Mrs. Skorbatowa abgewandt hatte und wieder mit Mrs. Toppler sprach.
Sie blieb stehen und schaute zu, wie die Katastrophe immer näher rückte, wie in einem Traum unfähig, sich zu rühren.
42
Oliver Fox hatte Mrs. Skorbatowa von all den Schwierigkeiten erzählt, in die er sich gebracht hatte, als er Oliver Fox gewesen war, und sie hatte ihn dabei unverwandt angesehen, ohne ein Wort zu sagen. Aber sie war offensichtlich interessiert, insbesondere dann, so schien ihm, wenn er sein Lächeln lächelte und die Haarlocke beiseite strich, die ihm hin und wieder in seine lächelnden braunen Augen fiel. Doch vor allem wenn er erzählte, wie negativ so viele Menschen auf die schiere Erwähnung des Namens Oliver Fox reagierten. Jedesmal musste sie ihrerseits lächeln und die Augenbrauen in die Höhe ziehen, und manchmal schlug sie ihm sogar leicht auf die Hand.
Jetzt legte Mrs. Toppler die Hand auf seinen anderen Arm. »Sie sind ein Genie, Dr. Wilfred!« sagte sie. »Niemand sonst ist es gelungen, ihr einen Ton zu entlocken. Wie haben Sie das gemacht? Sie sprechen doch kein Russisch, oder?«
»Nein«, sagte Dr. Wilfred. »Ich erzähle ihr nur …« Er wandte sich wieder Mrs. Skorbatowa zu und flüsterte ihr ins Ohr: »Mrs. Toppler will wissen, was ich Ihnen erzähle, das Sie zum Lachen bringt. Aber das ist unser kleines Geheimnis. Dass ich Oliver Fox bin.« Mrs. Skorbatowa lachte wieder und boxte ihn leicht auf den Arm.
»So jemand brauchen wir, um Christian zu ersetzen«, sagte Mrs. Toppler. »Jemand wie Sie, der gut mit Leuten auskommt. Sogar mit einer Eisprinzessin, die kein Wort Englisch spricht, aber zufällig mit einem der reichsten Männer der Welt verheiratet ist. Sie scheinen wirklich ein Tausendsassa zu sein! Und dabei bleiben Sie so gelassen. Schauen Sie sich mich an. Ich bin ein komplettes Nervenbündel. Ich kann nichts essen, nicht denken – und dabei muss ich nur diese zwei Seiten vortragen! ›Unseren Ehrengast heute abend brauche ich Ihnen nicht vorzustellen …‹ Wohingegen Sie …«
Sie hielt inne und sah sich um.
»Ihr Votrag!« sagte sie. »Das Manuskript für Ihren Vortrag! Wo ist es?«
»Ach ja«, sagte er. »Mein Vortrag.«
»Sie haben ihn doch nicht vergessen?«
»Natürlich nicht«, sagte er, obwohl er ihn unter dem Eindruck der Ereignisse für einen Augenblick tatsächlich vergessen hatte.
»Wo ist er?« fragte sie beunruhigt. »Das Manuskript – der Text – die Worte?«
Er zuckte die Achseln. »In meinem Kopf.«
»Sie haben ihn auswendig gelernt?«
»Nein, ich dachte, dass ich ihn beim Reden verfasse.«
Sie starrte ihn an.
»So ist er frischer«, sagte er. »Spontaner. Ich werde mich selbst überraschen.«
»Seit es die Stiftung gibt, habe ich schon neben einer ganzen Menge Ehrengäste gesessen«, sagte sie. »Aber jemand wie Sie war noch nie dabei. Na gut, wenn Sie sich beim Reden Dinge ausdenken können, kann ich das auch! Ich habe eine Idee, frisch aus dem Ofen und direkt auf den Tisch, brühwarm …«
Sie legte ihm die Hand auf den Arm und murmelte etwas, so dass er sich zu ihr beugen musste, um es zu verstehen.
Nikki sah, wie sich Oliver Fox mit gesenktem Kopf zu Mrs.
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