Willkommen im Land der Liebe
keine Frau, die von Fremden Geschenke annimmt …“
„Sei vorsichtig, laeela , du bist kurz davor, mich zu beleidigen.“
Seine Stimme war leiser geworden, tief und heiser, und Keira lief ein Schauer über den Rücken. „Ich will dich nichtbeleidigen, Scheich Nuri …“
„Kalen, bitte. Schließlich willst du etwas von mir – schon vergessen?“
Glühende Hitze stieg ihr in die Wangen, und sie saß steif und aufrecht da, mit fest ineinander verschränkten Händen im Schoß. „Je schneller ich nach Texas zurückkehre, desto besser.“
„Zurückkehren?“
„Wir haben unseren Standpunkt klargemacht. Haben meinem Vater gezeigt, dass er keine Macht über mich hat …“
„Dein Vater ist und bleibt eine Bedrohung.“
„Für wen? Für dich? Oder für mich? Denn ich habe nicht den Eindruck, dass du um mich besorgt bist.“
„So freizügige Reden würde Sidi Abizhaid niemals tolerieren, laeela. Er würde dir nie gestatten, dich so provokant zu verhalten. Und er würde dir auch nicht erlauben, in der Öffentlichkeit zu sprechen.“
Plötzlich schnürte etwas ihre Kehle zu. „Was willst du von mir, Kalen? Erklär es mir, damit ich es verstehe.“
„Du weißt doch, was ich will. Ich will, dass du hier bei mir bist.“
„Nein. Da steckt noch mehr dahinter. Es hat mit meinem Vater zu tun, nicht mit mir, und ich muss verstehen, was er getan hat. Erklär mir bitte, wie ein Mann, der sein Leben damit zugebracht hat, der Familie Nuri zu dienen, als Bedrohung angesehen werden kann.“
„Dieses Thema steht nicht zur Diskussion.“
„Warum nicht? Weil ich eine Frau bin?“
Statt ihr zu widersprechen, sah Kalen sie von seiner Seite des glänzend polierten Nussbaumtisches aus nur an. Der Tisch war mit dem feinsten und edelsten Porzellan und Kristall gedeckt, weiße Kerzen flackerten in hohen silbernen Kandelabern, und Unmengen von Orchideen und Lilien quollen aus der dekorativen Blumenschale in der Mitte.
Da sie sein Schweigen nicht ertrug, beugte Keira sich nachvorn und sah ihm direkt in die Augen. „Es geht hier um meinen Vater, um meine Familie, die du als Bedrohung bezeichnest. Ich habe das Recht, Bescheid zu wissen.“
„Du solltest deine Zeit lieber zum Essen als zum Streiten nutzen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Du bist genauso schlimm wie die anderen, Kalen. Nein, eigentlich sogar noch schlimmer. Du lebst nicht in Baraka, sondern in England, du trägst weder Kaftan noch die traditionelle Kopfbedeckung, sondern italienische Anzüge, aber unter deinen Anzügen und edlen Hemden bist du genauso konservativ, rigide und herablassend.“
Weil er nichts sagte, holte sie kurz Luft und sprach dann weiter. „Ich will nach Hause, Kalen.“ Wie sie es hasste, sich so verwundbar zu fühlen. Jahrelang hatte sie hart daran gearbeitet, genau solche Gefühle zu vermeiden. Denn sie hatte sich geschworen, sich nie wieder von jemandem verletzen zu lassen.
Und er musterte sie weiterhin, kühl und leidenschaftslos. Es berührt ihn nicht, dachte Keira; er fühlt nichts. Wie ein Dolchstoß drang ihr diese Erkenntnis ins Herz. „Kalen, hör mir zu. Ich muss nach Hause zurück. Ich muss mein Leben wiederhaben.“ Sie hatte so lange gebraucht, um sich vor diesem Gefühl des Verlorenseins abzuschirmen. Vor der Verwirrung, zwischen zwei Elternteilen, verschiedenen Kulturen und Identitäten hin und her gerissen zu sein und nicht zu wissen, wo man eigentlich hingehörte. „Mein Leben war gut für mich.“
Jetzt beugte sich auch Kalen vor und verschränkte die Arme auf dem Tisch. „Dein Leben wird auch hier gut sein.“
„Nein.“
„Es bedeutet eine Veränderung für dich, aber es wird trotzdem gut sein.“
„Aber das hier ist nicht mein Leben! Das ist dein …“
„Und von nun an auch deins.“ Er betrachtete sie einen langen Augenblick und fuhr dann in freundlichem Ton fort.„Du musst akzeptieren, dass dein Leben sich verändert hat. Alles hat sich geändert. Für immer.“
Sie sollte akzeptieren, dass sie gezwungen worden war, Hals über Kopf ihr Zuhause zu verlassen, um in dieser seltsamen Welt zu leben, in der sie einem Mann gehörte, den sie nur aus ihrer Kindheit kannte? Das war lächerlich. Grotesk. Sie war keine mittelalterliche Braut.
„Nein.“ Mit zitternden Händen und ziemlich wackelig auf den Beinen schob Keira ihren Stuhl vom Tisch und stand auf. „Nein. Du irrst dich.“ Ihr Körper war kalt, doch ihre Augen brannten, und sie blinzelte heftig, um die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.
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