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Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Titel: Willkommen im sonnigen Tschernobyl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blackwell
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Meeresmüllsammler vor.
    Sie sagte, darüber hinaus würden wir »an Möglichkeiten ar beiten, wie gewerbliche Schiffe – Schlepper, Lastkähne, Fischer boote – am effizientesten zum Sammeln eingesetzt werden können«, oder, wie es in der Presseerklärung des Kaisei-Projekts hieß, »weiterhin Methoden zur Entfernung der verschiedenen Plastikabfälle aus dem Meer testen«.
    Das Wort »weiterhin« spielt auf die Reise der Kaisei im letzten Sommer an. Die auf dieser Reise entwickelten Methoden wurden häufig erwähnt, insbesondere »the Beach«, ein Verfahren, das zur Lösung des hartnäckigen Konfettiproblems beitragen sollte. Passiv angetrieben von der Wellenbewegung, lasse der »Strand« das Wasser über seine Oberfläche fließen, erklärte man mir, und nehme so das Plastikkonfetti auf, ohne dass irgendein unpraktischer Filtermechanismus gebraucht und gleichzeitig Meerestiere gefangen würden.
    Als die Golden Gate Bridge hinter uns im Ozean verschwand, erläuterte Mary ihren Standpunkt. Es genüge einfach nicht, nur darüber zu reden, die Plastikflut vom Festland einzudämmen. Selbst wenn wir den Zustrom aus den Vereinigten Staaten aufhalten würden, gelänge immer noch Plastik aus dem Rest der Welt ins Meer. Sie hatte ihr gesamtes Leben am und auf dem Meer verbracht und ein erfolgreiches Segelchartergeschäft aufgebaut. Der Ozean war ihre Lebensaufgabe. Sie hatte das Gefühl, handeln zu müssen.
    »Wir müssen also einerseits sehr energisch daran arbeiten, die Flut zu stoppen«, sagte sie. »Aber wir müssen es auch hinbekommen, den Müll einzusammeln.«
    War das so falsch?
    14. August – 37°49’ N, 123°29’ W
    Wir waren beschwingt, weil wir endlich segelten, und erleichtert, dass der an den Küsten oft so raue Ozean es heute gut mit uns meinte. Wir sahen die Farallon-Inseln vorüberziehen – ein paar ferne Felszungen, die offiziell zu San Francisco gehören. Und dann war’s das mit Land. Wie um das zu verkünden, tauchte ein Wal aus der Tiefe auf, weniger als fünf Meter backbord von uns. Wir starrten auf sein gebogenes Rückgrat, das aus dem Wasser ragte und wieder verschwand, und jauchzten mit der Begeisterung von Landratten auf See.
    Wie alle wahren Abenteuer war auch unseres bemerkenswert wegen der ausgedehnten Phasen der Langeweile. Unser Leben wurde bald zu einer unendlichen Abfolge von Wachen und Freiwachen – drei Stunden Wache, sechs Stunden frei, drei Wache, sechs frei, und das bis zum Umfallen – und ich lernte ein wenig über die Seefahrt.
    Unsere oberste Pflicht bei der Wache war es, wenig überraschend, wachsam zu sein: nach steuerbord und backbord ein Auge auf alles zu haben, das uns, abgesehen von der Langeweile, bedrohen könnte. Während der Nachtwachen starrte ich in die Dunkelheit hinaus und versuchte, überhaupt irgendetwas zu erkennen. Am zweiten Abend tanzten kleine Vögel um unsere Positionslichter herum, und ich verbrachte ganze Stunden damit, mich zu fragen, ob sie echt waren.
    Die nächste Aufgabe war der stündliche Schiffsrundgang. Der Piratenkönig wies einen von uns an, das gesamte Deck abzulaufen, längsschiffs sowie von steuerbord nach backbord, dann sollten wir unter Deck schauen, einen Blick in den bullernden Ofen werfen, der unser Maschinenraum war (wir fuhren, auch wenn die Segel gesetzt waren, unter Maschinen antrieb), und schließlich alles Unerwünschte oder Alarmierende bei ihm melden, insbesondere, ob das Schiff sank oder brannte.
    Mit einem »Danke« nahm der Piratenkönig unseren Bericht ab, und wir kehrten zurück zu den Hauptaktivitäten der Wache: Geschichten und schlechte Witze erzählen.
    Ich war zur B-Wache eingeteilt, die ich in die Bravo-Wache umtaufte. Das war natürlich die beste der insgesamt drei Wachen. Neben einem offiziellen Chronisten (mir, selbsternannt), hatten wir in der Gruppe Kelsey, eine junge Absolventin in Meeresnaturschutz von der University of California und die beiden Hipsters des Schiffs, Gabe und Henry, die sich als unzertrennliche Sandkastenfreunde herausstellten. Unser Anführer war der Piratenkönig selbst.
    Der war, wie sich zeigte, nicht nur ein extremer Vertreter der rauen Seefahrerspezies, sondern auch so etwas wie unser Ju gendgruppenleiter. Er ergriff jede Gelegenheit, uns Shantys bei zubringen, nautische und andere Gedichte zu rezitieren, mit uns Sternbilder zu lesen und die Mythen dahinter zu erläutern, uns zu zeigen, wie man Tauwerk spleißt, Knoten macht und »Türkenbund«-Armbänder flicht, die uns für

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