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Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Willkommen im sonnigen Tschernobyl

Titel: Willkommen im sonnigen Tschernobyl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Blackwell
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Unternehmensschurken sind mitverantwortlich für eine erfolgreiche Anti-Abholzungsgeschichte.
    e) Verdammter Mist.
    Und vergessen wir nicht, dass die einzigen Menschen, die wir Bäume niederreißen haben sehen, womöglich Engel der Nachhaltigkeit und Eigenverantwortung waren, und die Leute, die Wälder abgefackelt haben, freundliche Kleinbauern. Ein Ende dieses Katalogs der Enttäuschungen war nicht abzusehen.
    Auf jeden Fall wurde uns Zugang gewährt. Adam, Gil und ich kreuzten beim Cargill-Terminal auf, dem Eigentlich-doch-nicht-Tempel-des-Todes, und wurden in ein klimatisiertes Empfangszimmer geleitet, wo wir auf den Manager warteten. In einer Vitrine am Ende des Raums stand ein Kelch mit Sojabohnen neben einer Sammlung Speiseöle sowie Gläsern mit Mayonnaise und anderen Nahrungsmitteln aus Cargill-Zutaten.
    Der Manager kam herein, der Oberbefehlshaber über die Abermillionen Tonnen Sojabohnen, die jährlich durch das Terminal liefen. Schon jetzt wirkte der stramme Wichtigtuer mit schütter werdendem Haar und grünem Polohemd ungeduldig.
    Was toll war an der Führung, die er uns gab: Obwohl wir inzwischen eingesehen hatten, dass Cargill möglicherweise dazu beitragen konnte, die Abforstung zu verringern , und obwohl dies unter Umständen bedeuten konnte, dass die Firma in unserer Geschichte gut wegkam, spielten wir doch alle unsere festgelegten Rollen. Wir waren Journalisten, die es auf einen multinationalen Konzern abgesehen hatten, er war das schwafelnde Sprachrohr dieses Konzerns.
    Nach etwas Geschwätz von wegen »die Umwelt steht für uns an erster Stelle« und »Sicherheit hat oberste Priorität«, sagte er, dass wir nicht wie versprochen zur Anlegestelle gehen und sehen könnten, wie die Bohnen auf ein Schiff mit Ziel Liverpool oder Amsterdam verladen wurden. Auch in den riesigen Hangar, wo sie gelagert wurden, durften wir nicht. Aus Sicherheits- und Blablagründen konnten wir die eigentliche Anlage also überhaupt nicht betreten. Abgesehen von denen in der Vitrine im Empfangszimmer würden wir auch keine einzige Sojabohne zu sehen bekommen. Was sollte das sein – eine Ölsandbustour?
    Stattdessen machte der Manager mit uns einen Rundgang außen um die Lagerhallen und zeigte uns die Lkw-Laderampe – auch hier hatte die Sicherheit oberste Priorität – und andere total langweilige, sojalose Orte und Einrichtungen.
    Auf einem Frischbetonstreifen zwischen dem Wasser und dem Lagergebäude hielt der Manager an und sagte zu uns:
    »Und hier sehen Sie unseren Wald für den Erhalt heimischer Baumarten.«
    Wir blickten uns um. Wovon redete er? Links neben uns befand sich ein kleines Rasendreieck mit einem Dutzend dürrer Bäume, von denen genau genommen nur zwei oder drei im Ernst als Bäume bezeichnet werden konnten. Der Rest waren nicht viel mehr als halb nackte Sprösslinge, die aus der Erde stakten. Das sollte der Wald von Cargill sein? »Wir hatten ein paar Schwierigkeiten bei der Anpflanzung«, erklärte er. »Aber wir kümmern uns sehr gut um sie.«
    Er stand da, die Hände in den Hüften gestemmt, und wir starrten nur. Hier, im Herzen des Regenwalds, hatten wir das armseligste Naturreservat der ganzen Welt entdeckt.
    »Der Wald ist klein«, sagte der Manager. »Aber er steht symbolisch für unseren Einsatz bei der Erhaltung des Regenwalds.«
    *
    Bei Kilometer 77 auf dem BR -163 bog Ricks Mietauto in eine unbefestigte Nebenstraße ab. Mango folgte ihm. Wir fuhren Richtung Osten und ließen den Tapajós-Nationalpark hinter uns. Ein Holzschild mit handgeschriebenen Buchstaben stand am Straßenrand:
    VENDE-SE
    766 HaDE
    MATA VIRGEM
    4 km →
    »Zu verkaufen … Verdammt, ich wünschte, ich hätte ein bisschen Geld!«, sagte Gil und sah dem Schild nach. »Scheiße, ich liebe Wälder! «
    Wir fuhren zu Ricks Regenwald. Endlich würden wir herausfinden, was er mit herumblödeln meinte. Adam und ich hatten beide unser eigenes Worst-Case-Szenario, in beiden kam Kidnapping vor.
    Nach zwei Kilometern gingen die Felder und Pflanzen auf der rechten Seite in einen Sekundärwald über – dichte Vegetation, die eine zerstörte Fläche wieder überwuchert. Da Sekundärwald meist keine schattenspendende Baumkrone hat wie der unberührte Primärwald, wächst er häufig mit einer für Dickicht typischen Hemmungslosigkeit, die man im Urwald so nicht findet.
    Oder wie Gil es ausdrückte: »Scheiße, seht euch diesen verdammten Wald an! Das ist mal ein echt krasser Wald .«
    Um Ricks Land kümmerte sich ein junger Mann

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