Willkommen im Totenhaus
graue Stoffhose und ein dunkles Hemd.
»Hi, Mr. Bucklow«, sagte Kelly etwas nervös.
Der ehemalige Küster schüttelte den Kopf. »Ist das nicht eine etwas sehr unchristliche Zeit für einen Besuch, Kelly? Und wen hast du da mitgebracht?«
»Zwei gute Bekannte.«
»Aha. Die etwas von mir wollen.«
»So ist es, Mr. Bucklow«, sagte ich und drängte mich vor. »Sie brauchen keine Angst zu haben oder sich Sorgen zu machen. Wir sind zwei Scotland Yard-Beamte.«
»Was? Aus London?«
»Ja.«
Er sah meinen Ausweis an, bei Suko verzichtete er, aber seine Augen verengten sich schon wie bei einem Menschen, der scharf über etwas nachdachte. »Geht es möglicherweise um die verschwundenen Menschen hier aus der Umgebung?«
»Sie haben es erfaßt, Mr. Bucklow.«
»Dann kommen Sie mal rein.« Er gab uns den Weg frei und rieb seine Hände. »Darauf habe ich schon lange gewartet. Es ist einfach zu viel in der letzten Zeit geschehen.« Vor sich hinmurmelnd ging er vor und führte uns in sein Wohnzimmer, das mit alten, aber gemütlichen Möbeln eingerichtet war. Wir konnten auf einer breiten Couch Platz nehmen und bekamen auch etwas zu trinken angeboten. Der Mann hatte noch vor der Glotze gesessen und schaltete den Apparat nun aus.
»Wasser, ja«, sagten wir.
»Gut, können Sie haben. Bitte, Kelly sei so nett und geh in die Küche. Du kannst es den Herren bringen. Und für mich bringst du die Flasche mit dem Brandy mit.«
»Mach ich, Onkel Tom.«
»Onkel?« fragte ich.
»Ja, sie nennt mich schon seit Jahren so. Ich kenne sie seit über zwanzig Jahren. Hübsch ist sie geworden, sehr hübsch. Seit meine Frau nicht mehr lebt, kauft Kelly hin und wieder für mich ein, wenn es um größere Besorgungen geht. Dann halten wir auch hin und wieder ein Schwätzchen. So erfährt sie einiges von mir und ich einiges von ihr. Ist doch schön, wenn sich ältere und jüngere Menschen verstehen.«
»Das finde ich auch«, sagte ich und fragte sofort danach: »Reden Sie auch über Graystone Hall?«
»Ich kann es nicht abstreiten.«
»Was sagen Sie dazu?«
Er strich durch seinen grauen Bart. In der Küche hörten wir Kelly hantieren. »Warten wir doch, bis sie wieder zurück ist, dann brauche ich mich nicht zu wiederholen.«
»Gut. Trotzdem eine Frage: Waren Sie schon mal dort?«
»Warten Sie es ab, Mr. Sinclair.«
Kelly kehrte zurück. Sie hatte alles besorgt und es auf ein Tablett gestellt. Sie bediente den Hausherrn, uns ebenfalls und nahm dann in einem Sessel Platz. So saß sie Tom Bucklow gegenüber.
Tom trank erst, bevor er sich an Kelly wandte. »Ich wurde gefragt, ob ich schon einmal in Graystone Hall gewesen bin!«
»Ja, warst du doch – oder?«
Er nickte.
»Aber du hast mir nie davon berichtet, was du dort gesehen hast.«
»Nein, meine Liebe, das habe ich nicht«, erwiderte er beinahe versonnen. »Aus guten Gründen nicht. In Graystone Hall hat sich etwas Furchtbares eingenistet. Dort haust das Böse. Eine Kraft, die das Gegenteil von Gott ist. Die Haß und Tod predigt, aber nicht Liebe und Leben. Ich habe es zu spüren bekommen, obwohl ich nur an der Tür gewesen bin und sie kurz geöffnet habe.«
»Was ist geschehen?« flüsterte Kelly gespannt. »Du hast nie darüber gesprochen.«
»Heute wirst du es erfahren, Kind. Als ich die Tür öffnete, war ich froh, mein Kreuz mitgenommen zu haben. Das alte Kreuz, das mir mein Vater auf dem Sterbebett schenkte. Ich hielt es in der Hand, weil ich einen Schutz benötigte, und das war gut so, denn die Kräfte des Bösen griffen mich an. Sie waren so stark, daß sie selbst von dem geweihten Kreuz nicht aufgehalten wurden.« Er schaute auf seine Hände. »Noch heute spüre ich es. Das Kreuz fing an zu brennen. Es wurde heiß in meiner Hand, und dann verglühte es zu Asche in diesen bläulichen Flammen. Ich floh, ich rannte weg. Ich schwor mir, niemals wieder das Haus zu betreten, und das habe ich bis heute eingehalten.«
Wir schwiegen und wollten dem alten Mann Zeit geben, der noch immer unter dem Eindruck des Erlebten stand. Zitternd griff er zum Glas und trank einen Schluck Brandy.
»Wir wollen es besuchen«, sagte Suko.
Der pensionierte Küster stellte sein Glas wieder ab und fragte meinen Freund: »Wollen Sie sterben?«
»Nein!«
»Dann gehen Sie nicht hin!«
Kelly bewegte sich unruhig auf ihrem Sessel. »Das ist es doch, was ich Ihnen sagte. Aber Sie haben mir nicht geglaubt.« Wieder drehte sie sich um, diesmal zu Bucklow hin. »Onkel Tom, ich muß dir jetzt etwas
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