Willkommen im Totenhaus
sagen, etwas ganz Schlimmes, und du mußt mir zuhören, und du mußt mir auch glauben, daß ich nicht gelogen habe.«
»Kelly, wir beide kennen uns doch.«
»Okay, dann hör zu.«
Suko und ich griffen nicht ein. So berichtete Kelly davon, wie ihre drei Freunde die Mutprobe begonnen hatten, im Haus verschwunden waren und sie nur noch die schrecklichen Schreie gehört hatte, bevor dann der rötliche Skelettkopf erschienen war und auf dem Dach getanzt hatte.
Bucklow hatte zugehört, ohne Kelly einmal zu unterbrechen. »Ja, Kind, ich glaube dir. Das ist typisch für Graystone Hall. Es ist kein normales Haus. Es schluckt Menschen. Es gibt sogar Geschichten, die davon berichten, daß die Mauern aus Menschen oder Menschenteilen bestehen. Das alles weiß ich, und das glaube ich auch zum großen Teil. Und deine Freunde, Kelly, die ich ja auch kenne, werden keine Chance mehr haben, Graystone Hall zu verlassen.«
»Sie meinen, daß sie tot sind?« sagte ich.
»Ja, ja!« rief Kelly. »Das meint er. Das meint er ebenso wie ich. Nur Sie wollen nicht daran glauben.«
»Reg dich nicht auf, Kind. Die beiden sind Polizisten. Es ist schon toll, daß sie dir überhaupt glaubten und mit dir gekommen sind. Du solltest nicht so heftig sein.«
»Aber sie glauben nur das, was sie sehen. Und sie wollen auch hinein, um sich Gewißheit zu verschaffen.«
Der alte Mann zuckte zusammen. »Stimmt das?« fragte er beinahe ungläubig. Wir bestätigten es.
»Dann werden auch Sie umkommen.«
Ich lächelte etwas kantig. »Was sollen wir denn tun? Alles so lassen wie es ist? Damit noch mehr Menschen Graystone Hall betreten und dabei ums Leben kommen?«
»Nein.«
»Haben Sie einen besseren Vorschlag?«
»Ja.« Er nickte. »Man sollte es abbrennen. Das verdammte Haus einfach abbrennen. Das wäre am besten.«
»Und was würde der Besitzer dazu sagen?« fragte Suko.
»Der? Der lebt nicht mehr.«
»Seit wann ist er tot?«
»Ach, das liegt schon lange zurück. Seit den dreißiger fahren. Da war ich selbst noch ein Kind. Der Mann hieß Graystone, wie auch sonst. Er hat in dem Haus gewohnt.«
»War es damals noch nicht verflucht?«
»Das kann ich Ihnen nicht genau sagen, Mr. Sinclair. Normal jedenfalls war es nicht. Dieser Earl of Graystone hat schon immer sein eigenes Leben gelebt. Mit den Menschen aus den nahen Dörfern wollte er nichts zu tun haben. Hin und wieder holte er sich welche als Lakaien und Diener, wenn er die großen Bälle und Feste gab. Das waren immer fremde Personen, die dort eingeladen waren. Wüste Feste, wie man hörte. Alkohol, Frauen, unzüchtig. Heute würde man Orgien dazu sagen.« Er schüttelte den Kopf. »Es ist ein gottloses Volk gewesen, das sich dort getroffen hat.«
»Bis zu Graystones Tod?«
»Ja.«
»Wie kam er um?«
»Er war plötzlich weg.«
»Herzschlag?«
»Ich weiß es nicht, Mr. Sinclair. Niemand weiß es. Er ist auch nicht hier bei uns auf dem Friedhof begaben worden. Jedenfalls stand das Haus ab diesem Zeitpunkt leer.«
Suko räusperte sich, bevor er mich ansprach. »Dieser Earl hat ungewöhnlich gelebt und ist ungewöhnlich gestorben. Glaubst du, daß er tatsächlich tot ist?«
»Keine Ahnung.«
»Und wo kann er begraben sein?«
»Überhaupt nicht«, sagte ich. »Hier auf dem Friedhof nicht, wie uns Mr. Bucklow erzählt hat. Ich kann mir zudem kaum vorstellen, daß ihn jemand aus dem Haus geholt hat. Wer hätte sich für einen toten Earl of Graystone auch interessieren können?«
»Seine Gäste.«
»Die haben ihn vergessen.«
Suko hob die Schultern. »Das glaube ich nicht. Oder ja!« korrigierte er sich. »Er hat vielleicht damit gerechnet, daß er nicht vergessen wurde. Als dies jedoch eintrat, bekam er einen rasenden Haß und hat sich Menschen geholt. Gewissermaßen als Rache. So könnte eine Lösung aussehen.«
Bisher hatten Kelly und Bucklow nur zugehört. Nun mischten sie sich ein. Der alte Küster sprach. »Wenn Sie das alles so meinen, wie Sie es gesagt haben, dann rechnen Sie also damit, daß er tatsächlich noch am Leben und nicht verfault ist.«
Ich verzog die Mundwinkel.
»Vielleicht trifft beides zu!«
»Das…«, Bucklow holte tief Luft. »Also das kann ich nicht nachvollziehen. Ich wundere mich über Sie beide, wie Sie als Polizisten das Thema angehen. Das ist für mich nicht zu fassen. Ich habe Polizisten immer anders in Erinnerung.«
»Vielleicht sind wir keine normalen«, gab ich zu bedenken.
»Das Gefühl habe ich auch. Ihr Ausweis ist doch keine Fälschung, Mr.
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