Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
würde blinden Gehorsam bekunden. »Schieß los, Jemima.«
»Uh – okay.« Nun ist sie entwaffnet. Nichts nimmt autoritären Leuten so effektvoll den Wind aus den Segeln wie rückhaltlose Unterwerfung. »Wenn unser Plan funktionieren soll, muss deine Beziehung zu Randy echt wirken, Lizzy. Verstehst du das? Ein Wort zu einer redseligen Freundin oder sogar zu deiner Mutter, und wir können den Versuch aufgeben, Randys Karriere zu retten. Ist das klar?«
»Glasklar«, versichere ich und überlege, wie ich das Lulu beibringen soll.
»Jemima hat recht«, sagt Camilla in ernsthaftem Ton. »Für alle Leute außerhalb dieses Büros bist du Randy Jones’ neue Liebe. Und er ist deine. Niemand darf etwas anderes erfahren.«
Und plötzlich frage ich mich – wie kann eine Frau ihren Kontrollverlust besser beweisen als mit einer Beziehung zu einem berüchtigten Promi-Verführer? Damit bringe ich Lulu garantiert zum Schweigen, wenn sie nächstes Mal tönt: »Lizzy muss die Kontrolle verlieren.« Und ich muss nicht mal was riskieren, denn es ist ja gar keine richtige Affäre.
»Ja, natürlich, ihr könnt euch auf mich verlassen.« Das meine ich ernst.
Ja, ich weiß, was Sie denken – wie bei jedem Standardliebesroman: Die Heldin wird gezwungen, ihre Zeit mit einem Mann zu verbringen, den sie angeblich unattraktiv findet. Aber sein Charme überwindet ihre spröden Verteidigungsbastionen, und letzten Endes erkennt sie, wie sehr sie ihn liebt. Wir alle haben den Film »Selbst ist die Braut« gesehen. Aber darf ich Sie daran erinnern, dass ich das nur aus beruflichen Gründen mache? Ich bin viel zu professionell (gar nicht zu reden von meinem verklemmten Wesen), um mit einem Klienten ins Bett zu hüpfen.
Außerdem sehe ich mich nicht in der Rolle einer romantischen Heldin. Und Randy ist wohl kaum der klassische Held in den Träumen junger Mädchen. Wenn ich mich recht entsinne, hat Mr Darcy keineswegs zahllose Regency-Backfische vernascht, bevor er sich für Elizabeth Bennet entschied. Ich meine, wenn eine Frau die Vergangenheit ihres Freundes kennt, ist das eine Sache – aber es ist eine ganz andere, wenn seine Neigung zu Fesselspielen und Sex im Freien von der nationalen Presse in reißerischen Texten und eindeutigen Fotos breitgetreten wird.
Übrigens, falls Mr Darcy Hygieneprobleme hatte, verkniff sich Miss Austen, das zu erwähnen.
7
Wütend jogge ich mitten im Hyde Park auf der Stelle. Kühler Nieselregen kräuselt mein Haar. Über meinem T-Shirt und den Leggings trage ich eine blaue Nylonweste mit unverkennbarem Schweißaroma und einer großen weißen Zweiundsiebzig. Jemand schreit mich an, klein und vierschrötig, halb Mensch, halb Bulldogge. Ganz offensichtlich ist sein Hals dicker als mein Oberschenkel. Danke, Lulu, besten Dank.
Ich hatte geglaubt, von allen Leuten, die ich wegen Randy Jones belügen muss, würde Lulu die einzige Person mit klarem Durchblick sein und die Wahrheit erkennen. Aber anstatt zu fragen, wie ich über Nacht vom zufällig enthaltsamen Single zur neuen Freundin des Jahrtausendverführers avanciert war, betrachtete sie das als ihren ureigensten Triumph.
»Siiiiiehst du’s jetzt? Siiiiiehst du’s? Nur ein Abend ohne den Club der alten Jungfern, und schon hat’s geklappt! Du treibst es mit Randy Jones! Oh, mein Gott, ich bin brillant!«
»Moment mal, Lulu, ich treibe es nicht mit ihm. Ich verbringe die Nächte mit ihm – im Gästezimmer. Wofür hältst du mich?«
»Befrei dich doch endlich von deinem Nonnen-Image!«, rief sie. »Jetzt, wo du mit Randy Jones zusammen bist, gibt’s keine Ausflüchte mehr. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er dich in sein Bett holt. Also mach dich auf den Abschied von deiner wiedergeborenen Jungfräulichkeit gefasst, Harrison. Danken kannst du mir später.«
Vor lauter Begeisterung über ihre eigene Glanzleistung fragte sie mich kaum nach Einzelheiten. Stattdessen schwelgte sie in ihrer grandiosen Energie, in ihrem fabelhaften Einfluss, den sie auf mich hatte.
Am Montagabend rief sie mich an. »Ich habe eine wundervolle Überraschung für dich«, krähte sie ins Telefon, »ein neues Trainingssystem!«
»Ein neues Trainingssystem? Findest du etwa, ich wäre nicht fit?«, protestierte ich mit der ganzen defensiven Energie eines Mädchens, das in der Schule stets zuletzt für die Teilnahme an Sport und Spiel ausgewählt worden war. Gewiss, ich mochte ein hoffnungsloser Fall gewesen ein, sobald mir jemand einen Ball ins Gesicht geschleudert
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