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Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)

Titel: Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pippa Wright
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hat. Aber seit der Schulzeit trainiere ich sehr gern. Am besten gefallen mir die beruhigenden, meditativen Qualitäten von Yoga. Dabei spürt man, wie sich die Knoten im Gehirn entwirren, wie sich die Wogen glätten. In manchen Dingen hat meine bescheuerte, von spiritueller Reiselust erfüllte Mutter zweifellos recht. Und dass mein Bauch flach bleibt, ist ein zusätzlicher Bonus.
    »Darüber haben wir schon diskutiert. Oder willst du mir erzählen, heute Abend hätte es in deinem Yogakurs ganz wundervollerweise von attraktiven Männern gewimmelt, die nicht nach Patschuliöl rochen?«
    »Nein«, erwiderte ich und spürte, wie mein Post-Yoga-Behagen
verflog. »Und zu was für einem Training, das scharenweise Männer anlockt, willst du mich überreden? Fußball? Rugby? Natürlich verstehe ich deine Logik. Welcher Mann kann einem Mädchen mit Zahnschutz widerstehen?«
    »Lizzy Harrison, du wurdest für ein kostenloses Probetraining beim British Army Bootcamp angemeldet«, verkündete Lulu triumphierend. »Mittwochabend, im Hyde Park, halb acht. Dass du keine Zeit hast, kannst du nicht behaupten, denn normalerweise würdest du mich an diesem Abend treffen. Aber ich versetze dich. Sei pünktlich, sonst wirst du es bereuen.«
    Nun, ich war pünktlich (immerhin reden wir hier von mir ). Trotzdem stehe ich Höllenqualen aus.
    Der »Halb Mensch, halb Bulldogge«-Typ zwang uns, von Baum zu Baum zu Baum zu laufen – ein bizarres Wettrennen, das erste seit meiner Schulzeit. Nach der dritten Runde habe ich mühsam nach Luft gerungen und mich nach der fünften fast übergeben. Das ständige Geschrei »Schneller, Nummer zweiundsiebzig« ermutigte mich nicht. Stattdessen wuchs mein Zorn.
    Und so verlangsame ich mein Tempo und fange zu gehen an – ich meine, man muss die Grenzen seines Körpers respektieren, nicht wahr? Und plötzlich schreit der Bulldoggenmann: »Haaaaaalt!«
    Oh, Gott sei Dank.
    »Blaues Team, eine eurer Nummern hat zu laufen aufgehört. Und das ist die Nummer zweiundsiebzig.«
    Die zwanzig anderen Blauen mustern mich voller Abscheu. Offenbar habe ich etwas ganz Schlimmes getan.
    »Was bedeutet es, wenn jemand aufhört, die Instruktionen
zu befolgen?«, brüllt der Trainer, und ich zucke zurück, weil ich einer Speichelfontäne ausweichen muss.
    Meine Teamkameraden murmeln irgendwas von Liegesprüngen. Was meinen die bloß?
    »Genau. Zwanzig Liegestütze-Strecksprünge, sofort, dank unserer Nummer zweiundsiebzig«, bellt der Bulldoggenmann erbost.
    Zwanzig – was? Alle ringsum werfen sich zu Boden und vollführen eine seltsame Kombination aus Kniebeuge und Hampelmann-Sprung. In diesem Stil bewegen sie sich voran...
    »Runter, Nummer zweiundsiebzig. SOFORT! Oder ich brumme deinem Team fünfzig Sprünge auf!« Am Ende des Satzes nimmt die Stimme des Trainers einen schrillen, kläffenden Klang an. Wahrscheinlich hören ihn alle seine hündischen Verwandten im Park, und ich erwarte beinahe, dass sie hinter den Bäumen hervorspringen und seinem Ruf folgen.
    Neben mir packt die Nummer siebenundvierzig mein Jogginghosenbein und zerrt mich zu Boden. »Wollen Sie uns alle umbringen?«, stöhnt er. »Machen Sie die verdammten Strecksprünge, Nummer zweiundsiebzig!«
    Zu meinen früheren Erinnerungen an den Hyde Park gehören Sonnenschein, die Serpentine Gallery, Faulenzen mit Lulu in Liegestühlen, bis uns der Parkwächter verscheuchte, weil wir nicht bezahlt hatten, an Sonntagnachmittagen den Leuten auf Inlinern zuschauen, mit meinem zweijährigen Neffen Enten füttern. Die üblichen Londoner Park-Aktivitäten. Niemals hätte ich gedacht, dass ich eines Abends mit dem Gesicht im Schlamm liegen und mein Körpergewicht von der Horizontalen in die Vertikale und
wieder zurück befördern würde. Und das auch noch viel öfter, als es möglich erscheint. Wie ich mich entsinne, wurden zwei Frauen im Hyde Park vom Blitz getroffen. Hoffnungsvoll schaue ich zum Himmel hinauf und bete um barmherzige Erlösung. Aber da oben droht nichts anderes als sanfter Nieselregen.
    Der Trainer teilt uns in zwei Gruppen, und einer meiner Nachbarn schließt sich prompt der Gruppe an, zu der ich nicht gehöre. Fahr zur Hölle, Nummer vierundachtzig. Die Nummer achtundzwanzig lächelt mich freundlich an. »Ihr erstes Training?«, fragt sie.
    »Ist das so offensichtlich?«, antworte ich und versuche, das Lächeln zu erwidern.
    »Beim ersten Mal habe ich gekotzt. Also halten Sie sich ganz gut.« Grinsend streicht sie ihre Ponyfransen aus der Stirn

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