Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
Bewunderung unserer Mitpendler. Einmal gingen wir durch den Regent’s Park nach Hause und hielten uns die ganze Zeit an den Händen. Das brachte uns in die »Entdeckt«-Spalte des New-Stars- Magazins.
Aber was die Fotografen nicht entdecken – sobald wir Randys riesige weiße Stuckvilla betreten haben, lässt er mich blitzschnell los. In der Öffentlichkeit werde ich vergöttert und liebkost und geküsst und verwöhnt. Wenn die
Haustür hinter uns ins Schloss gefallen ist und wir daheim sind (so wie meistens), geht’s zur Sache. Und damit meine ich keineswegs was Schmutziges.
Für Randy bin ich der langweilige Babysitter, den er tolerieren muss, um seine Karriere zu retten. Solange niemand zuschaut, beachtet er mich nicht. Die Wahrheit sieht deprimierend aus – in meinen Nächten mit Randy sehe ich öfter fern, als in der City auf den Putz zu hauen, während er in seinem Studio Sketche schreibt.
Heute Abend gehe ich direkt in die Küche, wo Nina, Randys formidable bulgarische Haushälterin, gerade den Dienst beendet und ihren dicken Wollmantel anzieht, trotz der Temperatur von etwa dreißig Grad, die draußen herrscht. Sie bleibt oft so lange im Haus, um sich bei mir über ihren Arbeitgeber zu beklagen, und dieser Tag bildet keine Ausnahme. Ehe ich meine Tasche abstellen kann, beginnt sie in heller Aufregung das letzte ungeheuerliche Grauen zu schildern – die puritanische Verbannung von Weizenmehl und Zucker, wegen seiner Detox-Kur.
»Als wär’s der Zucker, der ihn dazu treibt, sich was zu spritzen, Lizzy!« Sie winkt mich zur Speisekammer und öffnet die Tür einen Spaltbreit. »Erzählen Sie ihm nichts, okay? Das ist nur für Sie und mich. Hier kommt er ohnehin nie her.«
Ich spähe hinein und sehe ein ganzes Regal voller Gebäck, alle Sorten, die es gibt – von hübschen Marks-&-Spencer -Dosen mit Schokolade überzogenen Shortbread und Haferkeksen bis zu Rich-Tea-Biskuits, die man sich nur in Notfällen erlaubt. Wir würden mindestens ein Jahr brauchen, um das alles zu naschen.
»Wow, fantastisch, Nina, vielen Dank! Was für eine Überraschung!«
»Essen Sie nur!« Sie drückt mir einen Schokoriegel in die Hand, mit grimmiger Miene, als würde sie mir im Moskau des Kalten Krieges geheime Papiere zustecken. »Essen Sie nur! Geschieht ihm recht, weil er mich Putz-Nina nennt!« Wie eine zornige Henne plustert sie sich auf. »Wo ich doch nicht nur putze! Sogar Cordon bleu brate ich, Lizzy, Cordon bleu.«
»Natürlich sind Sie nicht nur eine Putzfrau, Nina«, versuche ich, die Wogen zu glätten. »Wie gern er Sie neckt, haben Sie sicher schon gemerkt. Das meint er nicht ernst. Ohne Sie wäre er verloren, und das weiß er.«
»So ein gutes Mädchen sind Sie, Lizzy, ein sehr gutes Mädchen. Seit Sie sich um ihn kümmern, hat er sich geändert.«
Neckisch zwinkert sie mir zu, und ich fühle mich sofort wieder verfolgt. Dass ich in den Nächten, die ich hier verbringe, nicht bei Randy schlafe, muss sie doch wissen, weil sie die Bettwäsche wechselt. Wie um alles in der Welt schätzt sie unsere Beziehung ein, wenn es nicht um Sex geht?
»So wie die bösen Mädchen, die vorher hier waren, sind Sie nicht.«
Nein, ich bin der geborene Babysitter, den Randy am liebsten zum Teufel jagen würde. Dummerweise bin ich eifersüchtig auf die wilden, schönen Mädchen, die vor mir durch dieses Domizil gewandert sind. Die haben wohl kaum weniger Zeit mit Randy als mit seiner Haushälterin verbracht. Nicht dass ich öfter mit diesem launischen Bastard zusammen sein möchte! Aber er glaubt, ich wäre
seine Aufmerksamkeit nicht wert, und das finde ich unerträglich. Lieber würde ich alle fünf Minuten lüsterne Annäherungsversuche abwehren.
»Nun, Nina, davon weiß ich nichts«, entgegne ich. »Wo ist er überhaupt? Im Fitnessraum?« Randy stürzt sich mit der verzweifelten Leidenschaft eines ehemals Süchtigen in sein neues gesundes Leben. Stundenlang rackert er sich in seinem Fitnessraum ab, der im Keller liegt – entweder mit seinem Personal Trainer, oder er radelt allein auf dem Hometrainer und sieht sich dabei DVDs von Richard Pryor und Bill Hicks, den amerikanischen Comedians, an.
»Im Fitnessraum – wo sonst?« Nina zuckt die Achseln. »Allmählich kriegt er Muskeln, was, Lizzy?« Sie stößt mich mit einem Ellbogen an, und ich erröte, was sie für eine Ermutigung hält. »Gehen Sie nur runter zu dem bösen Jungen«, rät sie mir und schiebt mich zur Kellertreppe. »Gucken Sie sich diese Muskeln
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