Willkommen im Wahnsinn: Roman (German Edition)
er. »Champagner für die Lady! Wir feiern!«
Ich drehe mich zum Kellner um. Fast erwarte ich, dass er das Glas bereits in der Hand hält. Aber seine magischen Fähigkeiten, Gedanken zu lesen, sind offensichtlich verflogen. Wie ein gewöhnlicher Sterblicher verschwindet er in der Küche.
»Jesus, glaubst du wirklich, das kaufen sie uns ab?«, wispere ich.
Randy wirft mir eine extravagante Kusshand über den Tisch zu.
»Wer will denn nicht an die Liebe glauben, Babe?«, fragt er und reibt sein Bein an meinem.
Ja, in der Tat – wer? Die Ironie der Situation entgeht mir nicht – während mein Liebesleben in allen Zeitungen breitgetreten wird, habe ich gar keins. Als Randy unserer Scheinbeziehung zugestimmt hat, war er erstaunlich konkret darüber, wie sie auszusehen habe. Und Camilla drängte mich, mitzuspielen, damit er glaubt, dass alles seine Idee wäre. Seit er auf Alkohol verzichtet, will er nicht so oft in Bars oder Restaurants herumhängen. Stattdessen möchte er sein Comeback planen. Und so beschlossen wir, nur zweimal in der Woche auszugehen. Da wir den Schein wahren müssen, übernachte ich mindestens dreimal pro Woche in seinem Haus. Damit ich die leidenschaftlichen Umarmungen auf den Eingangsstufen – eine Show für die Nachbarn – besser verkrafte, stellt er mir ein Gästezimmer zur Verfügung. Obwohl Lulu mich so begeistert zu meinem Kontrollverlust beglückwünscht, folge ich penibler denn je einer streng festgelegten Routine. Allerdings ist es die Routine einer anderen Person.
Wie ich gestehen muss, hatte ich Angst vor alldem – insbesondere, weil ich die Gestaltung meines Alltags einem Verrückten überlassen muss, der eben erst aus dem Entzug geflohen ist. Aber bisher war Randy sehr charmant. Und dieser Abend, unser erstes offizielles Dinner, amüsiert mich zu meiner eigenen Verblüffung sogar. Was macht es schon aus, wenn Randy genauso oft in den Wandspiegel wie in meine Richtung schaut? Immerhin muss er gewisse Erwartungen erfüllen.
Zufrieden nippe ich an meinem Champagner und lausche seinen Plänen für die Weltherrschaft (die er hauptsächlich seinem Spiegelbild erläutert). Und warum sollte ich mich ärgern, weil unsere Mahlzeit gelegentlich vom
Blitzlicht einer Handykamera unterbrochen wird, die jemand ans Fenster presst? Dazu sind wir ja hier, oder? Statt diesen Unsinn zu hassen, sage ich mir, Randy und ich würden bei der Rehabilitation seines Images grandiose Arbeit leisten.
Und – auf einer niedrigeren Ebene – rehabilitiere ich mich selbst. Freunde, die ich jahrelang nicht gesehen habe, melden sich plötzlich, um mal wieder zu fragen, wie es mir so geht.
Sogar in der Achtung des Carter-Morgan -Personals bin ich gestiegen, sehr zum Ärger von Jemimas kleiner Kopie, ihrer Assistentin Mel. Alle staunen über meine neue Beziehung. Und es überrascht mich selbst, wie viele Leute mir jetzt, wo ich scheinbar der Teil eines Liebespaares bin, enthusiastisch versichern, sie würden sich ganz wahnsinnig freuen, weil es endlich geklappt hat. Sie hätten sich ja solche Sorgen wegen meiner Einsamkeit gemacht und mir die ganze Zeit die Daumen gedrückt. Umso wunderbarer finden sie es nun, dass ich kein Single mehr bin. Beinahe kommt es mir so vor, als wäre ich von einer langen, schrecklichen Krankheit genesen. Ich lächle und erröte und bedanke mich und ertrage all die gut gemeinten Glückwünsche. Wohlweislich verdränge ich den Gedanken an die Schwierigkeiten, die mich in ein paar Wochen am unausweichlichen Ende meines »Liebesglücks« erwarten.
»Meinst du nicht auch, Babe?« Randy schwenkt eine Hand vor meinem Gesicht. »Hörst du mir zu?«
»Natürlich, Randy«, lüge ich. Seit der Schilderung seines zweiten Oscar-Gewinns habe ich seinen Zukunftsplänen nicht mehr weiter gelauscht. Diesen Preis wird er natürlich nicht für eine Comedy-, sondern eine ernsthafte Rolle
bekommen, was ihm einen völlig neuen Markt eröffnen wird. Überaus wichtig für eine langlebige Karriere. Denke ich nicht auch?
»Also, was habe ich gesagt?«, will er wie ein gekränktes Kind wissen.
»Also – du hast gerade gesagt...« Ich versuche, seinen Monolog zu rekonstruieren. »Tut mir leid, Randy, du hast recht – gerade dachte ich, es ist ein bisschen spät geworden. Vielleicht sollten wir nach Hause gehen.«
»Okay, ich verzeihe dir deine Unaufmerksamkeit – wenn du überlegst, wie du mich möglichst schnell heimbringen kannst.« Sein Bein schlingt sich um meines, ein geübtes Manöver,
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