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Willkommen in der Wirklichkeit

Willkommen in der Wirklichkeit

Titel: Willkommen in der Wirklichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Anton
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Schließlich fand er es auch nach langem Suchen: Judiths eigene Karte, auf der Neurobiologische Fakultät der Rockefeller University zu lesen stand. Die Karte war alt, abgegriffen und brüchig. Sie sah aus, als hätte er einen Basilisken in ihre Hand gelegt. Als sie ihn wieder ansah, tat sie das mit einem traurigen, mitleidigen Ausdruck.
    Schließlich sagte sie: »Ted, ich werde dir alle Hilfe zuteil werden lassen, die du benötigst.«
    »Welche Art von Hilfe?«
    »Dich anzupassen. Deine Rolle hier zu lernen. Celia und ich sollten gemeinsam imstande sein, dich zu dem Mann zu machen, der du sein müßtest. Ich kann mir augenblicklich nichts anderes vorstellen. Du hast recht, Lithium wird nichts nützen.«
    »Nein«, sagte Hilgard. »Laß Celia aus dem Spiel.«
    »Sie muß es wissen.«
    »Nein«, sagte er. »Sie hält mich für ihren Mann, der unter einer seltsamen Krankheit leidet. Wenn sie herausbekommt, daß ich wirklich ein völlig Fremder bin, dann bin ich verloren. Sie wird mich hinauswerfen und nach einem Weg suchen, ihn zurückzubekommen. Und ich habe in dieser Welt keinerlei Funktion, ich habe lediglich die Identität von Theodore Hilgard.«
    »Du bist Theodore Hilgard.«
    »Ja, und das möchte ich auch weiterhin bleiben. Ich möchte bei Celia bleiben, Marktforschung betreiben und meinen Namen unter Schecks setzen. Du wirst mir dabei helfen, mich anzupassen, das ist gut. Du wirst jede Woche einige Therapiesitzungen mit mir abhalten und mir sagen, wo ich zur Schule gegangen bin, wie meine Freunde heißen, welche Präsidenten es in dieser Welt gibt, wenn überhaupt. Für alle anderen wirst du mir nur helfen, meinen verwirrten Geisteszustand wieder zurechtzubiegen. Du wirst keiner Menschenseele verraten, daß ich nicht hierher gehöre. Früher oder später werde ich dann nämlich doch hierher gehören. Alles klar, Judith? Du siehst, ich habe keine andere Wahl. Es gibt keinen Weg für mich, die Barriere wieder zu überwinden. Ich habe einem anderen Menschen beweisen können, daß ich nicht verrückt bin, und nun muß ich alles zurücklassen und das Leben führen, das ich hier habe. Wirst du mir helfen?«
    »Eine Bedingung«, sagte sie.
    »Welche?«
    »Du bist in mich verliebt. Ich verstehe das, und ich gebe dir keine Schuld. Du kannst nur an deine Judith denken, wenn du an mich denkst. Aber das bin ich nicht. Ich gehöre Ron. Du kannst weiter mit mir flirten, du kannst dich deinem Wunschdenken bezüglich meiner Person hingeben, aber versuch nie, mir zu nahe zu treten. Klar? Du könntest etwas in mir freisetzen, das ich lieber nicht freisetzen möchte, verstehst du? Wir bleiben Freunde. Mitverschwörer. Mehr nicht. Bist du einverstanden?«
    Hilgard sah sie unglücklich an. Es dauerte sehr lange, bis er seine Antwort aussprechen konnte.
    »Ja«, sagte er schließlich.
     
    »Judith hat hier angerufen, während du auf dem Rückweg warst«, sagte Celia. »Sie hat etwa zwanzig Minuten mit mir gesprochen. Oh, Ted … mein armer Ted …«
    »Alles wird wieder gut. Aber es wird dauern. Es kann sehr lange dauern.«
    »Sie sagt, daß diese Amnesien, diese Illusionen, außerordentlich selten sind. Du wirst ein Fall für die Lehrbücher werden.«
    »Herrlich. Ich werde sehr viel Hilfe brauchen, Celia.«
    »Ich werde alles tun.«
    »Ich bin ein Nichts. Ich kenne unsere Freunde nicht, ich weiß nichts über meinen Beruf, ich weiß nicht einmal, wer du bist. Alles ist ausgelöscht. Ich muß alles neu lernen. Judith wird auch tun, was sie kann, aber die wahre Bürde wird Tag für Tag auf deinen Schultern lasten.«
    »Ich bin darauf vorbereitet.«
    »Dann werden wir ganz von vorne anfangen. Wir werden eben das Beste daraus machen. Heute nacht werden wir in einem unserer Lieblingsrestaurants essen gehen – du wirst mir sagen müssen, welches unsere Lieblingsrestaurants sind –, und wir werden den besten Wein des Hauses trinken, vielleicht sogar Champagner, und dann werden wir hierher zurückkehren. Wir werden wie jung Verheiratete sein, Celia, es wird sein wie in unserer Hochzeitsnacht. Einverstanden?«
    »Natürlich«, sagte sie sanft.
    »Und morgen beginnt dann die harte Arbeit. Ich muß mich wieder an die Realität anpassen.«
    »Alles wird zurückkommen, Ted. Keine Sorge. Ich werde dir immer hilfreich zur Seite stehen. Ich liebe dich, Ted. Was auch mit dir geschehen sein mag, daran hat sich nichts geändert. Ich liebe dich.«
    Er nickte. Er nahm ihre Hände in seine. Und dann zwang er sich widerwillig und mit schwerer Zunge

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