Willkommen in Wellville
würden sich um die Post Tavern am anderen Ende der Stadt scharen.
Er brauchte zwanzig Minuten, um das San-Gelände zu erreichen, und als er die funkelnde, höhlenartige Eingangshalle betrat, glühten seine Ohren, und seine Zehen waren abgestorben. Es war nicht viel los, nicht wie bei seinem ersten Besuch, als er sich mit Bender und George vor dem Büro des Alten die Füße in den Bauch gestanden hatte. Damals war eine ganze Parade an ihnen vorbeigezogen, Schwestern, Ärzte, Frauen in Kleidern, wie man sie in Zeitschriften sah, schöne Frauen und weniger schöne Frauen, Muskelprotze, Lacto-Ovo-Vegetarier, ein Geschwader bärtiger Millionäre in Bademänteln (Bender hatte behauptet, ein halbes Dutzend wiedererkannt zu haben – »Nicht die Kleider machen die Leute, Charlie, sondern die Art, wie sie sich halten, vorn und hinten, vergiß das nicht – vorn und hinten«). Aber jetzt war Weihnachten, und es war ziemlich ruhig. Auch gut. Charlie behagte die Vorstellung nicht, dem Doktor oder einem der Gorillas über den Weg zu laufen, die ihn bei seinem letzten unglückseligen Besuch zur Tür hinausgedrängt und auf die Straße gesetzt hatten.
Er konzentrierte sich auf den Mann am Empfang, versuchte, sich ganz zwanglos zu geben, übersah die forschenden Blicke der grüngekleideten Pagen und das Aufblitzen einer weißen Pflegeruniform, die er aus dem Augenwinkel erspähte, und er schritt zielstrebig aus, als wäre er hier zu Hause, als gehörte er hierher, und um ein Haar hätte er eine kleine, zaundürre Frau im Rollstuhl über den Haufen gerannt, die ihr Gipsbein vor sich ausgestreckt hielt wie einen Rammbock. Überschwengliche Entschuldigungen, Lüpfen des Hutes, Verbeugung aus der Hüfte heraus, und auch Ihnen fröhliche Weihnachten, Ma’am, und die ganze Zeit über hielt er nach Kellogg Ausschau, bereit, unter der Hand, die seinen Kragen packte, dem Stiefel, der ihn in den Hintern trat, zu schrumpfen. Er richtete sich auf, starrte den nächsten Pagen in Grund und Boden und erreichte ohne weitere Zwischenfälle die Rezeption.
Der Mann hinter dem Empfangstisch hatte das verkniffene Gesicht und die hellen, rehbraunen Augen eines Schoßhundes. Er stand da, als wäre er an den Boden genagelt, sein Rücken steif wie ein Bügelbrett. »Fröhliche Weihnachten«, sagte er, und sein Lächeln war zuckersüß, triefend, dämlich, »willkommen in der Schule der Gesundheit. Und womit kann ich Ihnen dienen?«
Charlie fragte nach Will Lightbody.
»Lightbody, Lightbody«, murmelte der Mann und suchte in der Namensliste, »ah, hier ist er – Zimmer 517. Soll ich ihn für Sie anrufen?«
Charlie blickte sich um. Am Fuß der Treppe hielt sich ein komischer Kauz mit einem Spazierstock auf, zwei alte Damen standen wie Statuen im Dschungelzimmer, keine Pfleger, keine Ärzte, kein Kellogg: Das war ein Kinderspiel. »Ja, sicher – würden Sie das tun?«
Der Empfangschef nahm das Telephon ab und ließ sich mit Zimmer 517 verbinden. Er lächelte Charlie hartnäckig an, während der Anruf vermittelt wurde, und dann fragte er nach Mr. Lightbody in einem gestelzten, sirupartigen Tonfall, der aus ihm herauströpfelte, als hätte er irgendwo ein Leck. Während der Pause, in der die Antwort erfolgte, beobachtete Charlie, wie sich die Miene des Mannes veränderte – das künstliche Lächeln erstarb, die Unterlippe sank herab, und er stieß einen leisen Laut der Überraschung aus. »Das meinen Sie doch nicht ernst?« sagte er. »Wirklich? Seit wann?« Eine weitere Pause. Charlie spürte, wie sein Herz raste. Schließlich hängte der Mann den Hörer ein und wandte sich ihm zu. »Tut mir leid«, sagte er, »ich habe gerade mit Mr. Lightbodys Schwester gesprochen, und sie sagt, daß er indisponiert sei – daß er sogar ziemlich krank sei. Es scheint, sein Zustand hat sich plötzlich verschlechtert. Sind Sie … ein Verwandter?«
»Ich? O nein. Nein, nein. Ich bin ein Geschäftspartner – das heißt ein Bekannter. Hat die Schwester zufällig angedeutet, wie lange es dauern wird? Bis er wieder Besuch empfangen kann, meine ich.«
Die Schoßhund-Augen hefteten einen schmelzenden, wäßrigen Blick auf ihn. Der Empfangschef brauchte eine Weile, bis er einen priesterlichen Ernst in seinen Tonfall eingearbeitet hatte. »Wir wissen es leider nicht. Bis wir eine Diagnose erhalten – nun, wir wissen nicht einmal, ob –« Er brach ab. »Es sieht ziemlich kritisch aus. Tut mir leid.«
Unter Charlies linkem Auge fing es an zu zucken, um die Wette mit
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