Willkommen in Wellville
Welt anzusprechen.
»Der Boden ist dreckig«, sagte Charlie, »nichts als Staub. Egal, was wir hier zusammenmischen, es wird nach Dreck schmecken.«
Bender war eine Stufe heruntergestiegen und spähte in das trostlose, kalte Kellergewölbe. »Wir legen Teppiche drauf«, sagte er. »Ein halbes Dutzend. Und der Herd wird hier einheizen, stimmt’s, Bart?«
C.W. Posts Ex-Vorarbeiter grunzte zustimmend. »Ich kenne Konzerne, die in so bescheidenen Räumlichkeiten angefangen haben«, sagte er, sprach dabei durch die Nase und schaute sich mit unproportioniert kleinen, erstaunten Augen um. »Die erste Fabrik des Doktors zum Beispiel. Und sein Bruder hat vor zwei Jahren in einer Hütte angefangen, und seht ihn euch jetzt an.«
»Natürlich«, sagte Bender in bedächtigem Tonfall, »müssen wir fürs erste mit Kerzen vorliebnehmen – hierher wurden noch keine elektrischen Leitungen gelegt –, aber denk dran, Charlie, im Augenblick brauchen wir nur Kostproben, nur so viel, um die tausend Schachteln zu füllen, und damit sind wir beim Rennen mit dabei.«
George, der es sich auf einer eingedrückten Kiste in der Ecke bequem gemacht hatte, schnaubte verächtlich. »Beim Hunderennen vielleicht.«
Bender ignorierte ihn. »Charlie? Was meinst du?«
Was er meinte? Seiner Meinung nach war der Keller ein tristes, gottserbärmliches Loch, ein Witz, ein Verbrechen, und beim bloßen Drandenken sank ihm das Herz in die Hosen. Aber es war ein Anfang. Und es war besser, als Bender durch die ganze Stadt zu verfolgen, besser, als im kühlschrankkalten Zimmer bei Mrs. Eyvindsdottir zu brüten oder sich im Onion so vollaufen zu lassen, bis er Georges Normalzustand erreicht hätte. Er zuckte die Achseln. »Es wird gehen«, sagte er schließlich. »Aber nur für den Augenblick. Nur bis wir etwas haben, womit wir die Schachteln füllen können und im Geschäft sind. Dann will ich eine richtige Fabrik – und es ist mir egal, wer davon weiß.«
Bender nickte nur und lächelte. Sein Plan, soweit Charlie eingeweiht war, bestand darin, die tausend Schachteln als Werbemittel in ein paar wenigen ausgewählten Städten des Mittleren Westens einzusetzen – neben Plakaten, Zeitungsannoncen und dergleichen mehr. Ungeniert wie immer hatte er Charlie versichert, daß er diese Kostproben als Köder benutzen wollte, um die großen Fische damit an Land zu ziehen in Form einer Menge Vorbestellungen – fünfzig Prozent Anzahlung, bar oder als Scheck, bei Bestellung. Und dieses Geld würde ihnen die volle Produktion ermöglichen – in einer richtigen Fabrik mit vier soliden Wänden –, wobei sie wieder Geld für Reklame erwirtschafteten. Daß er damit rechnete, daß Will Kellogg einschritt und sie aufkaufte, lange bevor dieses Stadium erreicht war, hatte er Charlie nicht erzählt.
Charlie knöpfte seinen Mantel zu und zog seine Handschuhe an. »Okay, George«, sagte er seufzend, »wir laden am besten den Wagen ab.«
Zwei Tage später waren sie im Geschäft.
Getreu seinen Worten hatte Bender für den Bodenbelag gesorgt – ein halbes Dutzend faulig riechender Teppiche und ein paar schmierige, ausgebleichte Strohmatten, die nach Mehltau stanken. Der Geruch hätte besser sein können, aber das Zeug bedeckte immerhin den Boden und begrub den Staub unter sich. Bookbinder hatte im vereisten Hof ein Zelt errichtet, um die drei Wagenladungen ausgewählten Zahnmais zu lagern, den Bender von Will Kelloggs Toasted Corn Flake Company abgezweigt hatte in einem Schachzug, der in seiner unerhörten Hinterhältigkeit jedem Kontrahenten Sherlock Holmes’ würdig gewesen wäre. Charlie, der die letzten paar Jahre ein ziemlich bequemes Leben geführt, sich als Hochstaplerlehrling in Gasthäusern und Billardhallen herumgetrieben hatte, verbrachte den ersten Tag damit, Holz für den Ofen zu hacken. Er stand auf dem öden Hof, alle seine Finger vor Kälte abgestorben, hob die Axt und ließ sie niedersausen, wieder und wieder, während Bartholomew Bookbinder ein Loch für das Ofenrohr in die Kellerwand schlug und seine invalide Mutter am Fenster im ersten Stock saß und heiter auf das geschäftige Treiben hinunterblickte, als wäre es ein ebenso gewöhnlicher Bestandteil ihres Tagesablaufs wie der Gang auf den Abort. George hätte eigentlich mit dem Holz helfen sollen, aber seine Unterstützung beschränkte sich auf die pure körperliche Anwesenheit. Bookbinder mußte eine Decke über ihn werfen, damit er nicht erfror.
Am Morgen des zweiten Tages war der Ofen so
Weitere Kostenlose Bücher