Willkommen in Wellville
Eleanor.
Eleanor. Seine Eleanor. Seine Frau. Seine große Liebe. Die sich bewegende Hand hielt sie fest, ihre Brustwarzen waren erigiert, ihre Augen fest geschlossen, und sie stöhnte – stöhnte. Wie ein Tier. Es war ein Bild, das er nicht ertrug. Irgend etwas in ihm löste sich, etwas Primitives, Häßliches, und seine Hände suchten zwischen den Blättern nach einer Waffe, der Waffe des Neandertalers, nach einer Keule, einem Knüppel, der harten, gemaserten Mordwaffe. Da war der Knüppel, Eiche, Walnuß, Buche, er schmiegte sich in seine Hand, spitz zulaufend wie ein Baseballschläger, und im nächsten Augenblick stürzte sich Will auf die Gruppe.
Zwei Paar erschrockener Augen – Eleanors, Virginias –, und dann holte er aus und ging von der Seite her auf Badger los, zielte auf den ekelhaften Klumpen geschwollenen Fleisches zwischen den Beinen des Mannes, ein Büschel rostfarbenen Schamhaars, Warzen, Pickel und wumm! ,Volltreffer. Und jetzt wurde die Vorstellung von Musik begleitet, von einem Quieken, als würde ein Schwein geschlachtet, von Kummer und Sorgen und Schmerz, und der Schläger fuhr plötzlich auf den teutonischen Hintern nieder, holte aus, drosch auf ihn ein, und der Mann wandte ihm abrupt das Gesicht zu, so daß ihn der nächste Schlag an der Nasenwurzel traf und die silberne Scheibe des Monokels in hohem, sonnenfunkelndem Bogen in den Fluß segelte. Virginia Cranehill schrie, und er wollte auch sie schlagen, wollte ihr Fleisch bearbeiten, bis es blutete, und das Loch ihres Mundes stopfen, aber er konnte sich gerade noch beherrschen.
Badger wand sich auf dem Boden, eine Blume aus Blut erblühte zwischen den Knöcheln der Hand, die er gegen seine Leiste preßte. Der Unterleibsmanipulator war in die Hocke gegangen und hielt sich die Hände vors Gesicht. Virginia Cranehill, wuchtig in ihrem Kleid aus Fleisch, hörte nicht auf zu schreien. Will hatte kein Wort gesagt. Er stand da – seine Brust hob und senkte sich, die Keule baumelte von seiner Hand – und sah Eleanor an. Sie schrie nicht, winselte nicht, rührte sich nicht. Aber er sah etwas in ihren Augen, was er nie zuvor darin gesehen hatte: Angst. Sie hatte Angst vor ihm. Sie hatte Angst vor dem Ausdruck auf seinem Gesicht und dem Knüppel in seiner Hand, sie hatte Angst vor der Art und Weise, wie sie plötzlich den Boden unter den Füßen verloren hatte. Sie warf rasch einen Blick zu Badger, zum Quacksalber, zu Virginia und wieder zu ihm. Der Blick, mit dem sie ihn ansah, drückte Scham und Schuld aus, eine Bitte, ein Versprechen, aber vor allem diese neue Empfindung: Angst. Will ließ den Knüppel auf die Erde fallen. »Zieh dich an«, sagte er, aber er wartete nicht ab, bis sie reagierte, es arbeitete viel zu schnell in seinem Kopf, und er faßte sie beim Handgelenk, hielt ihre Kleidungsstücke – Liebestöter, Kleid, Strümpfe, Schuhe, Hut – gegen die Brust gepreßt und zog sie mit sich fort, barfuß und nackt, wie sie war, den Weg zurück durch das Birkenwäldchen und weiter.
Nachdem sie ungefähr hundert Meter gegangen waren – und ihre Füße waren ihm scheißegal, sollten sie ruhig bluten –, ließ er ihr Handgelenk los, warf die Kleidungsstücke auf den Boden und befahl ihr, sich anzuziehen. »Es tut mir leid, Will«, flüsterte sie und beugte sich hinunter zu ihrem Kleid. Das Haar hatte sich gelöst und fiel ihr ins Gesicht, ihr Körper war schlank und golden, gebräunt bis auf die letzte Falte, reif wie eine Frucht. »Ich schäme mich so.«
Er wollte es nicht hören, wollte es nicht wissen. Die Wut und der Schmerz – nie zuvor hatte er Ähnliches erlebt. Er zitterte, knirschte mit den Zähnen, ließ Wut und Schmerz durch sich hindurchfließen, als wäre es Blut oder Treibstoff – und er würde nicht zulassen, daß sie sich in seinem Magen niederließen, dort nicht, nicht mehr. In der Ferne schrie Virginia Cranehill. Die Sonne schien durch die Bäume. Er hielt diese Wut, diesen Schmerz in seiner Kehle fest, holte sie herauf und käute sie wieder.
Eleanor beeilte sich mit dem Anziehen. Sie sah ihn nicht an, tat plötzlich geschäftig, schrecklich geschäftig. Trotz seines Schocks und seiner Abscheu und der heftig brodelnden Welle der Eifersucht, die an ihm fraß wie Säure – er würde sie nie wieder anrühren, nie wieder –, merkte er, daß er wider Willen steif wurde, während er ihr zusah, steifer als es je ein Gürtel aus dem Versandhandel oder eine dralle Krankenschwester bewerkstelligen konnte. Ihre Beine, er
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