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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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zweiter, maskierter Typ stürmte zur Tür herein.
    Was Max und auch Lester richtig an die Nerven ging, war die Tatsache, dass die Eindringlinge nicht ein Wort sprachen und offensichtlich keinerlei Interesse an Koks oder Crack hatten. Der Maskierte kontrollierte die Situation mit seiner Waffe, während der andere den gesamten Stoff ins Bad trug, ihn dort ins Klo schüttete und herunterspülte. Er schien sogar dabei zu lächeln, zumindest tat es ihm nicht Leid, das Gift zu vernichten.
    Erst als das Schauspiel vorüber war, wagte Max den Kopf zu heben. »Habt ihr auch nur den Hauch einer Ahnung, wem ihr hier die Tour vermasselt?«
    Der Typ mit dem Kopfverband sah ihn nachdenklich an. Eigentlich wirkte er fast sympathisch, ein wenig verwegen vielleicht durch den Verband, aber das Gesicht sprach von Intelligenz und einem Hang zur Ironie. Ein Drogenfahnder möglicherweise, dachte Max. Einer, der lange auf diese Gelegenheit gewartet hatte. »Wenn ihr uns sagt, wer euch geschickt hat«, Max rettete sich in die Verbindlichkeit, »könnten wir vielleicht eine Lösung finden.« Als Reaktion darauf wurde der Gesichtsausdruck des Mannes zusehends undurchdringlich; Max lief ein Schauder über den Rücken. Als der Mann endlich zu sprechen begann, standen seine Worte kalt und präzise im Raum. »Richte Kepler aus, dass sich das jederzeit wiederholen könnte.«

    ZWANZIG

    Die Hälfte der Leute, die sich am Freitag zur Auto-Auktion für Wagen der Luxusklasse einfanden, wusste, dass Bax für die Abteilung Autodiebstahl tätig war; somit war es ihm schlechterdings unmöglich, selbst Gebote abzugeben. Er war auf Erkundungstour. Zweimal machte er die Runde durch die Halle, betrachtete gelangweilt die Reihen glänzender Hondas, BMWs, Saabs, Audis und Toyotas des oberen Preissegments, als sei er nur vorbeigekommen, um jene vor den Kopf zu stoßen, die wussten, dass er ein Cop war.
    Es amüsierte ihn, wie sich vier dubiose Autohändler bei seinem Anblick durch einen Seiteneingang verdrückten und einige andere in den dunkleren Ecken der weitläufigen Halle ihre gemurmelten Telefonate oder konspirativen Gespräche unterbrachen. Er machte sich einen Spaß daraus, wie aus dem Ei gepellt an diesen Stretchjeans und Dauerwellen vorbeizuschlendern, in deren Mitte er und sein silbergrauer Maßanzug so exotisch wirkten wie eine Piaget auf einem Tablett mit Give-aways. Der Rest der Anwesenden waren Kleinhändler aus den Vorstädten, auf der Jagd nach der ultimativen Gelegenheit, und die nahmen von Bax keine Notiz. Er machte eine dritte Runde, bekam noch ein halbherziges Gebot für ein restaurierungsbedürftiges Modell eines Jaguar E-Type aus den späten Sechzigern mit und verließ die Halle.
    Draußen wartete Axle in seiner japanischen Schrottmühle auf ihn. Die Karosserie war kanariengelb, die Fahrertür weiß und die Klappe des Kofferraums schimmerte lindgrün. Nicht zum ersten Mal stellte Bax sich die Frage, wie ein gewiefter Autodieb, der in null Komma nichts in South Yarra einen Porsche nach dem anderen knackte, Freude an einem umgebauten Gartenstuhl haben konnte.
    Er schlüpfte auf den Beifahrersitz. Axle hatte eine Cassette eingelegt, auf der ein amerikanischer Entertainer einen Gag nach dem anderen herunterleierte. Der Komiker klang, als stünde er kurz vorm Suizid. Bax wollte gerade etwas sagen, als Axle ihn mit einer energischen Geste abwürgte. »Hör dir das an!«
    Bax hörte es sich an. Die Stimme des lebensmüden Komikers wand sich vom Band: »Letztens bin ich in einem Restaurant gewesen, das mit folgendem Slogan wirbt: ›Frühstück rund um die Uhr‹, also hab ich ’ne Rolex im Schlafrock bestellt.« Bax musste unwillkürlich grinsen. Axle stellte den Cassettenrecorder ab. Sein verwüstetes Gesicht hatte Farbe angenommen und Tränen standen in seinen Augen. »Steve Wright. Ich könnt mich jedes Mal bepissen vor Lachen. Und ... was gefunden?«
    »Nr. 19«, sagte Bax. »Weißer Honda Prelude mit kapitalem Heckschaden.« Er zog einen Umschlag aus der Tasche. »Hier. Fünftausend. Vielleicht wird auch mehr geboten, aber ich glaub’s nicht.«
    Axle nahm den Umschlag und steckte ihn in seine Jeansjacke, die er unabhängig von den Jahreszeiten ständig trug. »Alles klar.«
    »Lass dir ’ne Quittung geben, erledige den Papierkram und sieh zu, dass der Wagen in der Mesic-Werkstatt in Flemington landet.«
    »Was, diesmal nicht nach Richmond?«, fragte Axle erstaunt.
    Bax konnte Axles Irritation nachvollziehen, ging es ihm doch genauso.

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