Willkür
»Nein, verdammt noch mal, der ältere Bruder ist wieder da und hat beschlossen, die Klitsche in Richmond zu verkaufen.«
»Ach,« sagte Axle.
»Los, an die Arbeit und danach machen wir uns auf die Suche nach einem anderen weißen Prelude.«
»Alles klar«, sagte Axle und stieg aus dem Auto. Nach einer Weile schob Bax die Cassette wieder hinein. Er hörte sie bis zum Ende und musste ständig lachen. Draußen machte ein schneidender Wind den Passanten das Leben schwer und die Probleme mit den Mesics und seine Schulden beim Buchmacher schwebten wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf, doch für einige Augenblicke war die Welt zumindest hier drinnen wieder in Ordnung.
Vierzig Minuten später war Axle zurück. »Drei Sieben Fünfzig«, sagte er.
»Sehr gut.«
Axle drehte den Zündschlüssel. Nach einer Fehlzündung rumpelte der Wagen im Leerlauf. »Ein weißer Prelude«, murmelte Axle vor sich hin.
»Der Parkplatz vom Prahran Market?«
Axle schüttelte entschieden den Kopf. »Auf keinen Fall. Da ist dieser Wachturm mit den Typen, die den Kunden freie Parkplätze zuweisen. Wir probieren’s beim Chaddie.«
Bis zum Chadstone Einkaufszentrum waren es dreißig Minuten. Zehn Minuten kurvten sie über den riesigen Parkplatz. Plötzlich hielt Axle an und sein Gesicht strahlte. »Da drüben!«
Eine junge Frau schloss gerade einen weißen Prelude ab und stöckelte auf hohen Absätzen los in Richtung Myer. Bax starrte wie gebannt auf das Spiel der Hüften in diesem Business-Outfit aus Etuirock und Blazer mit Schulterpolstern. Stella Mesic im Hinterkopf, machte es ihn an, wie sich die Waden anspannten, und er versuchte zu erkennen, ob sich das Höschen markierte.
»Hallo, aufwachen!«, rief Axle und bewegte die Hand vor Bax’ Gesicht auf und ab.
»Wir warten, bis sie drin ist«, entschied Bax. »Und dann noch ein paar Minuten, falls sie was vergessen hat und zurückkommt.«
»Wie du meinst.«
Sie beobachteten, wie die Frau sich an das Ende einer Schlange vor einem Geldautomaten stellte. Vier Leute standen vor ihr und es ging nur langsam voran. Die beiden Männer seufzten gleichzeitig und ließen sich in ihre Sitze zurückfallen. Nach einer kurzen Pause fragte Bax: »Sag mal ... Axle ... ist das dein richtiger Name?«
Axle grinste. »Na klar. Das ist mein richtiger Name! Axel. A-x-e-l. Skandinavisch.«
Bax nickte. »Axel«, wiederholte er mit besonderer Betonung auf der zweiten Silbe.
»Genau.«
Sie warteten. Als die Frau endlich ins Einkaufszentrum verschwunden war, griff Axel nach hinten und holte einen schwarzen Metallkasten von der Rückbank, auf dem mehrere Schalter und eine Wählscheibe angeordnet waren. Außerdem verfügte der Metallkasten über eine Teleskopantenne. Axel zog die Antenne heraus und richtete den Kasten auf den Prelude. Bax stellte keine Fragen. Bei dem Gerät handelte es sich um einen Funkscanner, den Axel bereits in Bax’ Gegenwart eingesetzt hatte. Auf der Heckscheibe des Prelude prangte ein Aufkleber von Honda, ein Hinweis, dass das Fahrzeug mit einer Alarmanlage ausgestattet war, und Axel machte sich jetzt daran, diese Alarmanlage zu deaktivieren. Seine geniale Trickkiste würde ein Signal aussenden, das dem entsprach, das die Besitzerin aussendete, wenn sie auf ihren Autoschlüssel drückte, um den Wagen zu entriegeln.
Der Scanner ging die Frequenzen durch; die Zahlen auf der Digitalanzeige veränderten sich in einem rasanten Tempo, bis sie plötzlich stehen blieben. »Bingo«, kommentierte Axel das Resultat.
Sie verloren keine Zeit. Bax setzte sich hinter das Steuer der Schrottmühle, wartete, bis Axel den Prelude geentert hatte, und fuhr dann auf die Dandenong Road, Richtung Flemington. Axel folgte ihm in dem gestohlenen Auto.
Äußerlich schien Mach-One Motors in der Flemington Road eine jener für Vororte typischen Tankstellen mit angeschlossener Werkstatt zu sein. Offizieller Eigentümer war ein gewisser Charles Willis, nur handelte es sich bei Charles Willis um eine Kopfgeburt des alten Mesic und die Zapfsäulen und Hebebühnen waren nur Staffage, um die wirklichen Geschäfte dieser Klitsche zu tarnen.
Bax parkte die Schrottmühle und hupte zweimal. Am anderen Ende der Werkstatt wurde eine massive Rolltür nach oben gekurbelt. Er blieb vorerst im Wagen. Nachdem Axel mit dem Prelude hineingefahren war, folgte er zu Fuß. Hinter ihm wurde die Rolltür mit einem Krachen wieder heruntergelassen.
Der Raum hatte die Ausmaße einer Scheune. Rings an den Wänden des Schuppens
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