Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
Vom Netzwerk:
zielte dabei immer auf das Wesentliche. Also nippte er an seinem Tee und lehnte sich zurück.
    »Dir ist sicher aufgefallen, dass in Sydney eine Menge Büroflächen nicht vermietet sind.«
    »Genau wie in Melbourne«, erwiderte Wyatt.
    »Das bereitet den Jungs von den Immobilienfirmen reichlich Kopfzerbrechen. Deshalb locken sie mit großzügigen Angeboten. Eins davon hat offensichtlich das Interesse des Syndikats geweckt: die ersten sechs Monate mietfreie Nutzung.«
    Wyatt hob unmerklich den Kopf; er ahnte, worum es ging. »Bezugsfertige Räume.«
    »Genau. Man gründet eine Scheinfirma, die diverse Büroräume anmietet, vorzugsweise ganze Etagen. Ein armes Schwein, das dem Syndikat noch was schuldig ist, gibt’s immer. Der Typ muss die Räumlichkeiten einrichten, ein paar Mädels anheuern, für genügend Suff sorgen. Dann die Spieltische und den dazugehörigen Kram, und schon kann einmal pro Woche die heißeste Zockernacht Sydneys losgehen. Allerdings nur für Eingeweihte.«
    »Bargeld?«
    »Zu riskant. Es sind nur Jetons zugelassen. Die Spieler besorgen sie sich an einem ganz bestimmten Ort, fahren mit dem Taxi ins mobile Casino und lassen sich dann freiwillig tagelang einschließen. Die Anzahl der Teilnehmer ist auf sechs beschränkt, dann sind noch drei oder vier Vasallen als Aufpasser da und ein paar Mädels.«
    »Waffen?«
    »Sind nicht erlaubt. Die Jungs vom Syndikat tragen natürlich welche.«
    »Einmal pro Woche?«
    »Genau. Das ganze Jahr hindurch. Wird die erste Miete fällig, zieht die Karawane weiter zur nächsten Immobilie.«
    Wyatt seufzte gedankenverloren. Die betrügerischen Machenschaften des Syndikats — seien sie auch noch so clever — waren unwichtig. Wichtig hingegen war ein Schlag, der nachhaltig sein musste.
    »Wann startet die nächste Runde?«
    Jardine grinste. »Heute Nacht.«
    Beide waren sie mit ihren Überlegungen beschäftigt und schwiegen. Zweimal hatten sie Operationen des Syndikats torpediert, schnell und effektiv. Das mobile Casino war als Nächstes fällig. Diesmal ging es darum, die schwerreichen Zocker derart zu verschrecken, dass sie nie wieder an einem der illegalen Spieltische Platz nehmen würden, gleichgültig, wie viel Entschädigung oder Schweigegeld Kepler ihnen auch anbieten mochte. Sollte sich Kepler danach weigern, mit Wyatt zu reden, würde die nächste Aktion folgen.
    Der Makler, der sie gegen ein Uhr mittags im Foyer des Bellcourt Buildings erwartete, war jung; ein dünner Endzwanziger mit kurzem Haar, der von seinem dunklen Zweireiher fast erdrückt wurde. Um seine handbemalte Seidenkrawatte vorzuführen, hatte er den Mantel offen gelassen und in der Hand hielt er ein Mobiltelefon. Jardine und Wyatt trugen ebenfalls Anzüge. Ein kurzer, prüfender Blick auf ihre Garderobe und der Makler entschied, dass diese beiden Herren zu den weniger wichtigen Klienten zählten. »Eine Fachzeitschrift?«, fragte er, sichtlich bemüht, ein wenig Begeisterung zu zeigen.
    »Sehr richtig. ›Ceramics Quarterly‹, um genau zu sein«, erwiderte Jardine.
    »Alles von der Kloschüssel bis zur Keramikvase«, ergänzte Wyatt.
    »Wir brauchen viel Platz«, fuhr Jardine fort, »für Schreib- und Layouttische, Computer und so weiter.«
    Mittlerweile hatten sie den Empfangstresen in der Mitte des Foyers erreicht, wo der Dienst habende Portier über einer Ausgabe des Daily Telegraph döste und ab und zu einen müden Blick auf die Überwachungsmonitore warf. Der Makler trug sich in das Besucherbuch ein und geleitete Jardine und Wyatt zum Aufzug. »Keramik. Klingt interessant«, bemerkte er, als sie den Fahrstuhl betraten.
    Jardines und Wyatts Wissensvorrat in Sachen Keramik war bereits erschöpft, doch hier ging es um einen Job, also hielten sie an ihren Rollen fest, tauschten keine Blicke und zwinkerten sich nicht zu. »Ist der Empfang Tag und Nacht besetzt?«, fragte Wyatt.
    »Nein, ab achtzehn Uhr ist dort niemand mehr. Dann brauchen Sie eine Magnetkarte, um in das Gebäude zu gelangen.«
    Wyatt nickte. In der sechsten Etage stiegen sie aus. Vor ihnen lag ein großzügiger unmöblierter Raum. Es roch nach neuem Teppichboden.
    »Da wären wir also«, sagte der Makler und wies mit der Hand auf die cremefarbenen Wände und eine stabile Tür am anderen Ende der Etage. »Das Stockwerk darüber steht leer. Das darunter wurde vor ein paar Wochen vermietet. Finanzberater. Von denen hört man keinen Mucks.«
    Jardine ging ein paar Meter in den weitläufigen Raum hinein. Wyatt folgte ihm. Sie

Weitere Kostenlose Bücher