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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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›Codiaeum‹. Dazwischen erkannte er die wie mit feinem Raureif überzogenen blaugrünen Blätter des Eukalyptus. Scheffleren, Orangen- und Zitronenbäumchen in Terrakotta-Töpfen standen in Reih und Glied längs des Kiosks, einer Konstruktion aus rustikalen Holzplanken, die an eine Almhütte erinnerte. Drinnen, auf den Regalen, wurden diverse Fläschchen mit Aromaölen, mexikanische Glasvasen in Blau und Grün, Kristall und Tonenten präsentiert. Da sich die Kundschaft an diesem Samstagnachmittag offenbar verabredet hatte, ausschließlich Rosen, Nelken oder Freesien zu kaufen, fristete der Rest des Angebots ein Schattendasein.
    Ein weißer Bentley hielt am Straßenrand. Er gehörte Kepler und Wyatt hatte ihn erwartet. Kepler selbst saß nicht im Wagen. Jardine zufolge war der Fahrer nur ein Fahrer, der Typ im Fond hingegen war Towns, Keplers Mastermind. Regelmäßig am Samstagnachmittag hielt der Wagen vor dem Kiosk. Erst kaufte Towns Rosen, dann holte er seinen Chef von dessen Penthouse in Darling Harbour ab, wo sich Kepler neben den Geschäften auch um seine Geliebte kümmerte. Anschließend fuhr man gemeinsam zum Anwesen an der Küste. Seiner Frau machte Kepler weis, er verbringe den Nachmittag beim Galopprennen. Möglicherweise erteilte er sich mit Hilfe der Rosen eigenmächtig die Absolution.
    Wyatt beobachtete, wie die hintere Wagentür aufging. Er stand hinter einem Ständer mit Postkarten, der zu einem Zeitungskiosk gehörte, und hatte freie Sicht auf den Innenraum des Bentley. Von dem Chauffeur sah er nur das dunkle Jackett und die spitz zulaufende Kappe. Towns trug einen dunklen Anzug und auf Hochglanz polierte Schuhe. Er saß allein auf der Rückbank; jetzt stieg er aus, streckte den Oberkörper, vermutlich um eine leichte Verspannung im Rücken zu lockern, dann bahnte er sich seinen Weg durch die Gruppen der Fußgänger. Unterdessen stand der Wagen am Bordstein, mit laufendem Motor und halb offener Tür.
    Zunächst hatte Wyatt daran gedacht, im Bentley auf Towns zu warten. Doch diese Variante warf Fragen auf. Was, wenn Towns ihn dort zu früh entdeckte und verschwand? Oder wenn der Fahrer den Helden spielen wollte und auf die Hupe drückte? Der Fahrer könnte auch einfach losfahren, ohne Towns. Also wartete Wyatt, bis Towns die Rosen gekauft hatte und wieder Richtung Wagen ging. Ein Mann ist relativ hilflos, wenn er sich mit Rosen im Arm vorbeugen muss, um in ein Auto zu steigen. Als Towns am Bentley war und sich in den Wagen beugte, um zuerst die Rosen abzulegen, setzte sich Wyatt in Bewegung. Er trug ebenfalls einen Anzug und die Passanten hätten ihn allenfalls für einen ungeduldigen Zeitgenossen halten können, so, wie er Towns von hinten in den Wagen schob und dann die Tür hinter sich zuzog. Zumindest hatte die Szene nichts Ungewöhnliches, zumal die Reichen bekanntermaßen nach eigenen Regeln handelten.
    Der Fahrer trug eine Sonnenbrille. Er atmete hörbar durch den Mund und hatte sein Gesicht tief in den Sportteil des Daily Telegraph versenkt. Als der Wagen leicht schaukelte, faltete er die Zeitung zusammen und legte sie beiseite. »Alles klar, Boss?«
    Jetzt erst sah er Wyatt. Seine Hand wanderte unter das Jackett und er wollte sich gerade umdrehen, als Wyatt ihm die .38er zeigte. »Lass das«, sagte Wyatt knapp. Ebenso gut hätte er auch mit einer Maschinenpistole fuchteln können, die Scheiben waren getönt und von außen nicht einsehbar. »Ich will mich nur unterhalten. Fahr einfach ein paarmal um den Block.«
    »Boss?«
    Towns verzog das Gesicht. »Tu, was er sagt.«
    »Erst die Waffen«, forderte Wyatt.
    Er steckte die beiden Waffen ein, der Bentley fuhr an und glitt lautlos durch den Verkehr. Im Innenraum roch es nach Leder, Aftershave und Aggression. Wyatt lehnte sich gegen die Tür und betrachtete Towns. Ein liebenswürdiger, gebildeter Gentleman mit wachem Verstand, dessen Geschäfte vor einem Mord nicht Halt machten. »Haben Sie mal die Möglichkeit in Betracht gezogen, die U-Bahn zu nehmen?«, fragte Towns sanft. »Dort hinten. Am Ende der Treppe.«
    Wyatts Blick war starr auf ihn gerichtet.
    »Ich vermute, Sie sind der Scheißkerl, der uns ins Handwerk pfuscht«, sagte Towns scharf. »Was wollen Sie eigentlich unter Beweis stellen?«
    Wyatt ignorierte die Frage. »Vielleicht helfen Ihnen zwei Namen aus jüngster Vergangenheit weiter. Bauer und Letterman.«
    Towns sah mit einem Mal erschöpft aus. »Wyatt.«
    »Ihr habt mir Bauer auf den Hals gehetzt, ich hab ihn ausgeschaltet. Ihr

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