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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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fürchte, ich kann Ihnen da nicht behilflich sein.«
    Wyatt holte seine Brieftasche hervor, nahm fünfzig Dollar heraus, legte sie auf den Schreibtisch, ließ aber die Hand auf dem Schein ruhen. »Verstehe«, sagte er. »Wenn ich kurz die Pläne für das in Rede stehende Grundstück einsehen dürfte, könnte ich mir über alle relevanten Details Notizen machen.« Während er sprach, schob er Thomas den Schein Millimeter für Millimeter entgegen. »Foliantennummer, Abstände, solche Sachen eben.«
    Thomas’ Hand schnappte sich den Schein. »Also gut, mal sehen, was ich für Sie tun kann.«
    Ein paar Minuten später kam er mit einem Stapel Akten zurück. »Nebenan ist ein Tisch, da können Sie sich setzen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie — «, er verstummte.
    Wyatt beendete den Satz für ihn: »Es nicht an die große Glocken hängen würden. Kein Problem.« Er hielt Thomas weitere zwanzig Dollar hin und sagte: »Und Sie haben mich nie gesehen.«
    Eine halbe Stunde später verließ Wyatt das Büro. Nun kannte er nicht nur die genauen Abmessungen der Zaunanlage und des Grundstückes, er hatte auch die Grundrisse beider Gebäude in Form von Skizzen, die er angefertigt hatte, inklusive Lage von Fenstern, Türen, Treppen. Ferner hatte er den Verlauf der Gas-, Wasser- und Stromleitungen skizziert, die Position der Sicherungskästen und die Details der Telefonanlage. Wenn es so weit war, würde er sich mit geschlossenen Augen auf dem Anwesen bewegen können.
    So fern er einen Weg gefunden hatte, auf das Gelände zu gelangen.

    DREIßIG

    Am Mittwochnachmittag lieferte Rossiter Bolzenschneider, Plastiksprengstoff und Funkgeräte. Als er weg war, sah sich Wyatt die Bolzenschneider genauer an. Sie kamen aus Taiwan, waren schlecht verarbeitet und zu klein. »Los, wir müssen einkaufen«, sagte er zu Jardine. Da er vermeiden wollte, dass irgendein Verkäufer eines Baumarktes sich irgendwann an ihre Gesichter erinnern würde, sagte er: »Wir versuchen’s bei Pfandleihen.« Er fühlte sich auf seltsame Weise mit Pfandleihern verbunden, wurden sie doch ständig von den Cops mit Listen gestohlener Gegenstände belästigt. »Smith Street«, sagte Wyatt zu Jardine, der am Steuer eines der beiden Wagen saß, die sie gemietet hatten. Die Fahrt verlief wie immer schweigend. Erst als sie in einem Verkehrsstau in Clifton Hill festsaßen, wo Bauarbeiter sich an den Straßenbahngleisen zu schaffen machten, erzählte Jardine:
    »Diese Mesic hat was mit einem Typen.«
    Wyatt sah ihn fragend an.
    »Sie haben sich gestern Mittag getroffen und heute schon wieder.«
    »Wo? Bei ihr?«
    Jardine schüttelte den Kopf. »Ich hatte beschlossen, ihr zu folgen. Sie waren außerhalb verabredet und sind dann in ihrem Wagen zu einem Apartmenthaus in South Yarra gefahren.« Er zog einen Zettel aus der Jackentasche. »Hier, die Adresse.«
    »Beschreibe ihn.«
    »Ziemlich groß und schlank, gestern trug er einen Anzug, heute legeres Zeug, aber teuer. Trotzdem, wie ein Manager kommt der mir nicht vor, wenn du verstehst, was ich meine. Scheint extrem vorsichtig zu sein, hat sich ständig umgeschaut, als er in ihren Wagen gestiegen ist, auch als sie das Apartmenthaus betreten haben. Er selbst fährt einen roten Sportwagen. Frag mich nicht, welche Marke.«
    »Den hab ich gesehen«, sagte Wyatt. »Sie haben sich sonst bei ihr zu Hause getroffen. Offensichtlich sind sie vorsichtiger geworden.«
    In Colinwood stellte Jardine den Wagen vor einem vietnamesischen Lebensmittelgeschäft ab. Wyatt fütterte die Parkuhr und bedeutete Jardine mit einem Nicken, ihm zu folgen. Seit eh und je war die Smith Street die Adresse für dunkle, verstaubte Möbelgeschäfte, griechische Cafés, Secondhandläden und alle Arten von Discountern, doch die Wirtschaftskrise hatte auch die Ansiedlung von Pfandhäusern befördert.
    Die Schaufenster des ersten Leihhauses, das Wyatt und Jardine aufsuchten, waren vergittert und große Aufkleber versprachen: »Wir nehmen alles«. Wyatt und Jardine betraten den Laden.
    Drinnen saß ein Mann hinter dem Tresen und las; er kaute auf den Enden seines Schnurrbartes, völlig versunken in seine Lektüre. Als er hörte, wie die beiden eintraten, legte er das Buch sofort beiseite. »Kann ich Ihnen helfen, meine Herren?«, fragte er mit einem strahlenden Lächeln.
    »Ich suche einen Bolzenschneider, möglichst groß«, erwiderte Wyatt.
    »Bolzenschneider, Bolzenschneider ... einen Moment bitte.« Er sah in sämtlichen Vitrinen nach und kam dann mit

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