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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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in der Lage. Er fühlte sich wie ein Hamster in einem Laufrad durch diese Operation, die so ganz ohne Reiz und noch dazu nicht mal seine eigene war. »Mein Gott«, murmelte er verbittert.
    Jardine ließ das Fernglas sinken und sah Wyatt an. Er wusste, was in ihm vorging. »Endspurt, alter Junge.«
    »Ist das hier erst mal vorbei, lass ich die Finger von irgendwelchen Banden, Amateuren oder zweifelhaften Coups«, entfuhr es Wyatt gallig.
    »Alles schön und gut«, sagte Jardine, »aber morgen Nacht wollen wir denen da drüben auf den Pelz rücken und es stellt sich immer noch die Frage: Wie kommen wir rein?«
    Darauf wusste auch Wyatt keine Antwort. Jardine setzte das Fernglas wieder an und nahm das Grundstück weiter in Augenschein. Kurz darauf sagte er: »Na, da ist er ja. Nach dem kannst du die Uhr stellen.«
    »Wen meinst du?«
    »Victor. Kommt gerade aus dem Fitness-Studio.«
    Die Härchen auf Wyatts Unterarmen richteten sich plötzlich auf und mit einem Mal war er hellwach. »Dieses Fitness-Studio hat nicht zufällig einen netten dunklen Parkplatz?«

    EINUNDDREIßIG

    Das Mesic-Mäuschen hatte ihm vorgeschlagen, die zehntausend Dollar direkt bei ihnen in Templestowe abzuholen, doch er hatte dankend abgelehnt. Er war einmal dort gewesen und einmal war genug. Was, wenn die Bundespolizei oder zivile Fahnder die Brüder bereits observierten? Dann wären sie jetzt nicht nur im Besitz seines Konterfeis, sondern hätten inzwischen auch seinen Kombi überprüft. Für den Fall der Fälle hatte Napper sich eine Geschichte zurechtgelegt, die zur Hälfte auf Fakten basierte, genauer gesagt auf der Festnahme eines Jugendlichen, den er dabei erwischt hatte, wie er auf einem Gelände der Mesics Gebrauchtwagen eigenwillig mit Graffiti verschönert hatte. Misstrauisch geworden, habe er diese Spur eben in seiner Freizeit weiter verfolgt. Einen zweiten Auftritt bei den Mesics so zu rechtfertigen, hieße, das Glück herauszufordern. Nicht einmal ein frisch gebackener Constable würde ihm das abkaufen.
    Also hatte er seine Bude vorgeschlagen, vielleicht ging ja da was mit Stella Mesic. Doch die hatte nur gelacht. »Ich und zu einem Cop in die Wohnung? Vergessen Sie’s.«
    Sie hatten sich auf einen neutralen Ort geeinigt, den Parkplatz neben dem Bootshaus in Fairfield. Das Fairfield Hospital für Infektionskrankheiten war ganz in der Nähe und Napper stellte sich unsichtbare Mikroorganismen vor, die durch die Luft schwebten, sich in seinen Lungen festsetzten, um in fünf bis zehn Jahren als Krebsgeschwür auf seinem Schwanz wieder aufzutauchen. Er saß im Auto, die Scheiben hochgekurbelt, starrte auf den Fluss und auf die zu habgierigen Ungeheuern mutierten Enten, während seine Gedanken um die Klinik kreisten, die ihren infektiösen Mikromüll nur einen Steinwurf entfernt ausstieß.
    Es war Mittwochnachmittag, Viertel nach fünf, und von Stella Mesic keine Spur. Vielleicht steckte sie im Stau fest. Läufer und Radfahrer flitzten am Rand des Parkplatzes vorbei. Es standen noch andere Autos hier, auch einige Kleinlaster, doch aus irgendeinem Grund schien sich jeder nur für seine alte Kiste zu interessieren. Im Rückspiegel erhaschte Napper das eine oder andere Grinsen der Vorbeifahrenden. Okay, die Mühle war alt und mitgenommen und durch die Löcher im Boden sah man den Auspuff, aber so schlimm, dass man sich darüber totlachen musste, war’s nun auch wieder nicht. Er zuckte die Schultern, spielte ein bisschen am Autoradio und beobachtete, wie einer von den Jung-Dynamischen sich den mühsam erarbeiteten Sport-Schweiß mit einem Handtuch abwischte, dann in seinen Porsche stieg und davonschoss. Napper grinste verächtlich.
    Siebzehn Uhr zwanzig. Ein XJ6 fuhr auf den Parkplatz, Stella Mesic am Steuer. Napper beobachtete sie erst eine Weile. Sie war allein gekommen. Es war ihr niemand gefolgt. Er stieg aus, ging auf dem knirschenden Kies auf ihren Wagen zu, öffnete die Beifahrertür und ließ sich in das weiche Lederpolster fallen.
    Kein Lächeln ihrerseits, keine Begrüßung, nicht mal eine besorgte Miene, nur ein unterkühltes Nicken. Napper roch ihr Parfum, einen diskreten, teuren Duft. Dann drehte sich die Frau langsam zur Seite und sah ihn an. Er hörte das leise Rascheln von Seide auf ihren Oberschenkeln.
    »Nun, Sergeant Napper, Parkplatz am Fairfield Bootshaus, Mittwoch um siebzehn Uhr, ich fürchte, ich habe mich etwas verspätet.«
    »Kein Problem.«
    Er wartete. Doch von ihr kam nichts mehr. Das brachte ihn in

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