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Willkür

Willkür

Titel: Willkür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Disher
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schäbigen Aktentasche griff und die Schnallen öffnete. Er holte ein gefaltetes Papier heraus, wedelte damit in der Luft, um sich dann mit seiner Lieblingsbewegung, seitlichem Abrollen, aus der klammen Umarmung des Vinyls zu befreien. Er trottete hinüber zu ihr und stieß ihr spielerisch sein Knie gegen die Schulter. Sie sah hoch und schnappte sich das Papier, Nappers schärfste Waffe nur einen Zentimeter von ihrem Gesicht entfernt. »Entlassungsbescheid«, sagte Napper und presste sein Knie fester gegen ihre Schulter. »Fehlt nur noch meine Unterschrift.«
    Eileen zog die Schultern hoch und lehnte sich gegen das Bettzeug, das auf dem Boden lag. Der Prozess gegen Niall wurde Anfang nächsten Jahres eröffnet, bis dahin wurde er auf Kaution freigelassen. Sie murmelte etwas vor sich hin.
    »Wie bitte? hab dich leider nicht verstanden.«
    »Danke.«
    Napper schlüpfte zu ihr unter die Decke. Sie hatte keine Ahnung, warum es immer auf dem Boden abgehen musste. Vielleicht war das Bett heilig und nur für seine Freundin reserviert. Vielleicht war Boden für ihn gleichbedeutend mit Dreck und sie war ebenfalls Dreck in seinen Augen, in dem er sich ab und zu gern wälzte. Nach einer Weile wollte er wissen, wie sie von hinten aussah, also mühte sie sich auf die Knie und stützte sich mit den Händen ab. Es hatte etwas Tröstliches, das Gewicht ihrer schweren Brüste und ihres üppigen Bauches zu spüren, also ließ sie ihn gewähren. Ross war an allem schuld. Nicht einen Finger hatte er krumm gemacht, um dem Sohn zu helfen. »Du bist eine wunderschöne Frau«, sagte Napper, als er in sie eindrang.
    Eileen wusste, dass Niall in seinem Zimmer noch eine zweite Armbrust versteckt hatte. Gott, sie hätte alles darum gegeben, Napper damit zu erschießen, genau in diesem Moment. Als der fette Sergeant endlich abgespritzt hatte, legte sie sich sofort wieder die Decke um die Schultern, ignorierte das Feuchte zwischen ihren Beinen und rutschte vor die Heizung, während Napper den Wasserkocher einschaltete. Mit zwei Tassen Nescafé kam er zurück. »Also ist Wyatt den Handel wert?«, fragte sie.
    Napper liebte es, über seine Arbeit zu reden; im Nu wurde sein Mund zu einem schmalen Strich in dem breiten Gesicht. »Hab ein paar Nachforschungen über ihn angestellt.«
    »Und?«
    »Das Meiste ist reines Hörensagen. Man hat ihn nie geschnappt, muss ’n harter Brocken sein.«
    »Sag ich doch. Was hast du sonst so über ihn rausgekriegt?«
    Napper begann an den Fingern abzuzählen. Es waren dicke, kurze Finger, die Nägel abgekaut bis zum Fleisch. »Erstens, er ist einer von der alten Schule, spezialisiert auf bewaffnete Raubüberfälle. Zweitens, er arbeitet selbstständig und stellt für jeden Job ein neues Team zusammen. Drittens, irgendeine Gang aus Sydney will ihm ans Leder. Er hat wohl seine Nase in Dinge gesteckt, die ihn nichts angingen. Klingt doch nicht schlecht, oder?«
    »Das hab ich dir alles schon erzählt«, sagte Eileen.
    »Ich musste mir selbst ein Bild machen.«
    Viel Grütze hatte dieser Napper nun wirklich nicht im Kopf. »Unterschätze Wyatt nicht«, warnte ihn Eileen. »Mit dem ist nicht zu spaßen. Jedenfalls sagt das mein Alter. Er ist bekannt dafür, dass er Leute einfach umlegt, wenn er ausgetrickst, in die Ecke gedrängt oder provoziert wird.«
    »Ist schon klar. Was sagt dein Alter noch so über ihn?«
    Auch das hatte sie ihm bereits alles vorgekaut. Entweder hatte Napper ein Gedächtnis wie ein Sieb oder einfach nur ein Brett vor dem Kopf, Eileen war sich da nicht sicher. »Er ist ein Einzelgänger. Man bekommt ihn auch nicht über seine Familie zu packen, weil er nämlich keine hat. Und was Frauen betrifft ... da weiß auch keiner Bescheid.«
    »Wie hat er angefangen?«
    Eileen erinnerte sich an eine alte Geschichte, die ihr Rossiter einmal erzählt hatte. Allerdings wusste sie nicht, inwieweit sie der Wahrheit entsprach. »Angefangen hat’s in der Armee. Er hat Ausrüstung geklaut und verhökert und er ist mit ’ner Menge Sold über alle Berge.«
    Völlig in Gedanken versunken, starrte Napper vor sich hin; er versuchte, ein klares Bild zu zeichnen von einem Mann, der nicht nur über außerordentliche Fähigkeiten verfügte, sondern auch ständig unter Druck stand und dem bisher niemand das Handwerk legen konnte. Es amüsierte Eileen, dass der dicke Sergeant derart ins Grübeln geriet. Mit einem verschmitzten Lächeln stieß sie ihn an. »Was meinst du ... klingt das nach einem, der die Mesics drankriegen

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