Willküra (German Edition)
Willküra die Karte mit dem Kopf von Fürchtedich IV. darauf hin und lächelte sie schmierig an, wie es zum Geschäft der Taschenspieler gehört.
»Ja!«, klatschte sie aufgeregt in die Hände. »Ja, das war sie! Wie machst du das nur?«
Sie erwartete keine Antwort, sondern wollte sofort wieder eine Karte ziehen, die er erst umständlich im Kartenstapel verstecken würde, um sie ihr dann wieder zu zeigen. Kartentricks waren so langweilig, fand Gerolat, aber er sollte Willküra ja irgendwie davon abhalten, ins Willkürherrschaftliche Arbeitszimmer zu gehen und mit diesem Trick war es recht einfach.
Es hatte sehr lange gedauert, bis er sie endlich gefunden hatte. Es war auch nur ein Zufall gewesen, dass er ihr in irgendeinem Gang entgegen gelaufen war.
»Hast du das Buch?«, hatte Willküra ihn sofort angeschrien, als sie ihn gesehen hatte.
Er hatte nur gelächelt und gewartet, bis sie ganz nah bei ihm gewesen war, dann hatte er die Karten aus der Tasche gezogen, sie ihr hingehalten und: »Ziehen Sie eine Karte, Willküra!« gesagt.
Kaum jemand konnte der Versuchung widerstehen, eine Karte zu ziehen, und nachdem er Willküras Spielzimmer gesehen hatte, war sich Gerolat ganz sicher gewesen, dass auch sie dieser Aufforderung sofort nachkommen würde.
Sie hatte also eine Karte gezogen, er hatte sie diese in den Stapel zurück legen lassen, dann hatte er sie den Kartenstapel mischen lassen, hatte den Stapel wieder an sich genommen und ihr dann die richtige Karte hingehalten.
Zehn Mal hatten sie dieses Spielchen wiederholt, dann war ihr eingefallen, dass sie doch eigentlich noch andere Dinge zu erledigen hatte. Und nach dem Buch hatte sie bei der Gelegenheit auch noch mal gefragt.
»Ich habe heraus gefunden, dass Raja im Moment nicht zu Hause ist. Ich konnte aber leider nicht herausfinden, wo sie ist. Dafür konnte ich herausfinden, dass sie heute Abend irgendwann spät wieder nach Hause kommt. Und genau dann werde ich hingehen und das Buch holen!«, log Gerolat und schob sofort hinterher: »Schade, dass wir nicht eine Murmel, drei Hütchen und einen Mikadostab haben, der so lang ist, wie wir groß sind. Dann könnten wir ein bisschen das Hütchenspiel spielen.«
Willküra hatte sofort angebissen und Gerolat in ihr neues Spielzimmer geführt. Stolz hatte sie ihm alle möglichen Spiele gezeigt, und dann hatten sie das Hütchenspiel gespielt, welches Gerolat genauso wenig Spaß machte, wie die Kartentricks, aber es war ja für den guten Zweck. Willküra musste genau so weit weg stehen, wie der Mikadostab lang war, und mit dem Stab immer auf das Hütchen zeigen, von dem sie dachte, dass die Smaragdmurmel, die sie ausgesucht hatte, darunter sei. Gerolat ließ sie oft gewinnen, aber auch einige Male nicht, denn das ist beim Spiel ja wichtig, dass man nicht immer gewinnt. Sonst würde es ja bald fad werden.
Irgendwann hatte Willküra den Mikadostab weggestellt und hatte noch mehr Kartentricks sehen wollen.
»So, nun ist aber auch genug!«, sagte sie irgendwann streng zu sich selbst, als Gerolat ihr nach Fürchtedich II. nun Bösmann I. vor die Nase hielt.
»Ich muss doch auch weiter machen. Wer immer nur spielt, kann die Welt nicht verändern!«
Gerolat wurde panisch. Er durfte sie noch nicht wieder durch das Willkürherrschaftliche Schloss laufen lassen. Was, wenn Fürchtedich IX. gerade noch programmierte?
»Nein, Willküra, nein, geht nicht!«
Er stürzte sich vor ihr auf die Knie und nahm ihre Hand, um sie festzuhalten.
»Vielleicht ist es nicht der richtige Augenblick, aber wann ist schon der richtige Augenblick? In all den Jahren kam er nicht ein Mal, der richtige Augenblick, sonst hätte ich es euch schon längst sagen können, Willküra!«
Er rutschte auf seinen Knien näher an sie heran, küsste ihre Hand und schaute zu ihr hoch.
»Ich liebe Sie, Willküra!«
»Du liebst mich, Gerolat?«
Sie schaute ihn ein wenig skeptisch an. »Warum hast du das denn nie gesagt? Erst jetzt, wo ich die Willkürherrscherin bin kommst du damit? Das ist doch ein bisschen zu offensichtlich, dass es vielleicht etwas anderes als Liebe ist, das dich antreibt, findest du nicht?«
Sie war natürlich geschmeichelt und ging nicht wirklich davon aus, dass Gerolat sie jetzt anlog, er war ja ein harmloser Taschenspieler, aber nun, da sie den höchsten Posten im Staat hatte, musste sie sich vor Falschheit ganz besonders hüten und einen jeden zumindest prüfen.
»Ach Willküra, ja, all die Jahre habe ich Sie heimlich angesehen,
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