Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
Vom Netzwerk:
mit einem weiteren Tippen ein Signal an Gesandter 6574 aus.
    Piktogramm 3 änderte seine Form nun auch wieder in die Form des Gesandten.
    »Ja. Ist er da?«, fragte Gesandter 6574 gestresst, ohne von seinen Notizen, die er sich machte, hoch zu gucken.
    »Ja, Gesandter 6574«, beruhigte ihn Fürchtedich IX. »Ich beginne direkt, Gesandter 6574 und General Faulidös.«
    Aber General Faulidös widersprach.
    »Was? Keine einleitenden Worte? Kein gemütliches Beisammensein? Sofort zackzackzickezack hier die Info und das war’s? Ich weiß nicht, wo ihr immer euren Stress hernehmt!?«
    Doch Fürchtedich IX. ging gar nicht auf ihn ein.
    »Ich will euch nicht lange aufhalten, ich muss euch aber, wie es das Protokoll verlangt, über eine Änderung bezüglich des Treffens informieren, welches ja, wie General Faulidös richtig sagte, jetzt bald schon stattfinden wird, Gesandter 6574 und General Faulidös.«
    »Ja, bitte?«, fragte Gesandter 6574 wie immer ungeduldig, und sprach selbst diese zwei Worte im Stakkato. Zumindest hoch schaute er jetzt aber wenigstens.
    Fürchtedich IX. holte gerade Luft und wollte weiterreden, doch General Faulidös lachte plötzlich laut und dreckig auf und hielt die Runde damit wieder auf.
    »Protokoll, Protokoll. Wer hat das eigentlich erfunden? Und wieso halten wir uns so streng daran?«
    Fürchtedich IX. ließ sich auch von dem folgenden Lachen von General Faulidös, das den gesamten Raum beschallte, nicht beirren, sondern legte seine ganze Kraft in den nächsten Satz.
    »Dieses Mal wird nicht, so wie sonst immer, die Schwester des Willkürherrschers den Willkürherrscher beim Herrscher-Treffen vertreten, sondern«, Fürchtedich IX. machte eine kleine Kunstpause zur Spannungssteigerung, »sondern der Willkürherrscher wird persönlich kommen, Gesandter 6574 und General Faulidös.«
    Die 3-D Piktogramme der beiden Herrscher, die in dem nachtblauen Raum über dem Tisch schwebten, rührten sich nicht.
    Haben sie mich gehört?, überlegte Fürchtedich IX. gerade, als Gesandter 6574 in seiner gewohnten Kürze verwundert feststellte: »Das war’s? Ja gut«, und verschwand. Kurz danach schmatzte General Faulidös und lachte wieder dreckig.
    »Bei euch alles in Ordnung, Fürchtipürchti?«
    Fürchtedich IX. rümpfte die Nase. Er konnte General Faulidös und seine dummen Sprüche von oben herab nicht ausstehen. Was für eine Ahnung von der Ordnung im Willkürherrschaftlichen Staat hatte er überhaupt? Und wenn er ihn Fürchtipürchti nannte, dann konnte er auch keine vernünftige Konversation von ihm erwarten!
    »Lieber lass ich mir die Schamhaare verlängern, als dir etwas aus unserem Staat zu verraten«, erwiderte Fürchtedich IX. schnippisch und konnte sich ein nachgeschobenes Kontern auf gleichem Niveau nicht verkneifen, »Adieu, Faulidösi!«

33
     
    »Wenn er die Mundwinkel nach oben hat, dann ist er ein guter, wenn er sie nach unten hat, dann ist er ein schlechter Mensch! Im Schlaf kann sich keiner verstellen!«
    Mit diesem telefonischen Ratschlag ihrer Mutter ausgestattet stand die Kursleiterin vor Gerolat.
    Sie war sich zwar nicht sicher, ob ihre Mutter Recht hatte, aber wenn die Mundwinkel nach oben zeigen würden, dann würde sie sicherlich an die Theorie glauben. Im gegenteiligen Fall würde sie wahrscheinlich daran zweifeln. Das war der Kursleiterin jetzt schon klar, noch bevor sie die Mundwinkelinspektion vorgenommen hatte. Sie kannte sich immerhin recht gut.
    Es war ja so ähnlich, wie wenn sie eine Münze warf, um sich eine knifflige Frage beantworten, oder eine Entscheidung abnehmen zu lassen. Wenn ihr das Ergebnis der Münze nicht gefiel, machte sie sofort mehrere Würfe, um das Ergebnis doch noch zu beeinflussen. Zwei von drei, wurden es dann, oder drei von fünf. Einmal hatte sie sogar 501 aus 1000 daraus gemacht. Das war damals, als Gerolat in ihrem Kurs war, und sie die Münzen befragt hatte, ob sie und Gerolat jemals zusammen sein würden. Sie hatte die Münzwerferei allerdings dann nicht zu Ende gebracht, weil sie aus Angst vor einer negativen Antwort das Ende nicht vorweg nehmen wollte.
    Wenn es ihr jedoch gefiel, was die Münze zeigte, nahm sie das Ergebnis sofort als schicksalhaft und wahrhaftig an.
    Bitte hab die Mundwinkel nach oben, dachte die Kursleiterin noch schnell höchst konzentriert mit geschlossenen Augen, als könne sie so etwas an Gerolats Mund beeinflussen.
    Gerolat lag auf dem Rücken, im Grunde noch exakt so, wie sie und dieser seltsame Arzt ihn hingelegt

Weitere Kostenlose Bücher