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Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
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hatten. Die Kursleiterin beugte sich über ihn, öffnete ihre Augen und begutachtete seinen Mund.
    Sein Mund war gerade.
    Die Mundwinkel zeigten weder nach unten, noch nach oben. Die Kursleiterin ging noch ein bisschen näher ran. Sie versuchte zu sehen, dass die Mundwinkel nach oben zeigten, denn sie wünschte sich sehr, dass Gerolat ein Guter war. Sie wollte ihm vertrauen können und mit ihm eine Zukunft planen. Sie liebte ihn, und ist dann nicht automatisch der Mensch, den man liebt ein guter Mensch? Sonst würde man ihn doch nicht lieben? Oder könnte man dann erkennen, dass man selbst ein schlechter Mensch war, wenn man einen schlechten Menschen liebte? Leider konnte die Kursleiterin ihrer eigenen Logik nicht mehr folgen und holte lieber eine Lupe.
    »Im Detail erkennt man manches Mal das Große besser.«
    Auch das war ein Satz, den ihre Mutter ihr oft gesagt hatte und dessentwegen die Kursleiterin sich die Lupe zugelegt hatte.
    Aber selbst in der Größe des Details konnte sie nicht ohne Selbstbetrug sagen, dass die Mundwinkel in irgendeine Richtung zeigten.
    Sie legte die Lupe zur Seite und seufzte.
    Dann lächelte sie, denn ihr war soeben die Lösung für dieses Problem eingefallen: Gerolat schlief ja gar nicht, er war in einer Art Koma. Und von ‚Im Koma kann sich keiner verstellen‘ hatte ihre Mutter nichts gesagt. Die Mundwinkelanalyse war somit hinfällig.
    Sie legte sich neben Gerolat. Sie wusste nicht, was sie glauben sollte. War Gerolat aus dem Nichts aufgetaucht, weil er sie für irgendetwas ausnutzen wollte? Aber was? Wollte Gerolat tatsächlich den Willkürherrscher eliminieren? Aber warum sollte er dann ausgerechnet zu ihr kommen kurz vorher? Und wer war dieser seltsame Arzt, der es doch in der Kürze der Zeit nicht hätte schaffen können, Gerolat vom Willkürherrschaftlichen Schloss hier runter in die Stadt zu bringen? Schon gar nicht im Rollstuhl hierher zu schieben. Gerolat hatte ihn irgendwo in der Nähe treffen müssen. Aber eine Praxis hatte ein Dr. Triddl nicht hier in der Nähe. Dafür kannte sie die Stadt zu gut. Vielleicht war Dr. Triddl gar kein Arzt? Und vielleicht war auch Gerolat gar nicht in sie verliebt?
    Der letzte Gedanke desillusionierte sie und machte ihr leichtes Magenziehen.
    Doch dann entschloss sie, an das Gute zu glauben.
    Sie würde Gerolat beistehen. Egal, was er vorhatte, er hatte sicher seine Gründe. Sie küsste ihn auf die Wange, schmiegte ihren Kopf an seinen Hals und kurz bevor sie aus Zufriedenheit einschlief, fragte sie sich, was wohl Gerolat als erstes sagen würde, wenn er aus dem Koma aufwachte.

34
     
    »Weißt du, ich glaube, auf uns kommen ganz schlechte Zeiten zu«, sagte Raja mit dem Rücken zu ihrer Kollegin gewandt, weil sie die Brote im Regal neu sortierte.
    »Wieso?«, antwortete diese ganz erstaunt. »Ich hab das Gefühl, die Leute essen seit unserer großen Aktion ‚Esst mehr Brot‘ wirklich mehr Brot. Oder zumindest kaufen sie es.«
    »Ich meinte jetzt gar nicht so speziell hier die Bäckerei und unseren Job, sondern so generell hier im Staat.«
    »Ja? Keine Ahnung. Weiß ich nichts von. Aber ich interessiere mich eigentlich auch nicht so für die Staatsgeschäfte.«
    »Und wenn ich dir sage, dass sich hier bald vielleicht sehr viel ändern wird, interessiert dich das?«, fragte Raja.
    »Ja, klar«, antwortete die Kollegin für Rajas Geschmack ein bisschen zu oberflächlich.
    »Und wenn ich dir sage, dass dafür die Staatsgeschäfte, wie du das nennst, verantwortlich sind, dass schlechte Zeiten auf uns zukommen, was sagst du dann?«
    »Dann kann ich ja eh nichts machen. Solange es mir gut geht, ist mir das eigentlich egal«, zuckte die Kollegin mit den Schultern.
    Raja passte es nicht, dass ihre Kollegin sich nicht deutlich mehr dafür interessierte, dass sie hier gerade eine Warnung aussprach, die das ganze Volk anging.
    »Wieso kann dir das so egal sein?«, fragte Raja ein wenig aggressiv.
    »Wie kannst du dich da nur so rein steigern?«, versuchte die Kollegin Raja abzuwürgen.
    »Ich steigere mich doch nicht in etwas rein. Ich sage dir nur, was ich denke.«
    Die Kollegin atmete tief durch und schüttelte ihren Kopf.
    »Pass auf, Raja, du bist echt ein schwieriger Typ. Du bist plötzlich von irgendwoher gekommen, erzählst kaum was über dich, verkaufst hier zwar das Brot echt gut, aber du redest mit uns nur das Nötigste, und machst immer so einen auf intellektuell und allwissend. Aber das nimmt dir hier leider keiner ab. Nur dass du es

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