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Willküra (German Edition)

Willküra (German Edition)

Titel: Willküra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucia Hodinka
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dass er ganz nah dran war, es zu verstehen. Auch wenn das alles hier vielleicht doch ganz anders war, irgendwas verstand er hier gerade, da war er sich sicher. Vielleicht bekam man im Traum einfach Signale von einer anderen Quelle als vom eigenen Körper zugespielt. In der Zeit, in der man schlief, wurden die Signal-Zuspielstellen getauscht.
    Jamel unterbrach die Gedanken des Willkürherrschers.
    »Also, meinen Sie, dass ich in meiner, von denen für mich gemachten Realität«, Jamel stockte, »oh man, ich komm meinen eigenen Gedanken grad kaum noch hinterher, also, kann es sein, dass ich jetzt hier in den Kirschblüten-Blobs sitze, und Sie vielleicht gerade in einem Palmwedelboot? Einfach, weil die uns jedem andere Signale schicken?«
    Jamel zögerte.
    »Aber warum sollten die sich so viel Mühe geben?«
    »Weil es Spaß macht, etwas zu kreieren«, sagte der Willkürherrscher, der sich über die Frage Jamels sehr zu wundern schien. »Weil es vielleicht der größte Spaß überhaupt ist, Dinge zu erfinden. Und stell dir vor, du kannst etwas machen, bei dem du dich nicht an langweilig vorgegebene Rahmenbedingungen halten musst. Fantastisch!« Der Willkürherrscher kam ins Schwärmen.
    »Wenn die wollen, sitzen wir gleich völlig woanders und haben uns nicht mal bewegt. Geht im Prinzip ja auch ganz einfach. Wie bei einem Stop-Trick beim Film werden einfach die Zwischenhandlungen ausgespart. Also, die senden uns Signal 1, wir sitzen hier in diesen Kirschblüten-Blobs und als nächstes senden die uns Signal 2, wir sitzen im Palmwedelboot auf dem Wasser.«
    »Also doch Palmwedelboot, ich habe es gewusst!«, sagte Jamel triumphierend.
    »Nein, das war nur ein Beispiel. Egal. Also, wenn man die vereinbarten, logischen Gesetze unserer Realität zum Beispiel mal außer Kraft setzt, oder sie in einer anderen Realität gar nicht erst aufstellt, also so Regeln wie: wenn ich von Punkt A nach Punkt B kommen will, dann müssen dazwischen alle Signale stattfinden, die auf einer Zeitachse x die dem Körper entsprechende Bewegung y beinhalten, sondern statt dessen die Möglichkeit wählt, dass eine sich nicht bedingen müssende punktuelle Signalübertragung stattfinden darf, dann ist jederzeit alles möglich. Jamel, verstehst du? Ich jetzt hier, dann plötzlich auf einem Baum, dann bin ich ein Hund, dann wieder der Willkürherrscher, dann bin ich auf dem Mars und so weiter. Alles von Signalen kreierte Realität, weil die sich nicht an die Vereinbarungen unserer Realität halten müssen.«
    Der Willkürherrscher saß zwar völlig ruhig in seinem Kirschblüten-Blob, fühlte aber, wie sein Gehirn arbeitete und immer aufgeregter wurde. Er fühlte sich seiner Bestimmung so nah, wie nie zuvor.
    »Woher wissen Sie das alles denn, Willkürherrscher?«, fragte Jamel, der irgendwann zwischendrin ausgesetzt hatte, dem zu folgen, was der Willkürherrscher ihm da erklärte. Es hörte sich zwar irgendwie gut an, aber sein Gehirn konnte diese Signale einfach nicht im gewünschten Sinne auswerten. Er verstand davon einfach nichts.
    »Ich weiß das doch gar nicht, ich theorisiere.«
    »Dann stimmt das vielleicht gar nicht, was Sie sagen?«, fragte Jamel leicht enttäuscht.
    »Ja, vielleicht stimmt das gar nicht, was ich sage« nickte der Willkürherrscher.
    »Ach so.«
    Jamel war nun enttäuscht.
    Den Willkürherrscher dämpfte Jamels fehlender Enthusiasmus.
    »Warten wir jetzt einfach auf die anderen beiden Herrscher«, sagte er zwar enttäuscht darüber, dass er sich mit Jamel nicht über die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten von körperunabhängigen, signalgenerierten Realitäten fruchtbar austauschen konnte, aber er war auch gespannt auf die Ankunft der anderen beiden Herrscher. Kurz sprang sein Gedanke jedoch noch über.
    Würden das die wirklichen Herrscher sein, oder nur für ihn vom Zentralsignalator zugespielte Signale möglicher zweier Herrscher, die mit der Realität der Herrscher nichts gemein hatten? Mit welcher Realität eigentlich, seiner, derer, unserer, welche Realität war der Maßstab? Doch der Willkürherrscher wurde in seinem Gedankengang wieder von Jamel unterbrochen.
    »Wenn die nicht bald kommen, dann werden die dem Willkürherrschaftlichen Staat ganz schön viel Geld schulden, was?«

64
     
    »Wie sollen wir denn jemals hier runterkommen?«
    Eine Zwergenarmee von über hundert Zwergen stand auf dem Bänkchen, das sich kurz vor dem Willkürherrschaftlichen Schloss befand.
    »Die ersten spielen Seil, und die, die unten

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