Willküra (German Edition)
zurück treten wird.«
»Aber wie denn?«
»Keine Ahnung.«
Sie guckten sich an.
»Schüttel noch mal das Schwein!«
66
»Also, wenn ich jetzt zum Beispiel statt der Treppe eine Rutsche da haben möchte, dann tippe ich zuerst auf die Treppe, markiere ‚ersetzen‘, dann tippe ich auf die Rutsche und markiere ‚durch‘?«
Willküra schaute den Handwerker, der neben ihr stand, nach Bestätigung suchend an. Sie trug seinen glitzernden Handschuh und vor ihnen, auf dem Seitentisch im Regierungssaal, lag das Große Buch der Veränderungen.
»Genau so, Willküra!«, sagte der Handwerker stolz, dass er ihr das wohl so gut erklärt hatte, dass sie es sofort begriffen hatte.
»Das ist ein schlecht durchdachtes System«, kritisierte Willküra. »Ich möchte, dass das umprogrammiert wird. Die Felder sollen ‚löschen‘ und ‚generieren‘ heißen.«
»Das ist sicherlich kein Problem«, verbeugte sich der Handwerker leicht unterwürfig, wobei er sich ein wenig wunderte, denn in all den Jahren hatte er nie Schwierigkeiten mit dem System gehabt.
»Natürlich ist das kein Problem«, fuhr ihn Willküra an und drückte zum Üben auf das Sprudelbad. »Siehst du, ich will es nicht ersetzen, ich will es einfach nur löschen. Und das geht jetzt nicht.«
»Es gibt ein ‚nichts‘-Feld, da kann man dann ‚durch‘ drücken.«
»Blöd. Blöd. Blöd durchdacht!«, fühlte sich Willküra bestätigt. »Wer hat hierfür die Rechte freigeschaltet?«
»Sie, Willküra, und ich. Sonst keiner.«
»Gut, dann veranlasse jetzt die Umprogrammierung in ‚löschen‘ und ‚generieren‘, und dann lass deine Rechte löschen und pack deine Sachen. Du hast soeben deinen Job verloren, denn ich kann es jetzt selbst!«
»Willküra?«, erschrak der Handwerker.
»Du wirst ab sofort in der Stadt unten leben. Und das Willkürherrschaftliche Schloss wirst du nur betreten, wenn ich dich dazu auffordere. Wenn du die Umprogrammierung vorher nicht noch veranlasst, wirst du nicht mal mehr in der Stadt leben, verstanden?«
Der Handwerker zog seinen Kopf zwischen seine hochgezogenen Schultern und ging langsam rückwärts Richtung Tür. Aus dem Augenwinkel sah er noch, wie die Große Treppe im Regierungssaal verschwand.
67
»Wie sehen denn eure Demonstratoren aus?«, fragte der Willkürherrscher, nahm den Diamant aus dem Beutelchen heraus und hielt ihn vor sich, so dass die anderen ihn gut sehen konnten.
Gesandter 6574 zeigte ein Blatt Papier, das er aus seiner Jackett-Innentasche zog, und General Faulidös, sich in seinem Kirschblüten-Blob lümmelnd, holte eine handgroße Erdbeere aus seiner Hosentasche.
»Verstehe ich irgendwie nicht, wieso können unsere Körper nicht mit, aber die Demonstratoren schon?«, fragte Jamel.
»Die Demonstratoren sind ja auch nicht wirklich hier«, sagte General Faulidös gelangweilt, weil er das alles hier schon so oft erlebt hatte. »Und unsere Körper können nicht mit, weil sie zu geizig sind, uns hier ein vernünftiges Büffet aufzubauen.«
General Faulidös fand Jamel irgendwie sympathisch und obwohl es gegen sein Faulheitsgebot war, wollte er ihm ein bisschen mehr erklären.
»Es sind immer die Körperfunktionen, die alles verzögern, weißt du …«, dachte General Faulidös nach, »wie war noch mal dein Name?«
»Jamel.«
»Ach ja. Naja, bin ich eh zu faul zu, mir zu merken, wahrscheinlich werde ich dich immer irgendwie anders nennen. Das ist nicht böse gemeint, okay?«
Jamel zuckte mit den Schultern. Komisch fand er es schon, aber hier war ja ohnehin alles komisch.
»Also, stell dir vor, drei Herrscher treffen sich, vielleicht noch mit einer Zusatzperson, wie du es jetzt bist, Bammel, und vielleicht ist noch eine Frau dabei. Dann hat erst der eine Durst, dann will die Frau was essen, dann kriegt der dritte Hunger, dann will der erste aufs Klo, dann kriegt der eine Rückenschmerzen vom Sitzen, der eine denkt die ganze Zeit darüber nach, ob er die Frau rumkriegen kann, der andere wird müde nach dem Essen und so weiter. Also bleiben von, sagen wir mal 10 Stunden, höchstens ein bis zwei Stunden über, in denen es um die eigentlich Sache geht. Das ist denen hier nicht effizient genug, deshalb koppeln die uns ab von unseren Körpern.«
»Ach so«, sagte Jamel, der sich jetzt erst darüber im Klaren wurde, dass er die ganze Zeit über noch nicht ein Mal an Sex gedacht hatte. »Aber dann fehlt doch auch was, die Lust zum Beispiel?«
»Ich wusste, du bist sympathisch, Fred«, lachte General
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