Willst du meine Liebe nicht
etliche Schauspieler sowie Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft darunter. “Raten Sie, wer an Signor Ricos Tisch sitzt? Salvatore Barono!”
Julie wunderte sich, als der Name des international berühmten Filmstars fiel. Als Darsteller des klassischen italienischen Liebhabers hatte er auch in Hollywood Karriere gemacht, doch gelegentlich kehrte er in seine Villa außerhalb Roms zurück. Diese Besuche waren stets mit Presseberichten verbunden, in denen er von seiner “Sehnsucht nach schlichten ländlichen Freuden” schwärmte. Hinter vorgehaltener Hand hieß es jedoch, dass diese Freuden eher skandalös als schlicht seien.
“Was ist mit Mariella?” erkundigte Julie sich.
“Sie ist hier - und hat dafür gesorgt, dass sie neben Signor Barono sitzt. Oh, scusi, Signore.”
Rico war unbemerkt hereingekommen. Er nickte Gina kurz zu, und die Garderobiere zog sich diskret zurück.
Julie betrachtete ihn im Spiegel. Sie hatte ihn seit dem Abend in der Villa nicht mehr gesehen und erschrak nun über sein Aussehen. Er wirkte angespannt. Sein Gesicht war blass, unter den Augen lagen dunkle Schatten, und ein resignierter Zug umspielte seinen Mund.
“Ist alles in Ordnung?” fragte er.
“Mir geht es gut. Bist du hier, um dich zu vergewissern, dass ich deine Diamanten trage? Keine Sorge, ich kenne meine Pflicht.” Sie deutete auf die Schatulle auf dem Frisiertisch.
“Gestattest du?” Er legte ihr das schwere Kollier um den Hals. “Die Steine sehen wundervoll an dir aus. Deine ganze Erscheinung ist perfekt.”
Früher war sie in Jeans und Pullover aufgetreten, und er hatte geflüstert: “Ich bin eifersüchtig auf jeden Mann, der dich anschaut. Du darfst dich nur für mich schönmachen.”
Und sie hatte geantwortet: “Ich sehe die anderen nicht. Für mich existierst nur du.”
Aber das war damals gewesen. “Es freut mich, dass ich deine Billigung finde”, sagte sie jetzt.
“Bist du nervös?”
“Ein bisschen. Und das ist auch gut so, dann bin ich nämlich konzentrierter.”
“Alles für die Show”, bemerkte er trocken.
“So bin ich eben. Eine Künstlerin. Doch du bist genauso, Rico. Wir müssen die Komödie bis zum Ende durchstehen.”
“Ich frage mich, wie dieses Ende aussieht.”
“Ich werde meinen Vertrag erfüllen, wir werden uns die Hände schütteln und einander nie wieder sehen. Du wirst vermutlich Mariella heiraten. Ich wünsche dir alles Glück der Welt.”
“Sei still”, befahl er drohend. “Glaubst du, dieses Gerede ist hilfreich?”
Sie stand auf und drehte sich zu ihm um. “Was wäre denn hilfreich, Rico? Ich wünschte, ich wüsste es, denn irgendwie müssen wir diese drei Monate hinter uns bringen. Seit ich in Rom bin, haben wir einander pausenlos wehgetan. Wir sollten uns künftig aus dem Weg gehen.”
“Es hätte nicht so kommen müssen.”
“Vielleicht doch. Ich glaube nicht, dass du darauf verzichtet hättest, mich beobachten zu lassen. Es ist dir zur zweiten Natur geworden, Menschen zu misstrauen. Du kannst nicht plötzlich damit aufhören.” Etwas sanfter fügte sie hinzu: “Ich denke, wir haben damals unser Glück aufgebraucht, und von nun an erwartet uns nur noch Schmerz.”
“Von nun an?” wiederholte er bitter. “Und was ist mit den vergangenen acht…” Er verstummte abrupt.
Also hatte auch er nachts wach gelegen, hatte die Dunkelheit verwünscht und das Morgengrauen noch mehr, weil damit ein neuer Tag begann, der bewältigt werden musste. Und kein Babylachen hatte ihn aufgeheitert.
Rico fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. “Ich kann dir nicht sagen, was ich fühle.”
“Ich glaube, ich weiß es.” Julie seufzte. “Ein bisschen Liebe und sehr viel Hass. Und der Hass ist zu stark, um irgendetwas in seinem Schatten zu dulden.”
“Ist dir eigentlich klar, dass du soeben deine eigenen Empfindungen beschrieben hast?”
Beinahe hätte sie erwidert, dass sie ihn niemals hassen könnte. Wenn ihre Liebe nicht so lebendig wäre, könnte er sie niemals so tief verletzen. In letzter Sekunde biss sie sich auf die Zunge. Rico war zu gefährlich. Sie musste wachsam bleiben.
“Mag sein”, räumte sie ein.
In seinen Augen erlosch ein Leuchten. “Das sollten wir beide nie vergessen.” Gleich darauf war er wieder geschäftsmäßig.
“Ich möchte dir für die Premiere viel Glück wünschen. Das La Dolce Notte ist stolz darauf, dich als seinen Star zu haben.” Er verbeugte sich kurz und verließ die Garderobe.
Julie lauschte dem
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