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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Paddelbewegungen beruhigte Martin die Gemüter. »Gegenseitige Verdächtigungen bringen uns nicht weiter. Ich halte Georgs Vorschlag für vernünftig. Außerdem können wir das eine tun und müssen das andere nicht lassen. Sollte er keinen Erfolg haben, bereiten wir den nächsten Schlag vor.«
    »Du willst ihn also mit dem Weihbischof verhandeln lassen?«, giftete Tobias Frank.
    Gerne hätte ich dem Widerling ein paar passende Worte an den Kopf geknallt, aber in meiner neuen Rolle musste ich Zurückhaltung üben. »Ich könnte als neutraler Vermittler auftreten. Das unterscheidet mich von jedem anderen hier im Raum.«
    Die Diskussion wogte noch eine Weile hin und her. Ausschlaggebend war am Ende, dass sich Martin und Mareike auf meine Seite stellten. Man gab mir bis zum nächsten Abend Zeit, um eine Einigung zu erzielen. Sollte ich bis dahin nicht signalisiert haben, dass die Kirche zum Einlenken bereit sei, würde das Kommando Jan van Leiden zum nächsten Schlag ausholen.
    »Kommst du mit?«, fragte ich. Wir standen auf der kurz gemähten Rasenfläche vor dem Ferienhäuschen. Der Vollmond am Himmel gab sich redliche Mühe, die Szene romantisch zu gestalten.
    »Ich kann nicht. Ich habe noch was vor.«
    Ich nickte. Es war kurz vor Mitternacht, und es gab sicherlich tausenderlei Dinge, die man um diese Zeit erledigen konnte.
    Mareike lächelte schüchtern. »Eine Familienangelegenheit.«
    »Du bist mir keine Erklärung schuldig«, sagte ich schroffer als beabsichtigt. »Dann bis morgen Abend!«
    »Bis morgen Abend!« Sie berührte flüchtig meine Schulter. »Wir haben noch viel Zeit.«
    »Sicher, die haben wir.«
    Sie entfernte sich ein paar Schritte.
    »Mareike!« Der Frosch in meinem Hals ließ das Wort zu einem Krächzen werden.
    »Ja?« Sie drehte sich um.
    »Wo finde ich dich, wenn morgen etwas schiefläuft?«
    »Ich habe keinen festen Wohnsitz. Frag Martin! Der weiß, wo ich bin.«
    Anna hatte ihren freien Tag, und Linn, die ein- oder zweimal in der Woche im Alcatraz kellnerte, schenkte mir ein Begrüßungslächeln. Eigentlich mochte ich Linn ganz gern, sie war sozusagen meine zweitliebste Kellnerin, aber im Moment verblassten alle Frauengestalten im Vergleich mit der einen, unerreichbaren. »Familienangelegenheit«, wiederholte ein Papagei in meinem Hinterkopf, und dazu lachte ein höhnisches Teufelchen. War ich auf dem Wege, mich zum Narren zu machen?
    Norbert, das gefüllte Bierglas bereits in der Hand, guckte mich misstrauisch an. »Was ist los mit dir? Du siehst so fertig aus.«
    »Ich glaube, es hat mich erwischt.«
    »Inwiefern?«
    »Ich habe mich verliebt.«
    »Ach.« Er rückte näher. »In wen?«
    »Du kennst sie nicht. Sie heißt Mareike.«
    »Und wie sieht sie aus?«
    »Sie sieht aus wie eine Traumfrau, riecht wie eine Traumfrau, redet wie eine Traumfrau, und genau wie eine Traumfrau taucht sie plötzlich auf und verschwindet genauso plötzlich wieder.«
    »Das ist bitter«, kommentierte Norbert mitfühlend. Dann kratzte er sich am kahlen Schädel. »Ich wollte, so etwas würde mir auch wieder mal passieren.«
    »Warum denn? Du bist doch verheiratet.« Ich halbierte den Inhalt des Bierglases.
    »Na und? Ich spreche ja nur vom Verlieben. Dieses herrliche Gefühl, wenn dein Gehirn ununterbrochen Hormone produziert, die die Welt in Watte packen. Deine Angebetete erscheint in gleißender Schönheit, nichts, rein gar nichts kann dein Wohlbefinden stören.«
    »Hör auf mit dem Senf!«, knurrte ich. »Du redest ja, als wärst du ein Tattergreis.«
    »So fühl ich mich auch. Vorletzte Woche bin ich zweiundvierzig geworden. In dem Alter verliebt man sich nicht mehr so leicht. Ich glaube, je älter man wird, desto schwieriger wird es.«
    »Tolle Aussichten.« Ich kippte den Rest Bier hinunter und deutete mit dem Zeigefinger auf das entstandene Vakuum. »Bis zweiundvierzig habe ich noch ein paar Jährchen. Im Moment fühle ich mich wie ein pubertierender Jüngling.«
    Als Norbert mit dem zweiten Glas zurückkam, hatte er eine neue Frage auf Lager: »Was macht sie denn beruflich?«
    Ich winkte ihn näher ran und flüsterte ihm ins Ohr: »Sie ist Terroristin.«
    »Ach du Kacke!«, entfuhr es ihm. »Es hat dich ja wirklich schlimm erwischt.«
    »Sag ich doch.«

XVI
    Monsignore Kratz hatte sofort ein offenes Ohr für mich, und er versprach, sich umgehend bei mir zu melden, sobald er mit Weihbischof Becker gesprochen habe. Ich drückte auf den Exit-Knopf meines schnurlosen Telefons und wunderte mich. So viel

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