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Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer

Titel: Wilsberg 05 - Wilsberg und die Wiedertaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Münster aufgewachsen, und jetzt studiere ich in Münster. Das heißt, ich bin eingeschriebene, aber in letzter Zeit wenig aktive Studentin der Fächer Kunst und Germanistik mit Berufsziel Lehrerin. Zufrieden?«
    »Hast du einen Freund oder bist du verheiratet?«
    Sie prustete. »Sag doch gleich, worauf du hinauswillst! Ja, es gibt jemanden. Aber er ist weit weg.«
    »Wie weit?«
    Ihr Blick heftete sich an die holzvertäfelte Wand der Kneipe. »Er lebt in England. Er ist Professor für Politikwissenschaften. Wann immer es sich einrichten lässt, und das ist nicht öfter als drei- oder viermal im Jahr, besuche ich ihn.«
    »Mit anderen Worten: Er ist verheiratet.«
    »Ja, das ist er.« Sie schob die Salatschüssel zur Seite und sah mich mit spöttischem Blick an. »Müssen wir weiter darüber reden?«
    Die eine oder andere Frage lag mir noch auf den Lippen, aber es schien mir wenig opportun, sie jetzt zu stellen.

XV
    Das Treffen fand in Ottmarsbocholt statt, einem kleinen Kaff in der Nähe von Münster, das außer seinem Namen, der von den Einheimischen zu »Ottibotti« verniedlicht wurde, keine weitere Attraktion zu bieten hatte. Genauer gesagt, fand das Treffen in einer Ferienhaussiedlung am Rand von Ottmarsbocholt statt, wo Spitzdachhäuschen gestressten Stadtbewohnern die Illusion von frischer Luft und Landleben vermittelten.
    An der Seite von Mareike betrat ich eines dieser Häuschen, das gerade groß genug war, um einer typisch deutschen Kleinfamilie Unterschlupf zu gewähren. Jetzt drängten sich rund fünfzehn, vorwiegend jüngere Menschen in dem winzigen Wohnzimmer. Lauter unbekannte Gesichter, abgesehen von dem Mönch Martin und Tobias Frank, der in einer Ecke hockte.
    Innerhalb von zwei Sekunden verebbten alle Gespräche. Das, was vom Kommando Jan van Leiden übrig geblieben war, starrte mich teils entgeistert, teils feindselig an.
    »Was soll das?«, wagte sich der erste aus der Deckung. »Wer hat ihn eingeladen?«
    Martin hob beide Arme. »Es ist alles in Ordnung, liebe Freunde. Georg Wilsberg hat sich uns angeschlossen.«
    Mareike erzählte, wie sie mich von der gerechten Sache der Wiedertäufer überzeugt hätte, und ich versicherte, dass alle auf mich zählen könnten.
    Danach war der Bann gebrochen, ich musste etliche Hände schütteln und einige Schulterklapse hinnehmen. Nur Tobias Frank blieb angewidert in seiner Ecke sitzen.
    Martin beeilte sich, den offiziellen Teil des Treffens einzuleiten. Die Stimmung war naturgemäß gedrückt. Die meisten der Anwesenden hatten sich an der Aktion am Ludgeriplatz beteiligt, und diejenigen, die nicht dabei sein konnten, waren inzwischen über den Fehlschlag informiert. Einige meinten trotzig, dass man nun erst recht weitermachen müsse, andere rieten dazu, erst einmal abzuwarten und Gras über die Sache wachsen zu lassen. Ein ganz Vorwitziger schlug sogar vor, die beiden inhaftierten Mitglieder des Kommandos aus dem Gefängnis zu befreien.
    Martin hielt sich geschickt aus der Diskussion heraus und zeigte Verständnis für beide Positionen. Schließlich meldete sich Tobias Frank zu Wort.
    »Das ist doch alles kalter Kaffee«, platzte er heraus. »Ich hätte nicht gedacht, dass wir so viele Weicheier unter uns haben. Habt ihr geglaubt, frage ich euch, dass ihr keinerlei Risiko eingeht? Zwei von uns sind verhaftet worden, na und? Ich kenne Dirk und André. Auf die beiden ist Verlass. Und ich weiß, dass sie von uns, von jedem von euch (drohend ließ er seinen Zeigefinger kreisen) erwarten, dass die nächste Aktion umso härter sein wird.«
    Zustimmendes Gemurmel machte sich breit, die Weicheier gerieten in die Defensive.
    »Gut gebrüllt«, bemerkte ich. »Aber ist es nicht unsere erste Pflicht, an die eigenen Leute zu denken?«
    »Was meinst du damit?«, fragte eine Frau.
    »Es gibt eine Möglichkeit, Dirk und André freizubekommen. Und zwar nicht durch eine idiotische Gefangenenbefreiung. Vielmehr bieten wir dem Bistum einen Waffenstillstand an. Falls es alle Anzeigen gegen die beiden fallen lässt, erklären wir uns im Gegenzug bereit, auf weitere Anschläge zu verzichten. Dann bleibt nur die Ludgeriplatz-Aktion als einziger Anklagepunkt. Aber mit cleveren Anwälten dürfte es für die beiden glimpflich ausgehen.«
    »Ich traue Wilsberg nicht«, kreischte Tobias Frank. »In meinen Ohren klingt das so, als wolle er uns an die Kirche verkaufen.« Sein Froschaugenblick blieb an mir hängen. »Wie viele Silberlinge hat dir Weihbischof Becker geboten?«
    Mit

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