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Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Titel: Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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den Film. Die Fahr- und Simulationsbetriebe sind jeweils einem berühmten Film der Filmgeschichte zugeordnet, einem von Global Artists produzierten Film, versteht sich. Die Kinder begegnen ihren Lieblingscomicfiguren, die Erwachsenen Marilyn Monroe, John Wayne und Robert Redford, um nur einige zu nennen. Wir werden eine komplette Western-Stadt aufbauen und ein New Yorker Wolkenkratzerviertel, es wird Stunt-Shows mit echten Stunts und ein Studio geben, in dem wir zeigen, wie Spezialeffekte produziert werden. Wer sich zwischendurch erholen will, hat dazu in verschiedenen Restaurants und Cafés Gelegenheit. Und, um den nächsten Einwand gleich vorwegzunehmen, Global World ist nicht durch und durch amerikanisch. Selbstverständlich müssen wir denen, die die traditionelle amerikanische Küche genießen wollen, das heißt Holzfällersteaks und Hamburger, dazu die Möglichkeit bieten, aber geplant ist auch ein deutsches Restaurant mit original münsterländischer Küche.«
    Steffenhagen malte noch eine Zeit lang die Attraktionen von Global World aus, wobei er sich durch Zwischenrufe nicht davon abbringen ließ, in gleichbleibend freundlichem Ton und mit eingemeißeltem Lächeln im Gesicht zu reden. Schließlich kam er zu den finanziellen Aspekten des Unternehmens: »Meine Damen und Herren, bitte bedenken Sie die Bedeutung von Global World nicht nur für die Stadt Münster, sondern für die gesamte Region. Der Investitionsrahmen beträgt dreihundertfünfzig Millionen Mark. Ich wiederhole: dreihundertfünfzig Millionen Mark. Eine gewaltige Summe, die den Erwerb der Grundstücke, die Errichtung der Gebäude und die komplette technische Installation beinhaltet. Wir schaffen dreihundert Dauerarbeitsplätze, nicht gerechnet die Arbeitsplätze, die bei den Zulieferbetrieben aus der Region während der Bauphase und auch während des laufenden Betriebes entstehen. Wir erhalten keine nennenswerten Zuschüsse von der Stadt, vom Land oder von der Europäischen Union. Das Einzige, was wir von der Stadt Münster erwarten, ist die Schaffung der nötigen Infrastruktur. Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal betonen, dass ich Ihre Bedenken verstehe. Wir werden uns bemühen, Ihre ländliche Ruhe und Abgeschiedenheit so wenig wie möglich zu stören. Aber, bitte, legen Sie diesem zukunftsweisenden Projekt keine Steine in den Weg!«
    Steffenhagen setzte sich und suchte den Blickkontakt mit drei ähnlich gestylten Herren in der ersten Reihe, die ebenfalls Global Artists -Anstecker an ihren Reversen trugen und ihm aufmunternd zunickten. Anscheinend waren sie mit dem Auftritt ihres Vormannes zufrieden.
    Die Oberbürgermeisterin dankte dem Manager für seine Ausführungen und bat die Kämmerin, die Auffassung der Stadtverwaltung darzulegen.
    Jutta Rausch zog das Mikro näher zu sich heran und begann, in uninspiriertem Fachchinesisch das Planungsverfahren zu erläutern. Im Saal machte sich Unruhe breit, weil viele nicht verstanden, worum es ging.
    Die Oberbürgermeisterin kräuselte missmutig die Stirn und schnappte sich das Mikro: »Wenn Sie vielleicht ein wenig konkreter werden würden, Frau Rausch!«
    »Tut mir leid, Frau Oberbürgermeisterin, die wasser-, bau- und planungsrechtlichen Bedingungen sind nun einmal etwas kompliziert. Ich muss auch gestehen, dass ich mich in Bezug auf das Kappenstein-Projekt mit der Mehrheit der Dezernenten im Dissens befinde. Ich denke, die Einwände der Anwohner und der Umweltverbände sollten ernster genommen werden. Hier besteht noch Nachholbedarf.«
    Zum ersten Mal brandete im Saal Beifall auf.
    »Aber als Kämmerin müssten Sie sich doch über die zusätzlichen Einnahmen freuen, nicht wahr?«, hakte die Oberbürgermeisterin bissig nach.
    »Ja, natürlich, als Kämmerin bin ich für alle Einnahmen dankbar, die den städtischen Haushalt entlasten. Meine Vorbehalte liegen auf einer anderen Ebene. Allerdings ist es Aufgabe der Parteipolitiker und der Mehrheit des Stadtrates, hier zu einer Entscheidung zu kommen. Die Verwaltung führt nur die Vorgaben der Politik aus.«
    »Danke«, giftete die Oberbürgermeisterin, »das ist eine gute Überleitung, um die Herren auf der anderen Seite des Podiums ins Spiel zu bringen.«
    Ich verlagerte mein Körpergewicht von einem Bein aufs andere und ließ den Blick zum dreiundzwanzigsten Mal über das Publikum schweifen. Doch noch immer machte niemand Anstalten, eine Pistole oder eine Handgranate unter dem Anorak hervorzuziehen.
    So blieb mir Kurt Kentrup von der CDU

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