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Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt

Titel: Wilsberg 08 - Das Kappenstein-Projekt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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rot-grüne Koalition geraten ist, dürften auch die Position der grünen Stadtkämmerin Jutta Rausch gefährden. Nach Informationen, die unserer Zeitung vorliegen, hat sie in den Siebzigerjahren einer sogenannten K-Gruppe angehört, einer vom Verfassungsschutz als verfassungsfeindlich eingestuften Organisation. Nur eine ›Jugendsünde‹, oder versteckt Frau Rausch ihre politische Einstellung unter einem demokratischen Mäntelchen?«
    »Diese Schweine! Die wollen mich fertigmachen. Das ist Teil der CDU-Strategie, die rot-grüne Koalition mürbe zu schießen.« Sie schaute mich zum ersten Mal an. »Aber wer hat gesungen? Heiner Kleine-Langen?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Kannst du das für mich herausfinden?«
    »Ich werde es versuchen. Nachdem ich aus Warendorf zurück bin.«
    Warendorf war eine Kreisstadt im östlichen Münsterland. Wie ihre Kolleginnen Steinfurt, Coesfeld und Borken litt sie unter dem Münster-Komplex. Wer konnte schon eine Ansammlung von 30.000 bis 40.000 Einwohnern als Stadt so richtig ernst nehmen? Andererseits war es der landschaftlichen und kulturellen Einöde ringsum zu verdanken, dass sich die Münsteraner wie die Bewohner einer Metropole vorkamen. Eine Einstellung, die in offene Arroganz umschlug, wenn die Landeier mit den Autokennzeichen COE (wie Chaos Ohne Ende ), ST ( Stehender Traktor ), WAF ( Warum Anfänger Fahren ) und BOR ( Blöd Ohne Reue ) am Samstag den münsterschen Verkehr blockierten. Vor allem zwischen den münsterschen Fahrradfahrern und den zum Einkauf anreisenden Münsterländern kam es regelmäßig zu hässlichen Szenen. Münstersche Fahrradfahrer ignorierten nämlich grundsätzlich die Straßenverkehrsordnung, hielten sich an keine rote Ampel oder Vorfahrtsregel. Sie erwarteten schlicht, dass Autofahrer eine Vollbremsung durchführten und Fußgänger zur Seite sprangen. Münsters Autofahrer hatten sich daran gewöhnt, für ihre Artgenossen aus den Landkreisen war es jedoch stets ein neuer Schock, dass es in Münster nicht nur Fahrradwege gab, sondern sie auch noch intensiv genutzt wurden. Und manch einer erlitt am Ludgeriplatz einen Nervenzusammenbruch mit anschließendem Verkehrskollaps.
    Was die Verkehrsschilder großspurig als Warendorfer Innenstadt ankündigten, entpuppte sich als Ensemble von putzigen, zweistöckigen Fachwerkhäusern. Ich stellte meinen Wagen auf dem Parkplatz vor dem Franziskanerkloster ab und machte mich auf die Suche nach der Schnittlauchgasse.
    Warendorfs Stadtgestalter schworen auf Traditionspflege. Überall hatte man behinderten- und seniorenfreundliches Kopfsteinpflaster verlegt, und an einem Gebäude in der Oststraße glänzte der liebevoll restaurierte Schriftzug Kaiserliches Postamt .
    Aber auch die Moderne hatte Einzug gehalten. Der Hauptsitz des kommerziellen Radio WAF stand an einem Platz, der zufällig Schweinemarkt hieß.
    Gar nicht weit von hier war die Schnittlauchgasse. Sie maß in der Längsrichtung zwanzig Meter, und deshalb konnte ich das weiße Schild mit der violetten Aufschrift artconcept nicht übersehen. Es hing an einem Fachwerkhaus, Ulf Meiers Werbeagentur machte sich in einer ehemaligen Erdgeschosswohnung breit.
    Der Eindruck von Geräumigkeit entstand dadurch, dass ich ungehindert durch drei Räume schreiten konnte. Es gab weiße Büromöbel, gerahmte Plakate, Zeichentische und Computer, aber ohne menschliches Zubehör wirkten sie leblos. Erst im vierten Raum traf ich auf ein menschliches Wesen. Es saß hinter einem Schreibtisch, der quer zu zwei unterteilten Fenstern stand, die das Sichtfeld auf einen verwilderten Hintergarten öffneten.
    »Herr Meier?«, fragte ich.
    Langsam schwenkte er seine Augenachse in meine Richtung. Bevor er antwortete, gab er einen Ton von sich, als müsse er ein paar Kieselsteine von den Stimmbändern entfernen. »Der Laden macht nächste Woche dicht.«
    »Ich bin kein Kunde.«
    »Ach so.« Er fingerte eine filterlose Zigarette aus der Schachtel und setzte sie mit dem zweiten Versuch in Brand. Anscheinend hatte er mich vergessen.
    »Ich arbeite für Jutta Rausch.«
    Wieder der Ton. Entweder eine Masche von ihm oder ein krankhafter Befall der Atemwege. »Die alte Jutta. Das waren noch Zeiten.«
    Obwohl er mir keinen Stuhl angeboten hatte, nahm ich ihm gegenüber Platz. Seine rot geäderten Augen hatten ein bisschen Mühe, ihr Ziel zu fixieren. Und aus seinem Mund kam eine saure Atemwolke, die normalerweise zu schweren Kommunikationsstörungen führen musste.
    »Sie haben sicher von den

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