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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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bis drei Uhr zu warten, dann kommt er zum Pfarrheim, hier gleich um die Ecke. Die Pfarre feiert den neunzigsten Geburtstag von Frau Klompstetter.«
    »Vielen Dank!«
    Hartmann fächelte sich mit dem Karton Luft zu. Dann klingelte das Telefon.
    Bis drei Uhr war noch reichlich Zeit. Ich ging zur Bäckerei zurück und kaufte ein Käsebrötchen. Dabei stellte ich fest, dass der Adel in Disselburg nicht nur Freunde hatte. Einige Berliner wurden um die Hälfte billiger angeboten, versehen mit dem Hinweis: adelig, d. h. von gestern.
    Anschließend setzte ich mich unter einen Sonnenschirm vor der Eisdiele, prüfte meinen Herzschlag, der sich normal anfühlte, und bestellte einen Cappuccino.
    Kaffee trinkend und einen Zigarillo paffend, hielt ich die Gelegenheit für günstig, einen Kontrollanruf bei meiner Assistentin zu machen.
    Sie hatte gerade ihre Morgenschicht hinter sich und war übel gelaunt.
    »Tote Hose«, gähnte sie mir ins Ohr. »Und wie läuft's bei dir?«
    Ich schilderte ihr kurz den Auftrag und spielte die äußeren Bedingungen herunter.
    »Du kannst mir nichts vormachen, Georg«, würgte sie mich ab. »Ich höre an deiner Stimme, dass du es dir in diesem Schloss Dingsda ...«
    »Disselburg.«
    »... gut gehen lässt.«
    »Vielleicht könntest du ja nachkommen«, dachte ich laut. »Der Graf lässt sich bestimmt davon überzeugen, dass wir zu zweit an dem Fall arbeiten müssen.«
    »Ehrlich?«, rief sie begeistert.
    »Ja. Sobald du den Supermarkt-Job abgeschlossen hast.«
    Sie heulte auf: »Du Schwein!«
    Das Pfarrheim war festlich geschmückt. An der Decke hingen Papiergirlanden und auf den Tischen standen Blumensträuße und bunte Pappteller. An Gemütlichkeit war die Dekoration nur noch durch die eines Kindergeburtstags im Krankenhaus zu schlagen.
    Die Jubilarin saß in einem Rollstuhl, den man in die Mitte des Raumes geschoben hatte. Trotz der beachtlichen Wärme, die drinnen wie draußen herrschte, trug sie eine dicke schwarze Strickjacke und fingerte, mit vor Aufregung glänzenden Augen und hohlen Wangen, an ihrer Kaffeetasse.
    Das Durchschnittsalter der übrigen Festgäste lag bei ungefähr siebzig Jahren. Ich drückte mich an die hintere Wand und hoffte, dass mich niemand beachten würde. Abgesehen vom Pfarrer, der immer wieder zu mir herüberschaute, ging mein Plan auf.
    Zum Glück musste ich nicht lange warten, bis Max Mehring erschien. Er war leicht zu erkennen: Mitte zwanzig, eine grüne Weste mit vielen Taschen über dem karierten Flanellhemd, umgehängter Fotoapparat – das typische Erscheinungsbild eines Reporters zwischen Beirut und Disselburg.
    Mehring ging zu Frau Klompstetter, schüttelte ihre Hand und entlockte ihr ein paar Worte. Dann redete er kurz mit dem Pfarrer und machte sich anschließend Notizen auf einem Schreibblock.
    Inzwischen hatte ein Greis seinen Löffel gegen eine Tasse geschlagen und hob zu einer Festrede an. Danach kam der Pfarrer an die Reihe. Mehring notierte weiter, während er mit gierigen Schlucken eine Kaffeetasse leerte, die ihm eine fürsorgliche alte Dame hingeschoben hatte. Kaum hatte der Pfarrer geendet, eilte der Reporter zum Ausgang.
    An der Tür fing ich ihn ab. »Herr Mehring?«
    »Ja?«
    »Mein Name ist Wilsberg. Ich bin Privatdetektiv.«
    »So?« Ein spöttisches Lächeln huschte über sein Gesicht.
    »Der Graf hat mich engagiert, Sie können sich denken, warum.«
    »Klar. Ich kann Ihnen allerdings nicht helfen. Wenn ich die Täter kennen würde, hätte ich das schon in unserem Blättchen veröffentlicht.«
    »Ich möchte so viel wie möglich über Disselburg erfahren. Und man hat Sie mir als den Kompetentesten empfohlen.«
    Die Schmeichelei schien ihm zu gefallen. »Tja«, er schaute auf seine Uhr, »im Moment habe ich keine Zeit. Ich muss zum Spiel der E-Jugend von TuS Disselburg 09. Aber ... Sie können mitkommen, wenn Sie wollen.«
    Ich wollte.
    Wir nahmen seinen Wagen, der vorschriftswidrig neben dem Pfarrheim geparkt war.
    Mit aufheulendem Motor fädelte sich Mehring lässig in den Verkehr der Hauptstraße ein. »Ich könnte eine Geschichte über Sie machen, einen Privatdetektiv in Disselburg, das hat's bestimmt noch nicht gegeben.«
    »O nein, bitte nicht!« Ich klammerte mich am Seitengriff fest. »Ich möchte unerkannt bleiben.«
    »Machen Sie sich nichts vor!«, grinste der Reporter. »Spätestens morgen kennt Sie hier jeder. Disselburg ist eine Kleinstadt.« Er bog nach rechts ab. »Sehen Sie, da drüben ist schon der Sportplatz. Normalerweise

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