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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Frau Dr. Kohlmann.«
    »Vielen Dank«, antwortete sie patzig.
    »Kaisers Tod hat Sie sicher hart getroffen.«
    »Uns alle.«
    »Natürlich. Aber für Sie heißt es jetzt, sich völlig neu zu orientieren.«
    »Da vertraue ich ganz auf meine Fähigkeiten, Herr Professor.«
    »O ja, Ihre enormen Fähigkeiten sind bekannt.« Er strich sich süffisant über den Spitzbart. »Ich habe bereits mit dem Dekan gesprochen. So, wie es aussieht, werde ich Kaisers Bereich verwalten, bis die Nachfolge geregelt ist. Das heißt, in nächster Zukunft werden wir sehr eng zusammenarbeiten.«
    »Ich freue mich darauf, Herr Professor.«
    »Ich auch«, grinste der Grauhaarige.
    »Wer war das?«, fragte ich, als wir ein Stück entfernt waren.
    »Professor Varnholt«, sagte Kohlmann mit einem Seufzer. »Eine der Ursachen für meine Kopfschmerzen. Er und Kaiser waren Intimfeinde.«
    »Warum?«
    »Sind Gründe nötig, wenn zwei Egomanen aufeinander treffen? Sie haben sich alles missgönnt, was möglich war: Veröffentlichungen, Ruhm, Anerkennung, Etats, Assistentenstellen. Varnholt lästerte ständig über Kaisers Forschungen.«
    »Die Geheimsprachen«, warf ich ein.
    »Hat Weichert Ihnen davon erzählt? Varnholt meinte, das sei Orchideenforschung. Und er meinte es nicht nur, er sagte es auch bei jeder Gelegenheit. Mit der Folge, dass Kaiser ihn verklagt hat, wegen Beleidigung und übler Nachrede. Varnholt rächte sich mit Gegenklagen. Der Dekan war zeitweilig der Verzweiflung nahe, am liebsten hätte er beide in die Wüste geschickt. Aber Lehrstuhlinhaber müssen schon mehr als einen silbernen Löffel klauen, bevor Konsequenzen gezogen werden. Solange Kaiser gelebt hat, war mir das egal, ich konnte mich hinter seinem Rücken verstecken. Aber jetzt wird Varnholt seinen Hass an Weichert und mir auslassen.« Sie seufzte erneut. »Zum Glück bin ich bald weg.«
    »Sie wollen Münster verlassen?«
    »Ja, ich habe eine C2-Stelle in Leipzig in Aussicht.« Mit hörbarem Stolz fügte sie hinzu: »Ich bin habilitiert, auch wenn das heutzutage und vor allem in den Geisteswissenschaften nicht allzu viel bedeutet.« Sie lächelte. »In Münster gibt es schon eine Selbsthilfegruppe arbeitsloser Privatdozenten.« Sie schüttelte den Kopf. »Nur um den armen Sven tut's mir Leid. Er wird bei Varnholt unter die Räder kommen.«
    Wir verließen das Gebäude. Drinnen war es angenehm kühl gewesen, draußen brannte die Sonne vom Himmel. In wenigen Stunden würde die Hitze wieder ihre Backofenqualität der Vortage erreichen.
    Kohlmann blieb stehen. »Heute ist Markt. Sollen wir zum Kaffeestand gehen?«
    »Meinetwegen.« Ein klimatisiertes Café wäre mir lieber gewesen.
    Wir schlenderten um die Petrikirche herum. Auf der linken Seite, hinter der Steinskulptur von Ulrich Rückriem, lagen Studenten auf der Wiese und dachten über ihre Klausuren nach – oder auch nicht.
    Kohlmann hatte ihre Eile abgelegt. Sie hielt ihr Gesicht in die Sonne und schien die intensive UV-Strahlung zu genießen. »Wie hat Ihnen Weicherts Freakshow gefallen?«
    »Er ist ein wenig gewöhnungsbedürftig.«
    »Ja.« Sie lachte. »Die erste Begegnung kann leicht zum Kulturschock werden. Er hat mehr Ticks als eine Uhr. Man sollte ihn jedoch nicht unterschätzen. Sven ist ein ungeheuer intelligenter und sehr belesener Mensch. Seine Ticks verschwinden völlig, wenn er arbeitet oder Musik macht. Er kann hervorragend Saxofon spielen. An schlimmen Tagen, so wie heute, ist er allerdings eine Plage.«
    Wir stiegen die Treppen des Jesuitengangs hinauf, überquerten die Straße zwischen Landesmuseum und Domplatz und stürzten uns in das Getümmel der Marktkäufer.
    Kohlmann blieb vor einem Blumenstand stehen. »Ich finde den Markt wunderbar. Wann immer ich kann, kaufe ich hier ein.«
    Ich kaufte lieber im Supermarkt, da musste man sich wenigstens nur einmal, nämlich an der Kasse, anstellen.
    »Beschäftigen Sie sich auch mit Geheimsprachen?«, lenkte ich das Gespräch zu einem Thema, das mich mehr interessierte.
    »Natürlich.« Sie vergaß die Blumen. »Wer bei Kaiser etwas werden wollte, musste sich in seinem Forschungsgebiet engagieren. Und ich bin ganz und gar nicht Varnholts Meinung. Geheimsprachen sind ein weitgehend unentdeckter Schatz, viele von ihnen drohen in Vergessenheit zu geraten oder sind bereits verloren. Unser Institut in Münster leistet zusammen mit wenigen anderen Forschungseinrichtungen auf der Welt spracharchäologische Arbeit.«
    »Gibt es denn so viele Geheimsprachen?«
    »Es

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