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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Zeugenvernehmung.«
    »Bitte! Ich möchte nicht, dass meinetwegen Streit entsteht«, sagte Marie. »Stellen Sie Ihre Fragen! Deshalb bin ich ja hier.«
    Ihre Fassung war bewundernswert.
    »Wo waren Sie gestern um siebzehn Uhr?«
    »Als Günter erschossen wurde?«
    Stürzenbecher antwortete nicht.
    »Da war ich zu Hause, bei meinen Kindern.«
    »Hat Sie jemand gesehen?«
    »Ja sicher, meine Kinder.«
    Stürzenbecher seufzte. »Ihre Kinder sind fünf und drei Jahre alt.«
    »Alt genug, Ihnen zu bestätigen, dass ich nicht weggegangen bin.«
    »Daran zweifle ich nicht. Haben Sie vielleicht einen Anruf erhalten oder selbst jemanden angerufen?«
    »Nein, es war ein ... fast hätte ich gesagt: ruhiger Nachmittag.«
    Stürzenbecher hackte nicht weiter auf dem porösen Alibi herum. Und bald wurde klar, dass er keine unbekannten Pfeile im Köcher hatte.
    In der nächsten Stunde loteten die beiden Polizisten die gesellschaftlichen Kontakte der Familie aus, fragten nach den Arbeitsbeziehungen von Professor Kaiser und den Streitereien im Fachbereich, über die ich inzwischen besser informiert war als Marie. Dann war die Vernehmung beendet.
    »Das war's dann wohl«, sagte Marie, als wir wieder auf der Straße standen.
    »Da wäre ich nicht so sicher«, bemerkte ich.
    »Ich hatte mir die Vernehmung schlimmer vorgestellt, Sie haben mir vorher richtig Angst gemacht. Dabei ist dieser Hauptkommissar Stürzenbecher doch eigentlich ein ganz netter Mensch.«
    »Sicher. Aber er denkt wie ein Polizist.«
    »Ich glaube, Sie sehen Gespenster.«
    »Wie Sie meinen.« Ich war müde und hungrig und von der Sonne hatte ich auch genug. »Ich will mich nicht aufdrängen. Wenn Sie ohne uns klarkommen, ist das in Ordnung. Ich schicke Ihnen eine Rechnung und die Sache ist erledigt.«
    »Nein, ich ... Ich weiß nicht. Ich muss darüber nachdenken. Es ist seit gestern so viel auf mich eingestürzt.«
    »Rufen Sie mich an, wenn Sie klarer sehen«, schlug ich vor.
    »Meine Karte haben Sie ja«, sagte Franka.
    Marie lächelte. »Ich will nicht undankbar erscheinen. Sie waren wirklich eine große Hilfe.«
    Wir sahen zu, wie sie zu ihrem Minivan ging.
    »Und trotzdem ist an ihrer Geschichte etwas faul«, meinte Franka.
    Ich gähnte. »Vielleicht sehen wir beide Gespenster.«
    So verbrachte ich einen ruhigen, schattigen Nachmittag. Irgendwann raffte ich mich auf, um im Supermarkt einzukaufen, und belohnte mich anschließend mit einem Eiskaffee in der Eisdiele an der Kreuzkirche. Später wärmte ich eine Tiefkühlpizza auf und überlegte, ob ich den Abend vor dem Fernseher oder mit einem Buch verbringen sollte. Ich entschied mich für das kulturell höherwertige Programm und setzte mich mit einem Roman und einer Zigarre auf den Balkon.
    Marie rief nicht an – bis gegen einundzwanzig Uhr.
    »Herr Wilsberg«, flüsterte sie, »ich glaube, es ist jemand im Keller. Ich habe die Kinder zu meiner Mutter gebracht und bin gerade erst zurückgekommen.«
    »Verlassen Sie sofort das Haus!«, sagte ich. »Ich rufe die Polizei an.«
    »Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein und es ist ein Kellerfenster, das im Wind klappert. Können Sie nicht kommen und nachsehen?«
    Ich überlegte kurz. »Gut, ich komme. Verlassen Sie trotzdem das Haus! Setzen Sie sich in Ihren Wagen! Ich bin in einer Viertelstunde da.«
    Das Abendgewitter, das sich gestern verzogen hatte, kündigte sich erneut mit heftigen Windböen an. Die These vom klappernden Kellerfenster war also nicht ganz unrealistisch.
    Auf den abendlich leeren Straßen brauchte ich nur zehn Minuten bis Gievenbeck. Ich parkte hinter dem Minivan, holte einen längeren Schraubenschlüssel aus dem Kofferraum und ging zur Fahrerseite des Autos von Marie Kaiser.
    Sie ließ das Seitenfenster herunter. »Vielen Dank, dass Sie sich so viel Mühe machen. Ich hoffe, es ist blinder Alarm. Bestimmt spielen mir nur meine Nerven einen Streich.«
    Ich nickte. »Haben Sie seit unserem Telefongespräch etwas bemerkt?«
    »Nein.« Sie reichte mir den Hausschlüssel. »Die Kellertür ist nicht verschlossen.«
    »Rufen Sie mich in fünf Minuten auf meinem Handy an!« Ich gab ihr die Nummer. »Falls ich mich nicht melde, verständigen Sie sofort die Polizei!«
    Sie versprach es.
    Ich schloss die Haustür auf. Vom Flur aus führte eine Treppe nach unten, zur Kellertür. Durch das Schlüsselloch sah ich, dass im Untergeschoss Licht brannte, und als ich ein Ohr gegen die Tür presste, hörte ich Geräusche, die wenig mit einem klappernden

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