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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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»Zumindest ein Teil davon.«
    Die Bonbons lösten sich zu einem gelblichen Brei auf.
    »Kaufst du eigentlich fair gehandelte Produkte?«, fragte Sarah.
    »Wieso das denn?«, fragte ich irritiert zurück.
    »Unsere Lehrerin hat gesagt, dass die Bauern in den Entwicklungsländern von den großen Konzernen ausgebeutet werden. Und dass man in Läden kaufen soll, die Lebensmittel direkt von den Erzeugern beziehen, wie La tienda oder Weltwinkel .«
    »Schon möglich«, wich ich aus. »Aber der Supermarkt liegt näher. Außerdem glaube ich nicht, dass es fair gehandelte Enten gibt.«
    Ich fischte die Entenbruststücke aus der Kasserolle, filterte die Karotten und die Zwiebeln aus dem Entenfond, schüttete den Pfanneninhalt in die Brühe, ließ das Ganze noch einmal aufkochen, gab schließlich unter stetem Rühren einen Esslöffel Speisestärke hinzu, bis das Ergebnis so aussah und roch, wie ich es mir vorgestellt hatte.
    »Riecht gut«, stellte auch Sarah fest. Sie wirkte locker und tat so, als sei überhaupt nichts vorgefallen.
    Ich bat sie, mir beim Tischdecken zu helfen. Dann legte ich die Entenbruststücke zurück in die Soße, pulte die Klöße aus ihren Säckchen und schmeckte den Salat mit Olivenöl und Balsamico-Essig ab.
    Während des Essens redeten wir über belanglose Dinge. Ich war schon immer der Meinung, dass man ein vorzügliches Gericht nicht durch konfliktträchtige Gesprächsthemen ruinieren sollte. Und in diesem Fall hatte ich mich beinahe selbst übertroffen.
    »Das solltest du öfter machen«, erklärte Sarah.
    »Wenn ich Zeit und Geld habe, mache ich alles für dich. Eis zum Nachtisch?«
    »Klar.«
    Nachdem sie eine doppelte und ich eine einfache Portion Eis vertilgt hatte, forderte ich den Tribut für meine Mühe: »Also, du hast mir etwas versprochen.«
    »Was denn?«, antwortete sie kokett.
    »Du wolltest mir sagen, warum du nach der Schule nicht nach Hause gegangen, sondern mit dem Bus nach Münster gefahren bist.«
    Sarah stöhnte. »Es gab keinen besonderen Grund.«
    »Du hast dir das spontan überlegt?«
    »Ja.«
    »Das glaube ich dir nicht, Sarah.«
    Sie schnitt eine Grimasse. »Das ist dein Problem.«
    »Liegt es an Carl?«
    »Carl?« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Was soll mit dem sein?«
    »Nervt er dich? Kommt er dir manchmal zu nahe? Will er etwas von dir?«
    »Carl ist ganz nett. Meistens ist er ja im Büro oder arbeitet im Garten oder sitzt vor dem Fernseher und guckt Fußball.«
    Zu einem Drittel konnte ich Carl durchaus verstehen.
    »Und was machst du?«
    »Jedenfalls nicht Fußball gucken. Ich habe ja meinen eigenen Fernseher.«
    »Aha. Ihr redet also nicht miteinander?«
    »Doch. Sonntags, wenn wir irgendwohin fahren, da ist er ziemlich gesprächig. Er erzählt immer lustige Geschichten.«
    »Und was ist mit Imke? Hast du Krach mit ihr?«
    »Papa! Spielst du jetzt den Psychologen?«
    Ich verlor die Fassung: »Nein. Ich versuche nur zu begreifen, was in deinem Kopf vorgeht.«
    »Es war ein Fehler, okay?«, bremste sie mich aus. »Ich werde mich morgen bei Mama entschuldigen. Was willst du denn noch?«
    Eine alte Kriminalistenweisheit besagt, dass Männer im Verhör viel leichter zu knacken sind als Frauen. Mir war allerdings neu, dass das auch schon für zehnjährige Mädchen galt.
    Sarah setzte ein Lächeln auf, mit dem sie in spätestens zehn Jahren jeden Mann ins Bett kriegen würde. »Heute Abend kommt ein witziger Film im Fernsehen. Guckst du den zusammen mit mir?«
    Wir schauten uns gemeinsam eine amerikanische Teenie-Komödie an, in der zum x-ten Mal das Aschenputtel-Motiv variiert wurde und eine individuell gekleidete, brilletragende Schülerin sich in eine gelackte, ausdruckslose Ballkönigin verwandelte. Witzig war eigentlich nur, dass einer der fiesen Jungs seine Schamhaare, die er dem guten Jungen auf die Pizza gelegt hatte, selbst essen musste. Allerdings fand Sarah gerade diese Szene ziemlich eklig.
    Nach dem Film brachte ich Sarah ins Bett. Zurück im Wohnzimmer, schaltete ich zu den Berichten über die Fußball-WM um und bekam endlich mit, wie sich Ballack & Co mit viel Glück gegen die Amerikaner ins Halbfinale gemogelt hatten. Dass Deutschland gewonnen hatte, war mir zwar schon aufgrund des mickrigen Autokorsos klar gewesen, der in Lüdinghausen meinen Weg gekreuzt hatte, aber da war es mir noch vollkommen gleichgültig gewesen.
    Das Telefon klingelte. Ich dachte kurz an Marie und ihre nächtlichen Anrufe. Aber es war eine mechanische Stimme, die sagte: »Sie

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