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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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Familienverhältnissen ein Mädchen nichts anderes tun konnte, als davonzulaufen.
    Imke erbot sich, Kaffee zu kochen, und ich folgte ihr in die Küche. Ich wusste, dass es mich wahnsinnig machen würde, einfach herumzusitzen und abzuwarten.
    »Sag mal!«, begann ich. »Wer ist zurzeit die beste Freundin von Sarah? Ist das immer noch Annika?«
    »Warum?«
    »Ich will mit ihr reden.«
    »Ich habe sie gefragt, Georg. Sie weiß nichts.«
    »Das hat sie dir am Telefon gesagt und ihre Mutter stand daneben. Ich möchte ihr in die Augen sehen. Vielleicht weiß sie doch etwas, traut sich aber nicht, es zu erzählen, weil sie fürchtet, dass man ihr Vorwürfe macht.«
    »Du willst also Detektiv spielen?«
    »Ich bin Detektiv, Imke. Im Gegensatz zu dem grandiosen Oberkommissar Roggenkemper.«
    Imke seufzte. »Ja, Annika ist immer noch Sarahs beste Freundin.« Sie nannte mir die Adresse.
    Annikas Mutter war selbst in Sorge, dass ein Unglück geschehen sein könnte, und verhielt sich sehr kooperativ. Im Gegensatz zu Annika, die herumnörgelte und erst von ihrer Mutter überredet werden musste, sich mit mir an einen Tisch zu setzen.
    Ich bemühte mich, meine Nervosität nicht zu zeigen. »Annika, du verstehst doch, dass wir uns Gedanken darüber machen, wo Sarah sein könnte?«
    »Ja.« Annika schaute auf den Tisch.
    »Hast du eine Idee?«
    »Nein.«
    »Hat sie dir irgendetwas gesagt?«
    »Nein.«
    »Hast du gesehen, ob sie von jemandem angesprochen wurde?«
    »Nein.«
    Die automatische Zeitansage war gesprächiger.
    »Okay«, sagte ich freundlich. »Ich bin Sarahs Vater und nicht die Polizei. Was wir hier besprechen, geht niemanden etwas an. Ich verspreche dir, dass weder ich noch ein anderer dir einen Vorwurf machen wird.«
    »Ich weiß nichts«, sagte Annika trotzig. Sie begann, an ihrem Haarring zu fummeln, der die lange blonde Mähne bündelte.
    So schnell gab ich nicht auf. »Manchmal fällt einem etwas ein, wenn man sich die Situation noch einmal vorstellt. Fangen wir mit dem Schulende an! Habt ihr gemeinsam die Schule verlassen?«
    »Ja.«
    »Und was macht ihr dann normalerweise?«
    »Wir gehen ein Stück zusammen.«
    »Habt ihr das heute auch gemacht?«
    »Ja.«
    »Und dann?«
    »An der großen Kreuzung geht Sarah geradeaus und ich nach rechts«, antwortete Annika genervt.
    »Sie meint die Adenauerstraße, Ecke Mühlenstraße«, half Annikas Mutter.
    »Und heute ist sie auch geradeaus gegangen?«, fragte ich.
    Annikas Augenlider flackerten, sie schaute zur Zimmerdecke. »Ja.«
    »Annika«, sagte ich, »bist du ganz sicher, dass sie geradeaus gegangen ist?«
    »Ich weiß nicht. Ich hab nicht hingeguckt.«
    »Es könnte also sein, dass sie heute einen anderen Weg genommen hat?«
    »Vielleicht.«
    »Welchen denn, zum Beispiel?«
    Annika drehte sich zu ihrer Mutter: »Mama, wie lange dauert das denn noch?«
    »Wenn du etwas weißt, musst du es sagen!«, befahl ihre Mutter.
    »Aber ich habe Sarah doch versprochen, nichts zu sagen.«
    Ich sog scharf die Luft ein und mahnte mich zur Ruhe. »Was hast du ihr versprochen?«
    »Nichts zu sagen.« Annika kämpfte mit den Tränen. »Sarah ist meine beste Freundin.«
    »Ja, das verstehe ich. Aber Sarah ist vielleicht gerade in diesem Moment in einer Lage, in der es ihr lieber wäre, wenn wir wüssten, wo sie ist.«
    »Mama!«, quengelte Annika.
    »Wohin ist Sarah gegangen?«, unterstützte mich die Mutter.
    »Zur Bushaltestelle.«
    »Und was wollte sie da?«
    »Nach Münster fahren. Aber ich darf nichts sagen, hat sie gesagt.«
    »Hat sie erzählt, was sie in Münster machen will?«, fragte ich.
    »Nein. Das weiß ich nicht. Ehrlich.«
    »Wieso läuft sie einfach davon, ohne ein Wort zu sagen?« Imke stellte die Frage mehr sich selbst als Carl oder mir. Wir drei waren allein in dem kleinen Reihenhaus, Oberkommissar Roggenkemper hatte sich mit seinem Kollegen der Suchaktion angeschlossen. Eigentlich hätten wir ihn informieren müssen, aber ich hatte keinerlei Verlangen, ihn so schnell wieder zu sehen.
    »Immerhin ist es eine positive Nachricht«, sagte ich. »Die Tatsache, dass sie allein und freiwillig weggefahren ist, erhöht die Chance, dass die Sache glücklich ausgeht, um ein Vielfaches.«
    Imke schaute mich an. Bislang hatten wir kein Wort darüber verloren, dass es diese andere, schreckliche Alternative gab.
    »Vielleicht ist sie zu dir gefahren«, sagte Imke. »Sie hat doch einen Schlüssel, oder?«
    Ich wählte auf meinem Handy die Nummer meiner Wohnung. Nach dem fünften

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