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Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor

Titel: Wilsberg 14 - Wilsberg und der tote Professor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juergen Kehrer
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ich.
    Varnholts Augenlider klapperten. »Schon möglich. Es liegt nicht an mir, das zu entscheiden. Und der Staat hat ja, wenn ich richtig informiert bin, den meisten Gnade erwiesen und ihnen den Einstieg in den studierten Beruf dann doch noch ermöglicht.«
    »Das kam für viele zu spät, nach Jahren ohne Berufspraxis.«
    »Was wollen Sie von mir, Herr ...«
    »Wilsberg.«
    »Wollen Sie mich erpressen? Da muss ich Ihnen gleich sagen, dass ich auf dem Ohr taub bin.«
    »Weshalb sind Sie dann hier? Das hätten Sie mir auch am Telefon sagen können.«
    »Weil ich ...«, Varnholt griff sich an den Hemdkragen, als bekäme er nicht genug Luft, »... mit Ihnen von Angesicht zu Angesicht reden wollte. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.«
    »Hat Kaiser Sie erpresst?«, fragte ich unvermittelt.
    »Was?«, schnappte er. »Was hat Kaiser damit zu tun?«
    »Tun Sie doch nicht so unschuldig!«, schnauzte ich ihn an. »Die Unterlagen über Ihre V-Mann-Tätigkeit, von denen ich sprach, hat Kaiser gesammelt. Es liegt doch auf der Hand, was er damit vorhatte: Er wollte Sie bloßstellen.«
    Auf Varnholts Oberlippe bildete sich eine Pfütze. »Das ... das habe ich nicht gewusst.«
    »Merkwürdig nur, dass in Kaisers Haus eingebrochen wurde, nach seinem Tod. Und dass der Einbrecher in Kaisers Arbeitszimmer genau diese Unterlagen gesucht hat.«
    »Wollen Sie behaupten, dass ich ...«
    »Nicht Sie persönlich«, fuhr ich ihm in die Parade. »Sie werden jemanden dafür bezahlt haben, dass er Ihnen das belastende Material beschafft.«
    »Das ist ja unerhört«, behauptete der Professor. »Ich bin doch kein ...«
    »Mörder?«, schlug ich vor.
    »Wie?« Er schien einer Herzattacke nahe. »Was sagen Sie da?«
    »Dass Sie und Kaiser verfeindet waren, ist ein offenes Geheimnis.«
    Varnholt zog ein Stofftaschentuch aus der Hosentasche und trocknete sein Gesicht. »Wieso rede ich überhaupt noch mit Ihnen?«, nuschelte er an dem Taschentuch vorbei. »Ich sollte zur Polizei gehen.«
    »Tun Sie sich keinen Zwang an!« Ich deutete auf das Telefon, das auf dem Schreibtisch stand. »Rufen Sie die Polizei an! Am besten die Mordkommission.«
    Er starrte auf das Telefon, als wäre es ein giftiges Insekt.
    »Nun?«, fragte ich höhnisch. »Was ist?«
    Als er sich vorbeugte, sah er aus wie ein alter Mann. »Dass ich mich mit Kaiser häufig gestritten habe, stelle ich ja gar nicht in Abrede. Aber es handelte sich um akademische Auseinandersetzungen. Ich war nicht damit einverstanden, dass er einen großen Teil des Etats und der personellen Ressourcen für seine persönlichen Interessen verwandte.«
    »Die Geheimsprachen«, warf ich ein.
    »Ja. Sehen Sie, wir sind ein kleines Institut. Wir haben vielfältige Aufgaben. Deshalb können wir uns nicht einseitig auf ein ganz spezielles Thema fokussieren. Das ist ...«
    »Orchideenforschung«, ergänzte ich. »Was Sie so lange öffentlich erklärt haben, bis Kaiser Sie angezeigt hat, worauf Sie mit Gegenklagen geantwortet haben.«
    »Wir haben mit harten Bandagen gekämpft«, gab Varnholt zu. »Kaiser war einfach rücksichtslos, wenn es um die Vertretung seiner Interessen ging. Fragen Sie doch Frau Dr. Kohlmann! Alles, was nur irgendwie möglich war, hat Kaiser auf sie abgewälzt. Denn er hatte ja meistens Wichtigeres zu tun. Was das war, muss ich ja wohl nicht sagen. Ein Wunder, dass sie es trotzdem geschafft hat, ihre Habilitation voranzutreiben. Zumal sein anderer Assistent, dieser Weichert, ein Totalausfall ist. Ein kranker Mann, menschlich sicherlich anrührend, aber im Hochschulbetrieb einfach fehl am Platz.«
    Mir taten die Studenten Leid, die die Wahl zwischen Kaiser und Varnholt gehabt hatten. Es war wirklich schwer zu entscheiden, wer von beiden der Widerlichere gewesen war.
    Varnholt zuckte zusammen, als er meinen Gesichtsausdruck sah. Ich gab mir auch keine große Mühe, meine Abneigung zu verbergen.
    »Gut«, räumte er ein, »vielleicht hätte ich das eine oder andere in der Vergangenheit nicht so deutlich sagen sollen. Aber das, was Sie mir unterstellen ...«
    »Sie haben ein Mordmotiv«, erinnerte ich ihn. »Wo waren Sie eigentlich, als Kaiser erschossen wurde?«
    »Ich ... Lassen Sie mich überlegen! Ja, ich hatte ebenfalls Sprechstunde. Als ich die Schreie auf dem Flur hörte, war ein Student in meinem Zimmer.«
    »Wie heißt der Student?«
    »Das weiß ich nicht aus dem Kopf. Da müssen Sie meine Sekretärin fragen.«
    »Vielleicht werde ich das sogar.« Ich stand auf. »Oder die

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